Ölpreis: Alles andere als stabil

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Drama nicht nur an den Wertpapierbörsen: Auch der Ölpreis durchlebt dieser Tage einen dramatischen Absturz.

Innerhalb eines Monats hat sich der Preis je Barrel für die wichtigsten Sorten Brent und WTI halbiert, beide sind unter die 30-Dollar-Marke abgerutscht. Zwar konnte sich der Ölpreis in dieser Woche wieder leicht erholen, Gleiches war auch bei Dax und Co. zu beobachten. Anlass für eine Entwarnung ist das aber noch lange nicht.

Nachfrage bricht ein

Der Preisverfall am Ölmarkt hat mehrere Ursachen. Zum einen geht die weltweite Nachfrage angesichts der Corona-Pandemie dramatisch zurück: Am stärksten betroffen war zunächst die Luftfahrtbranche, die mit ihrem Kerosinbedarf einen nicht unerheblichen Teil des Ölbedarfs ausmacht. Der Produktionsstopp in zahlreichen Industriezweigen rund um den Globus trägt zusätzlich dazu bei, dass die Nachfrageseite derzeit spürbar wegbricht.

Selbst wenn sich die Ausgangssperren und Produktionsstopps in einigen Wochen wieder lockern dürften, rechnen Beobachter für das laufende Jahr mit einer Rezession – nachlassende Wirtschaftskraft, sinkende Ölnachfrage, die Rechnung ist einfach.

Doch Corona und Weltwirtschaft sind nicht die einzigen Faktoren, die den Ölpreis derzeit belasten. Parallel dazu liefern sich die wichtigsten Förder- und Exportländer einen Machtkampf. Dieser geht in erster Linie von Saudi Arabien und Russland aus und eskaliert zunehmend.

Machtkampf zwischen Moskau und Riad

Seit gut drei Jahren haben Öl exportierende Staaten rund um die Opec in konzertierten Aktionen ihre Förderkapazitäten gedrosselt, um den Ölpreis zu stabilisieren. Die USA, durch ihre aufstrebende Frackingindustrie neuerdings ein großer Player am Ölmarkt, zieht dabei jedoch nicht mit, sondern sichert sich im Gegenzug einen immer größeren Anteil am Weltmarkt, während sich die Wettbewerber selbstreguliert zurückziehen.

Diese Entwicklung missfällt vor allem Russland. Als Saudi Arabien nun anregte, auf die absehbaren Nachfrageeinbrüche durch die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise erneut die Ölproduktion zu drosseln, zogen Russland und weitere Staaten nicht mehr mit.

In Riad zog man daraus seine Konsequenzen – und erhöhte die eigene Produktionskapazität einseitig. Dadurch wird der Ölmarkt geflutet, der Preis rutscht noch tiefer in den Keller. Zu beobachten ist das aktuell unter anderem an den Zapfsäulen, wo auch der Benzinpreis in den letzten Wochen deutlich nachgegeben hat.

Saudi Arabien flutet Markt mit billigem Öl

Die Sache hat allerdings einen entscheidenden Haken: Zwar können sich Russland und Saudi Arabien im Gegensatz zu den USA einen geringeren Ölpreis leisten, doch auf Dauer werden auch sie den Preiskampf nicht durchhalten können. Zu sehr sind ihre staatlichen Finanzen vom Ölgeschäft abhängig. Es scheint also vor allem eine Frage der Zeit, bis man sich zu neuen Verhandlungen zusammenfindet.

Weltwirtschaftlich betrachtet wirkt sich ein niedriger Ölpreis aus wie ein zusätzliches Konjunkturprogramm: Etliche Industriezweige sind auf den Rohstoff angewiesen, für sie sinken dadurch die Kosten. In Zeiten wegbrechender Einnahmen durch weitgehenden Stillstand ist das allerdings auch nur ein schwacher Trost.