Anglo American – Nach Kurseinbruch wieder glänzende Aussichten

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Der britisch-südafrikanische Rohstoffkonzern Anglo American hat in den letzten Monaten einige Tiefschläge hinnehmen müssen. Die Aktie hat mit einem Kurseinbruch reagiert. Aber nun spricht viel dafür, dass die Zeiten wieder besser werden und ein neuer Aufschwung einsetzt.

Rückgang der Rohstoffpreise hat  Kurse belastet

Die großen Rohstoffkonzerne, zu denen neben Anglo American vor allem Rio Tinto, BHP,  Glencore und Vale zählen, leiden seit ziemlich genau einem Jahr  unter stark rückläufigen Notierungen ihrer Commodities. Dabei wird aber oft übersehen, dass die Preise für Kupfer, Eisenerz, Aluminium und andere Metalle zuvor raketenartig in die Höhe geschossen waren und auch nach dem deutlich Rückgang weit über den Tiefständen von 2020 notieren.

Der Index der Londoner Metallbörse LME, der die sechs wichtigsten Industriemetalle umfasst, hat zwar seit März 2022 von rund 5.500 Punkten auf aktuell 3.825 Punkte korrigiert, aber im Tief vor genau drei Jahren stand er mit knapp 2.200 Zählern sehr viel niedriger. Bei den aktuellen Rohstoffpreisen verdienen die Konzerne deshalb immer noch ordentlich, aber eben nicht mehr so außerordentlich gut wie in den Ausnahmejahren von Mitte 2020 bis Mitte 2022.

Für Rohstoffaktien spricht zudem, dass die weltweite Bankenkrise neue Kursphantasien für  Commodities entfacht hat. Sie entzünden sich vor allem daran, dass Rohstoffe substanzstark, solide und werthaltig  sind – in unsicheren Zeiten ein unschätzbarer Vorzug. Unter den großen Rohstoffkonzernen ragt dabei Anglo American aus einem ganz besonderen Grund heraus. Das Unternehmen mit Hauptsitz in London verfügt über eine besonders breite Produktpalette – und ist in zwei Bereichen einsame Weltspitze, die von den  Konkurrenten gar nicht oder deutlich weniger abgedeckt werden:  Platin und Diamanten.

Weltgrößter Platin-Produzent

Bei Platin beherrscht Anglo American Platinum, die vorwiegend in Südafrika tätige Tochter, den Weltmarkt mit einem Anteil von nahezu 40% der Fördermengen.  Und der Platinpreis zieht seit dem vor einem Monat erreichten Jahrestief von rund 900 Dollar je Feinunze wieder kräftig an – auf aktuell rund 990 Dollar, also um 10%.

Im Geschäftsjahr 2022 hat Anglo Americans Platinum über 30% und damit vor Kokskohle und Kupfer am meisten zum operativen Gewinn  (EBITDA) der Mutter beigetragen. Höhere Platin-Preise wirken sich aufgrund des großen Gewichts des Sektors  stark auf die Gewinnentwicklung des Gesamtkonzerns aus.

Exkurs – Hohe Inflation beflügelt Nachfrage nach Sachwerten

Die restriktive Zinspolitik der weltweit wichtigsten Notenbanken zeigt erste positive Ergebnisse. Doch nach wie vor ist die Geldentwertungsrate historisch hoch. Mag sein, dass die Währungshüter allerdings eine Verschnaufpause einlegen müssen.

Grund ist die – wenn man sie denn so nennen darf – aktuelle „Bankenkrise“. Diese startete bekanntlich mit den Problemen der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB), doch auch andere Geldhäuser sind – wie es scheint: massivst – betroffen. Etwa die schweizerische Credit Suisse, die offenbar nur noch dank der Übernahme durch die UBS gerettet werden konnte. Systemrelevanz nennt sich das, und die großen Zentralbanken stehen Gewehr bei Fuß, um einen Flächenbrand zu vermeiden.

Genau deshalb dürften die Leitzinsen bis auf Weiteres nicht mehr im gleichen Tempo heraufgesetzt werden wie in den vergangenen Monaten. Schlechte Nachrichten also für Investoren, die gehofft hatten, den Notenbanken würde es zügig gelingen, die Inflation einzudämmen.

