Chinas Wirtschaft erholt sich – G7 gehen auf Distanz

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Reichlich überstürzt erschien es vielen Beobachtern, wie die chinesische Zentralregierung Ende vergangenen Jahres eine 180-Grad-Kehrtwende hinlegte und quasi über Nacht nahezu sämtliche Pandemie-Schutzmaßnahmen für beendet erklärte. Die ersten Wochen verliefen chaotisch, doch der Wirtschaft haben die Öffnungsschritte gutgetan. Das belegt der Blick auf die Konjunkturentwicklung im Auftaktquartal – dem ersten seit Beginn der Pandemie, das wieder freier von den bis dato strikten Auflagen war.

Q1: Chinas Wirtschaftswachstum stärker als erwartet

Insgesamt legte das chinesische Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum von Januar bis Ende März gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,5 Prozent zu. Besonders gut lief es im Einzelhandel: Hier stiegen die Umsätze um 5,8 Prozent – mit positivem Trend, zumindest lag das Wachstum im März mit 10,6 Prozent noch über den Erwartungen.

Die Industrieproduktion hinkt dagegen den Prognosen noch etwas hinterher. Hier lag das Plus im Auftaktquartal bei lediglich 3 Prozent und auch der März konnte mit einem Anstieg um 3,9 Prozent kaum für zusätzlichen Schwung sorgen.

Absatzmarkt nutzen – Abhängigkeiten meiden?

Deutsche Akteure befinden sich mit Blick auf China zurzeit auf heikler Mission. Sie müssen abwägen zwischen den Wachstumschancen eines attraktiven Absatzmarktes einerseits und drohenden Abhängigkeiten andererseits – denn auf politischem Parkett wird das Eis spürbar dünner.

Das wurde zuletzt deutlich bei der Asienreise der Bundesaußenministerin. In bilateralen Gesprächen mit ihrem chinesischen Amtskollegen fielen die Worte in beiden Richtungen ungewohnt deutlich aus, die Positionen sind unverändert. Deutschland sowie auch die G7-Partner, die sich im Anschluss in Japan trafen, warnen vor einer möglichen chinesischen Aggression im Indopazifik und sehen im schwelenden Konflikt um Taiwan eine mögliche Gefährdung der internationalen Ordnung. Auch die enge Zusammenarbeit zwischen Peking und Moskau stößt bei westlichen Verbündeten auf wenig Gegenliebe.

Peking weist „westliche Lehrmeister“ zurück

Chinas Zentralregierung will sich jedoch nicht hineinreden lassen und verbittet sich jegliche Einmischung von außen. Mit Blick auf Russland und den Krieg in der Ukraine kommen aus Peking zwar von Zeit zu Zeit mahnende Worte in Richtung Kreml, doch eine Aufforderung, den Krieg umgehend zu beenden, kam chinesischen Vertretern dabei nicht über die Lippen – anders als von vielen westlichen Politikern erhofft und gewünscht.

Deutlich größere Sprengkraft aber hat der Taiwan-Konflikt: China betrachtet Taiwan als eigenes Staatsgebiet und reagiert zunehmend verärgert auf Autonomiebestrebungen des Landes, das zwar in der internationalen Gemeinschaft von den wenigsten Staaten offiziell anerkannt, aber dennoch seit einiger Zeit mit eigenen Staatsbesuchen bedacht wird.

Taiwan-Konflikt birgt massive Sprengkraft – politisch und wirtschaftlich

Annalena Baerbock verwies bei ihrem Aufenthalt in Fernost auf die zentrale weltwirtschaftliche Bedeutung Taiwans: Ein Großteil aller weltweit verwendeten Halbleiter stammt aus Taiwan oder wird durch die dortigen Gewässer transportiert. Eine militärische Eskalation in der Region hätte unabsehbare Konsequenzen.

Gerade Halbleiter, aber auch andere Komponenten, waren im Zuge der Pandemie zur Mangelware geworden, weil es gerade in China immer wieder zu Unterbrechungen oder Störungen in den Lieferketten kam. Es dauerte Jahre, ehe sich die Lage zuletzt einigermaßen entspannte.

Niemand wünscht neue Blockkonfrontation – wirklich?

Ein bewaffneter Konflikt zwischen China und Taiwan dürfte neben logistischen auch weitreichende politische Konsequenzen mit sich bringen – bis hin zu umfassenden Wirtschaftssanktionen, die jedoch auch die westliche Wirtschaftskraft empfindlich treffen würden. Die konjunkturellen Dämpfer, die die Sanktionen gegen Russland mit sich brachten, wären verglichen damit kaum der Rede wert. Zu wichtig ist China als Handelspartner des Westens – und genau das bringt die Vertreter der G7-Staaten zunehmend in die Bredouille.

Niemand wünsche sich eine erneute Blockkonfrontation, das war eine der zentralen Aussagen des Außenministertreffens in Japan. Doch ob sich diese Aussage ohne Weiteres auf Akteure wie Peking übertragen lässt, ist eine offene Frage.