Ölpreis fällt auf Sechsmonatstief: Opec+ plant Förderkürzungen

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Es knirscht im Bündnis der Opec+, zumindest drängt sich dieser Eindruck auf: Nach ihrem jüngsten virtuellen Treffen Ende November gab es nicht einmal eine gemeinsame Pressekonferenz, die sonst üblich und auch diesmal eigentlich geplant gewesen wäre.

Keine gemeinsame Pressekonferenz – knirscht es hinter den Kulissen der Opec+?

Stattdessen verkündeten einzelne Länder im Anschluss separat neue Kürzungen ihrer Förderquoten. Diese erfolgen allerdings auf freiwilliger Basis. Insgesamt sollen ab Januar pro Tag knapp 700.000 Barrel Öl weniger gefördert werden. Russland und Saudi-Arabien, die größten Ölförderer des Verbunds, wollen ihre bisherigen Quoten beibehalten. Sechs weitere Mitglieder der Opec+ haben Kürzungen angekündigt.

Ob es dazu allerdings tatsächlich kommen wird, daran hegen die Märkte offenbar deutliche Zweifel. Denn anstatt auf eine angekündigte Angebotsverknappung mit steigenden Ölpreisen zu reagieren, rutschten diese in den Keller und markierten zeitweise den niedrigsten Stand seit rund 6 Monaten.

Zweifel an Entschlossenheit zu Förderkürzungen

Dahinter stecken gleich mehrere Gründe. Zum einen hat die Absage der Pressekonferenz und das Ausbleiben einer gemeinsamen Erklärung der Opec+ im Anschluss an ihr Treffen Zweifel an der Einigkeit und Entschlossenheit des Bündnisses aufkommen lassen. Bereits in der Vergangenheit hatten sich gerade kleinere Länder, deren Staatshaushalt stark vom Ölexport abhängig ist, häufiger nicht an ihre Zusagen gegenüber der Opec+ gehalten, ihre täglichen Fördermengen zu drosseln. Die Beschlüsse wurden gar nicht oder nur teilweise umgesetzt.

Hinzu kommt, dass die USA in den vergangenen Jahren dank zunehmender Fracking-Anlagen zum größten Ölförderland der Welt geworden sind – Tendenz steigend. Nicht nur sind die US-Lagerbestände derzeit gut gefüllt, auch die Fördermengen steigen und steigen. Selbst wenn sich also die Opec-Staaten an ihre Förderkürzungen halten und das Angebot ab Januar weiter herunterfahren sollten, dürften die Lücken am Markt von den US-Exporten aufgefangen, wenn nicht sogar überkompensiert werden.

Schwächelnde Nachfrage, starke US-Konkurrenz

Denn dem sprudelnden Angebot aus den Vereinigten Staaten steht eine weiterhin vergleichsweise geringe Nachfrage gegenüber. Die Weltwirtschaft schwächelt, was den Bedarf an Rohöl und Ölprodukten sinken lässt. Auch für das kommende Jahr rechnen Ökonomen mit einer relativ schwachen Wirtschaftsentwicklung: Prognostiziert wird etwa durch die OECD für 2024 ein weltweites Wirtschaftswachstum von gerade einmal 2,7 Prozent. Das wäre der schwächste Wert seit dem Pandemiejahr 2020, das etliche Wirtschaftszweige abrupt ausgebremst hatte.

Das Zusammenspiel aus hohen Ölfördermengen in den USA bei gleichzeitig geringer Nachfrage an den Weltmärkten sorgt dafür, dass die angekündigten Förderkürzungen der Opec+ – entgegen den Erwartungen – nicht etwa zu steigenden, sondern sogar zu fallenden Ölpreisen führen.

Brent und WTI: Barrelpreise geben kräftig nach

Auf Monatssicht hat sich die Nordseesorte Brent um knapp 7 Prozent verbilligt, während die US-Sorte WTI im gleichen Zeitraum um rund 8 Prozentpunkte nachgab. Zwar verzeichneten beide Sorten am Freitagvormittag einen leichten Anstieg um jeweils rund 2 Prozent, doch mit gut 71 Dollar je Barrel WTI und knapp 76 Dollar pro Fass der Sorte Brent bewegten sich die Ölpreise dennoch auf niedrigem Niveau.

Zum Vergleich: Noch Ende September wurden deutlich über 90 Dollar pro Fass fällig. Binnen drei Monaten hat der Ölpreis somit um rund ein Fünftel nachgegeben. Zuletzt war der Preis für ein Barrel US-Rohöl der Sorte WTI sogar zwischenzeitlich auf unter 70 Dollar abgerutscht und war damit so günstig wie seit Anfang Juli nicht mehr.

Schleichende Entmachtung des einst mächtigen Ölkartells

Allein seit der Ankündigung der Opec+, im Auftaktquartal 2024 weitere Förderkürzungen vornehmen zu wollen, gab der Ölpreis um rund 10 Dollar nach. Damit verfestigt sich der Eindruck, der schon seit einigen Jahren besteht: Weder das alte Ölkartell Opec noch ihr Zusammenschluss mit Verbündeten unter dem Label Opec+ hat aktuell die Macht, den Ölpreis gemäß den eigenen Wunschvorstellungen in die eine oder die andere Richtung zu bewegen.

Genügten früher bloße Vermutungen, Förderkapazitäten könnten gedrosselt werden, um den Ölpreis heftig ausschlagen zu lassen, zeigt die Reaktion der Märkte zunehmend, dass Förderbeschlüsse der Opec oder Opec+ nur noch einer von mehreren Faktoren ist, die den Ölpreis bewegen – und nicht mehr unbedingt der wichtigste.

Mit konjunkturellen Hoch- und Tiefphasen haben die Ölförderländer seit jeher zu kämpfen, doch die starke und sich zuletzt beschleunigende Konkurrenz aus den USA lässt die Saudis und ihre Verbündeten im Ölkartell zunehmend ratlos zurück. Dass die Opec+ zugleich noch Zweifel an ihrer Ge- und Entschlossenheit aufkommen lässt, bildet einen weiteren Sargnagel auf dem Weg hin zur schleichenden Entmachtung des einst so mächtigen Bündnisses Öl exportierender Staaten.