Luftfahrtaktien nach Q1-Bilanzen

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Die pandemiebedingten Reisebeschränkungen werden mehr und mehr zurückgenommen, die Reisebranche hofft auf ein starkes Urlaubsjahr und setzt dabei vor allem auf die Sommermonate.

Viele wollen reisen – aber wer kann es sich leisten?

Zugleich machen Airlines jedoch die steigenden Ölpreise und damit höheren Kerosinkosten zu schaffen, die einen erheblichen Anteil der laufenden Ausgaben im Tagesgeschäft ausmachen. Die Lufthansa stimmt Passagiere bereits auf höhere Ticketpreise ein.

Nachdem viele die vergangenen beiden Jahre ihren Urlaub zuhause oder in nahegelegenen Destinationen verbracht haben, kehrt nun allmählich das Fernweh zurück – und steigert die Bereitschaft der Touristen, für die Reise tiefer in die Tasche zu greifen, so das Kalkül der Airline. Doch die Kaufkraft vieler Privathaushalte ist durch die seit Monaten hohen Inflationsraten gedämpft. Inwieweit die Rechnung für den Sommer also aufgeht, muss sich erst noch zeigen.

Lufthansa verzeichnet steigende Ticketnachfrage

Für das Auftaktquartal immerhin verbucht die Lufthansa schon einmal eine höhere Ticketnachfrage. Die Zahl der Passagiere stieg im Zeitraum von Januar bis Ende März um das Vierfache auf 13 Millionen. Den Umsatz konnte Europas größte Airlinegruppe mehr als verdoppeln auf rund 5,4 Milliarden Euro. Zugleich wurden die Verluste aus dem Tagesgeschäft eingedämmt: Das bereinigte Ebit belief sich auf minus 591 Millionen Euro, damit konnte der Verlust um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gesenkt werden. Unterm Strich verbuchte die Lufthansa im Auftaktquartal einen Verlust von 584 Millionen Euro.

Konzernchef Carsten Spohr schwört Anleger wie Angestellte nun auf eine bessere Zukunft ein. Die meisten coronabedingten Beschränkungen seien inzwischen überwunden. Die Lufthansa habe die „Krise als Chance“ genutzt und sich strukturell neu aufgestellt. Unter anderem wurden verstärkt touristische Ziele in die Routenplanung aufgenommen, da derzeit vor allem Privatreisen vielfach gebucht werden. Man wolle die Krise nun „mental abhaken“ und nach vorne blicken.

Lufthansa-Vorstand wagt keine konkrete Jahresprognose

Eine konkrete Prognose für das laufende Jahr wollte der Vorstand jedoch nicht abgeben. Zu ungewiss erscheinen die Auswirkungen steigender Spritkosten für die Airline und der Inflation für die Reisebereitschaft der Kunden. Bei der Lufthansa gibt man sich jedoch zuversichtlich: Weil die Ticketnachfrage zuletzt stärker angestiegen war als erwartet, geht man nun davon aus, im Gesamtjahr etwa 75 Prozent der Kapazitäten aus dem Vorkrisenjahr 2019 anbieten zu können. Zuvor hatte sich die Prognose auf lediglich 70 Prozent des Vor-Corona-Niveaus belaufen. Stark entwickeln konnte sich zuletzt erneut das Cargo-Geschäft. Transportkapazitäten sind stark nachgefragt.

Die Lufthansa zählte in Deutschland zu den Unternehmen, die besonders früh und besonders hart von der Pandemie getroffen wurden. Die vormals florierende Airline musste im Frühjahr 2020 gar durch staatliche Unterstützung vor dem Bankrott bewahrt werden.

Lufthansa von Corona besonders hart getroffen

Noch immer hält der Bund gut 14 Prozent der Anteile an der Lufthansa. Deswegen müssen Anleger auch weiterhin auf eine Dividende verzichten: Solange der Staat beteiligt ist, dürfen keine Gewinnausschüttungen an die Aktionäre verteilt werden. Zudem stieg auch die Lufthansa Aktie ab aus der ersten Börsenliga und ist seither nur noch im MDax gelistet.