Edelmetalle und Edelsteine als sichere Häfen

Bereits seit geraumer Zeit sind Edelmetalle als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten gefragt. Besonders der Goldpreis kennt momentan scheinbar kein Halten mehr. Auf US-Dollarbasis kostet die Feinunze des gelben Metalls derzeit um die 2.000 US-Dollar, somit nur wenig unterhalb des historischen Höchstpreises. Auf Euro-Basis kostet die Feinunze dank des starken Greenbacks so viel wie nie zuvor. Insbesondere die Nachfrage, speziell aus dem europäischen Raum, nach physischem Gold in Form sogenannter Bullion Coins wie Krügerrand, Maple Leaf oder American Eagle ist stark gestiegen.

Zunehmend in den Mittelpunkt rücken Investments in Edelsteine. Dazu zählen auch und nicht zuletzt Rubine, Saphir, Smaragde und Tansanite. So beobachtet Chris Pampel vom Deutschen Edelstein Kontor schon seit geraumer Zeit „eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Edelsteinen“.

Was die Flucht in Sachwerte und Sicherheit mit Anglo-American zu tun hat? Ganz einfach! Das Unternehmen hält eine 85prozentige Beteiligung an De Beers …

Tochter De Beers beherrscht das globale Diamantengeschäft

Noch mächtiger als bei Platin ist Anglo American im Diamantengeschäft Denn das Unternehmen besitzt 85%  am weltweit führenden Diamantenkonzern, der südafrikanischen De Beers. Die anderen 15% hält der Staat Botswana. De Beers gilt seit Generationen als Inbegriff der Diamanten-Produktion und mehr noch des Diamanten-Handels.

Im Geschäftsjahr 2022 hat De Beers mit 1,42 Milliarden Dollar rund 10% zum operativen Ertrag (EBITDA) beigetragen und war – neben dem Mangan-Bereich – das einzige Segment im Anglo American-Konzern, das im Vergleich zu 2021 Ertragszuwächse verzeichnen konnte. Und das mit 29% Plus sehr deutlich. Der Umsatz belief sich 2022 auf rund 6,6 Milliarden Dollar. Die Produktion erreichte mit 34,6 Millionen Karat ein Wachstum von 7%.

De Beers ist zwar nicht mehr – wie über 100 Jahre lang – Quasi-Monopolist im Diamanten-Handel, aber immer noch der mit Abstand größte und einflussreichste Händler – sowohl bei rohen Diamanten als auch bei geschliffenen.

2022 waren die Preise stark geklettert, weil Russlands Diamanten-Konzern Alrosa –  neben der Beers der größte Player – unter Sanktionen litt und es deshalb zu einer Verknappung bei der Versorgung mit Diamanten kam. Inzwischen aber liefert Alrosa wieder fast so viele Edelsteine wie vor dem Krieg in der Ukraine, da das Unternehmen neue Vertriebswege aufgebaut hat, insbesondere über Indien.

Das hat ein den letzten Monaten zu einem leichten Preisrückgang bei Diamanten  geführt, der aber nach Ansicht von Experten nur temporär sein soll. De Beers dürfte damit weiterhin ein echter Diamant im Portfolio der Muttergesellschaft bleiben.

Aktie ist günstig bewertet

Die Aktie von Anglo American hat seit dem vor einem Jahr erreichten Zehnjahreshoch von 52 Euro massiv verloren und notiert mit rund 29 Euro nur noch gut halb so hoch. Das lag auch daran, dass der Konzern 2022 eine Wertberichtigung für seine Tochter Woodsmith in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar vornahm, die das Ergebnis erheblich belastet hat. Anglo American baut mit Woodsmith in Großbritannien ein riesiges Dünger-Geschäft neu auf, das aber nicht so schnell wie erwartet vorankommt. Mit der Wertberichtigung ist aber dieses Problem aus finanzieller Sicht erst einmal beseitigt – und Woodsmith verspricht in weiterer Zukunft erhebliche Gewinnzuwächse. Aber auch jetzt schon überzeugt Anglo American mit einer nach dem  Kurseinbruch sehr günstigen Bewertung: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für die nächsten 12 Monate beträgt laut CNBC rund 8,4, die Dividendenrendite 6,2%. In den vergangenen Wochen haben mit JPMorgan und Jefferies zwei US-Banken ihre Kaufempfehlung für Anglo American bestätigt.