„Moralwashing“: Dieser deutsche Konzern gerät in die Kritik!

Inhaltsverzeichnis

Der Begriff „Greenwashing“ ist längst in der Öffentlichkeit etabliert. Doch jetzt gerät ein neues Buzzword in den Mittelpunkt: „Moralwashing“. Sie werden es schon ahnen. Es geht hierbei um Russland, genauer gesagt um westliche Firmen und ihre Aktivitäten in dem Land infolge des Ukraine-Kriegs.

Schauen Sie: Viele Konzerne haben wegen der militärischen Aggression des Kremls angekündigt, ihre Engagements in Russland stark zurückzufahren oder gar komplett einzustellen. Doch offenbar nehmen es einige Unternehmen damit nicht ganz so genau. Und hier kommt „Moralwashing“ ins Spiel. Der Begriff bezieht sich nämlich auf den Vorwurf gegenüber Firmen, die nach außen hin den Rückzug aus Russland postulieren, tatsächlich dem Land aber weiterhin die Stange halten.

Russland-Rückzug: MRA veröffentlicht Firmenliste

Nun hat die Londoner „Moral Rating Agency“ (MRA) hierzu eine Liste veröffentlicht. Hintergrund: Das Institut hat sich erst nach der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 gegründet und dient ausschließlich dem Zweck, international tätige Firmen und ihre Aktivitäten in Russland zu untersuchen.

Die MRA jedenfalls hat kürzlich 12 sogenannte „Übeltäter“ ausfindig gemacht, die beim Rückzug aus Russland offenbar mehr auf Schein als auf Sein setzen. Eine dieser Firmen ist der deutsche Versicherungskonzern Allianz.

Allianz: Ein Rückzug, der keiner ist?

Die Münchner hatten schon im März mitgeteilt, dass man den Abschluss neuer Versicherungen in Russland gestoppt habe und dass man das bestehende Engagement „maßgeblich in geordneter Weise“ zurückfahren werde. Auch investiere man nicht mehr in russische Finanzanlagen, so die Allianz. Im Mai legte dann Finanzvorstand Giulio Terzariol nach und betonte, dass ein kompletter Rückzug aus Russland hochwahrscheinlich sei.

Auf den ersten Blick möge es so aussehen, dass die Allianz ihr Engagement in Russland von 100 auf 49,9 Prozent reduziert habe, schreibt die MRA nun. „Allein das würde uns nicht zufriedenstellen, da sich ein Unternehmen aus Russland unbedingt zurückziehen sollte“, meint das Analyseinstitut.

Die Realität sei aber noch schlimmer. Die Allianz habe ihr Engagement in Russland überhaupt nicht reduziert, denn sie bekomme nun ein kleineres Stück von einem noch größeren Kuchen. Es sei ein sehr seltener Fall, dass eine Firma Anteile verkaufe, zur gleichen Zeit aber indirekt Teileigentum an einem anderen Geschäft erwerbe, so die Experten weiter.

Allianz beteiligt sich an russischem Konkurrenten Zetta

Die MRA bezieht sich damit auf einen Deal mit der Interholding, dem Mutterkonzern des russischen Konkurrenten Zetta Insurance. Die Münchner hatten im Juni die Mehrheit ihres Russlandgeschäfts an Interholding verkauft. Das Problem: Interholding hat in der Folge ein Unternehmen gegründet, in dem der Versicherer Zetta integriert ist. Und eben an dieser kombinierten Firma hält die Allianz nun 49,9 Prozent.

Das heißt: Die Allianz hat zwar einen Teil ihres russischen Versicherungsgeschäfts verkauft, hält jetzt aber indirekt einen Anteil am russischen Konkurrenten Zetta.  Dieser bietet in Russland Schaden- und Unfallversicherungen für mehr als eine Million Kunden. Der deutsche Konzern gebe mit einer Hand und nehme mit der anderen wieder, kritisieren die Analysten der MRA.

Mehr Schein als Sein?

Der Versicherungsgigant hatte bereits im Juni auf diese Transaktion hingewiesen. Dabei betonte man, dass man die Kontinuität für Kunden und Mitarbeiter gewährleisten wolle. Zudem werde die Marke „Allianz“ bei dem kombinierten Unternehmen mit Interpol bzw. Zetta keine Rolle spielen.

Eben hier werfen die Londoner Analysten dem Konzern „Moralwashing“ vor. Nach außen hin ziehe sich die Allianz damit aus Russland zurück. Tatsächlich aber profitierten die Münchner von ihrer Beteiligung an Zetta.

Übrigens: Die Allianz ist das einzige deutsche Unternehmen, das in Sachen Russland-Rückzug und „Moralwashing“ laut MRA zu den 12 „größten Übeltätern“ zählt. Mit von der Partie sind vor allem US-Konzerne wie PepsiCo,  Goldman Sachs, Johnson & Johnson, Chevron, Procter & Gamble sowie Dell.

Mein Fazit für Sie

Die Allianz hat bis dato noch nicht offiziell auf die Vorwürfe der Moral Rating Agency reagiert (Stand: 10.10.2022, 17:30 Uhr). Die Kritik jedenfalls ist harter Tobak und kratzt am Saubermann-Image des Münchner Konzerns. Institutionelle Investoren könnten nun Druck auf das Management ausüben, damit die Allianz ihr Engagement in Russland doch noch einmal überdenkt.

Das wiederum würde im schlimmsten Falle mit noch höheren Abschreibungen einhergehen, die die Bilanz des Versicherungskonzerns zusätzlich belasten würden. Es bleibt also spannend.