Analysten bekräftigten weitgehend ihre neutralen Einschätzungen zur Lufthansa Aktie. Die Kursziele bewegen sich dabei zwischen 6 Euro (Bernstein Research) und 8 Euro (Goldman Sachs). Am Dienstag lädt die Lufthansa zu ihrer jährlichen Hauptversammlung.

MTU mit kräftigen Zuwächsen bei Umsatz und Gewinn

In den Dax aufgestiegen sind dagegen in den vergangenen Jahren zwei andere Unternehmen aus der Luftfahrtbranche: der deutsch-französische Flugzeugbauer Airbus sowie der Triebwerkshersteller MTU Aero Engines. Beide Konzerne haben kürzlich ebenfalls Einblicke in ihre Geschäftszahlen zum Auftaktquartal gewährt.

Dabei bestätigt sich der Eindruck, dass sich die Luftfahrtbranche insgesamt auf Erholungskurs befindet. So konnte MTU seinen Umsatz im Auftaktquartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 19 Prozentpunkte steigern auf 1,18 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis legte um satte 52 Prozent zu auf 131 Millionen Euro nach 86 Millionen Euro im Vorjahresquartal. Die bereinigte Ergebnismarge kletterte von 8,7 auf 11,1 Prozent. Unterm Strich fiel der Gewinn nach 58 Millionen Euro im Vorjahresquartal nun 60 Prozent höher aus mit 93 Millionen Euro.

MTU: Jahresprognose bestätigt – trotz hoher Russland-Abschreibungen

Für das Gesamtjahr bestätigte der MTU-Vorstand die Prognose. Das Unternehmen geht von einer Umsatzspanne zwischen 5,2 und 5,4 Milliarden Euro aus. Allerdings verweist auch das MTU-Management auf Risiken und Unsicherheiten mit Blick auf den Fortgang der Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine. Vor diesem Hintergrund behält sich das Unternehmen vor, die Prognose im weiteren Verlauf des Jahres noch einmal anzupassen.

Bereits jetzt zeichnen sich erste wirtschaftliche Auswirkungen der geopolitischen Verwerfungen ab. So musste MTU 52 Millionen Euro abschreiben wegen des Rückzugs aus Russland. Aufgrund westlicher Sanktionen nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine sind Lieferungen von Flugzeugteilen derzeit nicht erlaubt. MTU hatte gemeinsam mit dem Konkurrenten Pratt & Whitney Triebwerke für den russischen Mittelstreckenjet MS-21 entwickelt, der ab diesem Jahr ausgeliefert werden sollte. Das Geschäft wird nun jedoch nicht zustande kommen.

Airbus plant Produktionsausweitung für A320neo-Familie

Auffangen könnte das die geplante westliche Aufrüstung. So werden Triebwerke von MTU unter anderem auch beim Eurofighter verbaut. Zudem plant der Flugzeugbauer Airbus, die Produktion seines beliebten Mittelstreckenjets A320neo auszuweiten. Auch hier kommen MTU-Triebwerke zum Einsatz.

Airbus selbst konnte im Auftaktquartal ebenfalls mit kräftigen Steigerungen bei Umsatz und Gewinn punkten. So kletterte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15 Prozent auf 12 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn schnellte um 82 Prozent in die Höhe und erreichte knapp 1,3 Milliarden Euro. Die Sanktionen gegen Russland schlugen mit 200 Millionen Euro zu Buche.

Flugzeugbauer verdreifacht Nettogewinn

Ein gewaltiges Plus verbuchte Airbus beim Nettogewinn: Dieser fiel mit 1,2 Milliarden Euro mehr als dreimal so hoch aus wie ein Jahr zuvor und übertraf die Erwartungen der Analysten deutlich. Für das Gesamtjahr bestätigte auch Airbus die bisherigen Prognosen. Demnach sollen 720 Verkehrsjets an die Kunden ausgeliefert werden. Beim bereinigten operativen Gewinn werden 5,5 Milliarden Euro angepeilt.

