Roboter auf vier Rädern: Wie Baidu die Autobranche aufmischt
Interessieren Sie sich für die Autobranche, müssen Sie die großen Tech-Konzerne auf dem Schirm haben. Schauen Sie: Jahrzehntelang hatten die Autohersteller und deren klassische Zulieferer den technologischen Fortschritt des Sektors bestimmt.
Doch die Anforderungen an moderne Autos haben sich gewandelt. Software, Digitalisierung und Vernetzung sind schon heute wichtige Aspekte für die Kaufentscheidung der Endkunden und dürften künftig noch wichtiger werden. Das kommt Konzernen wie Google oder Nvidia zugute, die in diesem Bereich auf jahrelange Expertise zurückgreifen können und damit im Autosektor nun ein Stück des Wertschöpfungskuchens abgreifen wollen.
Autos: Chinas Suchmaschinenprimus Baidu greift an
Ein neues Standbein also, das aber nicht nur westliche Tech-Konzerne für sich entdeckt haben. In China geht das Ganze sogar noch weiter, wie jetzt der dortige Suchmaschinenkonzern Baidu bekannt gab. Zunächst für Sie zur Einordnung: Baidu betreibt in China die mit Abstand größte Online-Suchmaschine mit einem Marktanteil von rund 75 Prozent. Ähnlich wie das westliche Pendant Google verdient Baidu sein Geld vor allem mit der Schaltung von Werbeanzeigen.
Aber das ist nicht alles: Analog zu Google hat Baidu sein Geschäft in den letzten Jahren diversifiziert und unter anderem im Autobereich Fuß gefasst. Doch während Google bislang eher als Software-Ausstatter fungiert, gehen die Chinesen einen Schritt weiter.
Chinesen wollen mit eigenen Robo-Autos überzeugen
Im Mittelpunkt steht die Firma Jidu, ein Joint-Venture von Baidu und dem chinesischen Autohersteller Geely. Bereits im Sommer 2022 hatte Jidu Pläne zu neuen Elektroautos präsentiert. Auf der Guangzhou Auto Show hat die Firma kurz vor dem Jahreswechsel nun gleich zwei eigene Stromer vorgestellt: den „Robo-01“ und den „Robo-02“.
Zum „Robo-01“ präsentierte Jidu einen Prototyp. Beachtlich ist, dass Baidu das Modell in China noch 2023 auf den Markt bringen will. Beim „Robo-02“ konnten Besucher auf der Automesse immerhin ein Konzept sehen.
Der Name ist hier jedenfalls Programm. Die E-Fahrzeuge aus dem Hause Baidu bzw. Jidu sollen mit allerhand technischen Raffinessen daherkommen und tatsächlich eine Art Robo-Auto darstellen.
Im „Robo-01“ ist nach Angaben von Baidu eine Computertechnik mit künstlicher Intelligenz verbaut, die gepaart mit etlichen Sensoren und Kameras autonome Fahrfunktionen ermöglichen sollen – etwa das selbstständige Ausparken.
Roboter auf vier Rädern
Perspektivisch soll der „Robo-01“ autonomes Fahren der Stufe 4 beherrschen. Das heißt: Das Fahrzeug kann sich künftig komplett ohne menschliches Zutun auf den Straßen bewegen. Die Passagiere können während der Fahrt zum Beispiel schlafen oder auf dem Smartphone Videospiele daddeln – auch wenn für Stufe-4-Autos in der Regel noch mit Lenkrad und Pedalen geplant wird, sodass der Mensch das Auto theoretisch auch selbst steuern kann. Darüber hinaus soll der „Robo-01“ mit Passanten kommunizieren und gar (künstliche) Emotionen zeigen können. Ein Roboter auf vier Rädern also.
Aber auch bei den grundlegenden technischen Daten zeigen sich die Chinesen durchaus selbstbewusst. Als großer Elektro-SUV soll der „Robo-01“ auf eine Reichweite von 600 Kilometern kommen. Das wäre auf dem Papier sogar etwas mehr als der im Oktober von Mercedes-Benz vorgestellte „EQE SUV“.
„Robo-02“: Türgriffe ade
Beim „Robo-02“ will Baidu indes etwas andere Wege gehen, vor allem in Sachen Karosserie. Das Modell soll laut Konzept eher als sportliche Elektro-Limousine daherkommen. Aber auch bei der Technik planen die Chinesen einige Neuerungen. So soll es beim „Robo-02“ gar keine Türgriffe mehr geben.
Nutzer müssen das Auto dann mithilfe eines Bluetooth-Geräts oder per Sprachsteuerung öffnen bzw. schließen. Welche weiteren technischen Gimmicks Baidu in den „Robo-02“ integrieren will, wird das Unternehmen noch im Jahresverlauf konkret mitteilen.
Mein Fazit für Sie
Baidu hat tatsächlich gute Chancen, seine automatisierten Elektroautos zu einem Erfolg zu machen – zumindest in China selbst. Denn: Der chinesische Staat sieht in Baidus Auto-Engagements offenbar Potenzial. Erst im Sommer hatten dortige Behörden eine Genehmigung erteilt, sodass der Konzern in verschiedenen Metropolen seinen autonomen Taxidienst „Apollo Go“ regulär betreiben kann. Zuvor hatte Baidu den Ride-Hailing-Service bereits in mehr als 30 chinesischen Städten unter behördlicher Aufsicht getestet.
Nach Unternehmensangaben hat der Tech-Konzern in China bereits 1,4 Millionen solcher Taxifahrten abgewickelt – bei denen kein Fahrer am Steuer sitzt. Zum Einsatz kommen hierfür Fahrzeuge der Modellreihe „RT“, zu der noch in 2023 eine sechste Generation ausschließlich für Taxidienste auf den Markt kommen soll.
Baidu jedenfalls sieht darin großes Potenzial. Der Konzern will zum führenden Robotaxi-Anbieter Chinas werden und Konkurrenten wie Alibaba in den Schatten stellen. Der Suchmaschinenkonzern spricht von beträchtlichen Gewinnen, die mit dem kostenpflichtigen Dienst „Apollo Go“ schon ab 2024 erzielt werden könnten. Demnach dürften künftig immer mehr chinesische Städte den Service regulär zulassen.
Für Baidu bietet sich hier also ein Mega-Markt, der auch die Aktie langfristig beflügeln könnte. Fragezeichen gibt es allerdings mit Blick auf die mögliche Expansion der Baidu-Autos zum Beispiel nach Europa. Hierzu machte der Tech-Konzern im Unterschied zu anderen chinesischen Auto-Playern bislang keine konkreten Angaben.
Trotzdem: Meiner Meinung nach bekommt die Baidu-Aktie durch die Mobilität unterm Strich eine ordentliche Wachstumsfantasie, die Ihnen als Anleger Renditechancen bietet.