1. Halbjahr: So heftig ging es für deutsche Aktien abwärts!

Inhaltsverzeichnis

Nie zuvor war der NASDAQ in einem ersten Halbjahr so stark eingebrochen wie zuletzt. Ganze 30 Prozent verlor der technologielastige US-Index zwischen Anfang Januar und Ende Juni. Doch wer nun meint, die großen Technologiekonzerne der USA wären jetzt abgeschrieben, der könnte falscher kaum liegen.Eine neue Studie der Beratungsgesellschaft EY zeigt nämlich, dass Big Tech an der Börse trotz der Kurseinbrüche immer noch an vorderster Front mitspielt. Demnach kamen Ende Juni 5 der 10 wertvollsten Firmen der Welt aus der US-Tech-Branche.

Saudi Aramco wertvollster Börsenkonzern der Welt

Lediglich ganz vorne an der Spitze gab es eine Wachablösung. So war laut EY zum Ende des ersten Halbjahres nicht mehr Apple das höchstbewertete Unternehmen, sondern ein Ölgigant aus Saudi-Arabien. Namentlich: Saudi Aramco. Der Mega-Konzern profitierte zuletzt massiv von den steigenden Ölpreisen und erzielte im ersten Quartal einen Nettogewinn von unglaublichen knapp 40 Milliarden Dollar.

Aber schauen Sie sich einfach die von EY veröffentlichte Top 10 an (Marktkapitalisierung am 30.06.2022):

  1. Saudi Aramco: 2,27 Billionen Dollar (Platzierung aus 2021: #4)
  2. Apple: 2,21 Bill. Dollar (#1)
  3. Microsoft: 1.92 Bill. Dollar (#4)
  4. Alphabet: 1,43 Bill. Dollar (#3)
  5. Amazon: 1,08 Bill. Dollar (#5)
  6. Tesla: 0,697 Bill. Dollar (#6)
  7. Berkshire Hathaway: 0,60 Bill. Dollar (#9)
  8. UnitedHealth: 0,48 Bill. Dollar (#12)
  9. Johnson & Johnson: 0,46 Bill. Dollar (#15)
  10.  Meta (ex Facebook): 0,45 Bill. Dollar. (#7)

Big Pharma, Konsumgüter und Big Oil als Krisenschutz

Interessant: Neben Saudi Aramco konnten sich in der Top 10 vor allem klassischen Pharma-Werte wie UnitedHealth (Krankenversicherungen) und Johnson & Johnson (Medikamente) behaupten. Das zeigt sich übrigens auch mit Blick auf die Top 50. Hier legten zum Beispiel Roche, Merck & Co. sowie Eli Lilly teils deutlich zu.

Der Pharmagigant Eli Lilly etwa verbesserte sich im ersten Halbjahr von Rang 43 auf Platz 25. Wie so oft in Krisenzeiten gilt Big Pharma bei vielen Aktionären als eine Art sicherer Hafen, auch weil deren Produkte für das Leben und Überleben der Menschheit schlicht immer gebraucht werden. Und nicht zuletzt zahlen diese Unternehmen in der Regel eine stabile Dividende, die viele Marktakteure als Inflationsausgleich nutzen.

Einen ähnlichen Effekt gab es bei den großen Konsumgüter-Playern. So verbesserte sich Coca-Cola laut EY von Rang 40 auf Platz 27. Bei PepsiCo ging es um 10 Plätze auf Rang 36 aufwärts und bei Procter & Gamble um 4 Plätze auf Rang 17.

Die größten Sprünge aber entfielen auf Big Oil. Neben Saudi Aramco legte etwa Chevron 25 Plätze auf Rang 27 zu, bei Exxon Mobil ging es um 22 Plätze auf Rang 16 aufwärts und bei Shell gar um 35 Platzierungen auf Rang 44.

Deutschland fällt aus Top 100 heraus

Für Deutschland hat die EY-Studie übrigens wenig Erbauliches zu bieten. In den Top 100 findet sich nämlich keine einzige Aktie aus Deutschland mehr. Zum Vergleich: Ende 2007 hatten es noch 7 deutsche Börsenfirmen in die Top 100 geschafft, Ende 2021 waren es mit SAP und Siemens immerhin noch 2.

Der wertvollste deutsche Konzern zum Ende des ersten Halbjahrs 2022 war SAP. Deutschlands Tech-Primus rutschte allerdings von Rang 80 auf Platz 113 ab. Dahinter folgt die Deutsche Telekom auf Rang 120. Immerhin: Der Bonner Konzern verbesserte sich um stattliche 58 Plätze. Auch die Telekommunikationsfirmen gelten in Krisenzeiten oftmals als Sicherungsanker. Hinzu kommt, dass die Deutsche Telekom derzeit massiv von der sehr erfolgreichen US-Tochter T-Mobile profitiert.

Empfindliche Rückschritte gab es hingeben bei Volkswagen (von #112 auf #148) und Siemens (von #94 auf #152). Beide Unternehmen sind stark konjunkturanfällig und deshalb aktuell an der Börse schwer unter Druck. Bei Siemens kommen noch die Querelen rund um den Windkraftbauer Siemens Gamesa hinzu, an dem man über Siemens Energy indirekt beteiligt ist.

Deutschlands Tech-Sektor längst abgehängt

Die Beratungsgesellschaft EY sieht in der neuen Studie jedenfalls ein deutliches Warnsignal in Richtung Deutschland. So habe die Bundesrepublik gerade im Tech-Bereich den Anschluss längst verloren. Hier dominierten US-Werte, aber auch Aktien aus asiatischen Märkten wie Japan, Südkorea und China.

EY führt das übrigens auf die höhere Risikobereitschaft in diesen Ländern und auf die dort besseren Finanzierungsbedingungen zurück. Diese sind gerade im Tech-Sektor ausschlaggebend.

Und wie geht es weiter?

EY-Analyst Henrik Ahlers erwartet auch für das zweite Halbjahr ein schwieriges Aktienumfeld. Vor allem die drohende Rezession sei inzwischen ein nicht mehr abwegiges Szenario. Gerade für deutsche Firmen könnte sich ein Konjunktureinbruch demnach als Desaster erweisen, sei Deutschland doch stark vom globalen Handel abhängig.

Als Anleger sollten Sie das stets im Hinterkopf behalten. Vor allem defensive Aktien mit einer soliden Dividendenpolitik sind jetzt mehr denn je interessant.