Die monatliche Produktion der Modellfamilie A320neo soll stärker als bislang geplant angekurbelt werden. Bis 2025 sollen jeden Monat 75 Jets fertiggestellt werden. Eine Steigerung auf 65 Maschinen im Monat soll bis Sommer 2023 erfolgen, damit läge die Produktion bereits über dem Vor-Corona-Niveau. 2019 hatte der Flugzeughersteller monatlich 60 Maschinen dieses Typs gebaut. Aktuell liegt die Produktionsrate bei knapp 50 Maschinen im Monat.

Analysten bestätigen Kaufempfehlungen für Airbus Aktie

Anleger wie Analysten reagierten äußerst positiv auf die frischen Zahlen von Airbus. Die Aktie stieg nach der Mitteilung um zeitweise rund 7 Prozent. Erst im vergangenen Herbst war der Flugzeugbauer, der auch im Rüstungsgeschäft aktiv ist, im Zuge der Dax-Erweiterung auf 40 Titel in den Leitindex aufgestiegen.

Analysten bekräftigten reihenweise ihre Kaufempfehlungen für die Airbus Aktie. Die US-Großbank JP Morgan hob zudem das Kursziel für das Papier von 170 auf 180 Euro an. Im Schnitt bescheinigen Experten der Aktie ein Kursziel von knapp 150 Euro, was einem Anstieg um rund 40 Prozent gegenüber dem derzeitigen Niveau entspricht.

Mit Blick auf den Triebwerkshersteller MTU zeigten sich Analysten etwas zurückhaltender. Neutrale und positive Bewertungen sind hier gleichermaßen zu finden. Warburg Research kürzte jedoch das Kursziel von 208 auf 199 Euro, wohingegen Goldman Sachs das Ziel von 188 auf 212 Euro anhob. Beide Experten stufen die MTU Aktie weiterhin als neutral ein. Optimistischer zeigte sich dagegen JP Morgan: Die US-Bank bestätigte die Kaufempfehlung und hob das Kursziel für die MTU Aktie von 245 auf 255 Euro an.

Luftfahrtbranche auf Erholungskurs

Insgesamt deuten die starken Quartalsergebnisse der drei Luftfahrtunternehmen, die jeweils in gänzlich unterschiedlichen Bereichen aktiv sind, auf eine Erholung der Branche hin. Dass nicht nur die Erwartungen vielfach übertroffen werden konnten, sondern die Unternehmen auch ihre Prognosen für das laufende Jahr bestätigten, sorgt ebenfalls für Erleichterung.

Dennoch bleibt das Umfeld herausfordernd, gerade angesichts der steigenden Preise für Rohstoffe, Bauteile, Energie und Kraftstoffe. Auch die nach wie vor umfassenden Lockdown-Maßnahmen in China bremsen die Erholung der Luftfahrtbranche aus. Vor allem für die Lufthansa entfällt hier weiterhin eines der wichtigsten Langstreckenziele, während Destinationen in den USA seit November wieder angeflogen werden können.

Überraschender Chefwechsel bei MTU

Abseits der Bilanzen gab es in der vergangenen Woche eine überraschende Meldung bei MTU. Dort wird der langjährige Vorstandschef Reiner Winkler seinen Posten zum Jahresende abgeben. Übernehmen soll dann der bisherige Technikvorstand Lars Wagner, der dem Gremium seit 2018 angehört.

Winkler, der dem Unternehmensvorstand seit mehr als 20 Jahren angehörte und seit 2014 den Vorstandsvorsitz innehatte, hatte eigentlich eine Vertragslaufzeit bis Ende September 2024. Zu seinem vorzeitigen Rückzug verwies Winkler auf persönliche Gründe. Der Zeitpunkt sei zudem günstig für einen Wechsel an der Spitze: Nach den Krisenjahren der Pandemie beginne nun für MTU eine neue Phase des Wachstums.

Im Zuge der Hauptversammlung in der vergangenen Woche begrüßte MTU zudem einen neuen Aufsichtsratschef. Auf den bisherigen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Eberhardt folgt mit Gordon Riske der frühere Vorstandschef des Gabelstapler-Herstellers Kion.