Apple Aktie schmiert ab – was sind die Hintergründe?

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Herber Rückschlag für Apple: Die milliardenschwere Strafzahlung, die die EU-Kommission gegen den US-Konzern verhängt hat, geht auch am Aktienkurs alles andere als spurlos vorbei.

Apple Aktie: Überraschender Tiefenrausch nach EU-Urteil

Um satte 3 Prozent rauschte der Kurs zum Wochenauftakt in den Keller. Damit setzt das Papier seine Talfahrt fort, die seit Beginn des Jahres bereits knapp 8 Prozent des Börsenwerts verbrannt hat. Auch kurz vor dem Start des regulären US-Handels an der Wall Street am heutigen Dienstag steht Apple erneut unter Druck. Medienberichten zufolge kämpft der Konzern mit rückläufigen Verkaufszahlen bei seiner Cash Cow Nummer eins, dem iPhone. Anleger quittierten die Meldungen mit weiteren Verkäufen und bauen so die Kursverluste weiter aus.

Offenbar hat sich das iPhone in den ersten Wochen des laufenden Jahres vor allem in China deutlich schlechter verkauft. Medien berichten unter Verweis auf Branchenanalysen von einem Rückgang um fast ein Viertel gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Profitieren kann unterdessen die fernöstliche Konkurrenz: Denn zeitgleich hat Huawei seine Verkaufszahlen offenbar um 64 Prozent ausweiten können.

Ewiger Streit mit Spotify

Es wäre die zweite Hiobsbotschaft binnen 48 Stunden. Die eingangs erwähnte Wettbewerbsstrafe, die Apple in der EU zahlen soll, beläuft sich auf satte 1,8 Milliarden Euro. Davon beziehen sich allerdings ausdrücklich nur 40 Millionen Euro auf potenziell illegales, weil marktverzerrendes Verhalten von Apple, dem ein Missbrauch seiner marktbeherrschenden Position im Musik-Streaming auf Apple-Geräten vorgeworfen wird. Der weitaus größere Teil der Strafzahlung dient demnach der Abschreckung. Apple hat bereits angekündigt, juristische Schritte einzuleiten und gegen das Urteil vorzugehen.

Im konkreten Fall geht es um eine Auseinandersetzung mit dem Streaming-Anbieter Spotify, die bereits seit Jahren andauert. Die Spotify-App kann auf Endgeräten von Apple nur über dessen eigenen App-Store bezogen werden, auch Abonnements und andere Zahlungen werden über Apple-Dienste abgewickelt. Dafür kassiert der Konzern ordentlich mit und verweist auf die Bereitstellung und Weiterentwicklung der entsprechenden digitalen Infrastruktur, die von Spotify und anderen Anbietern mitgenutzt werde. Die EU-Kommission tendiert offenkundig zur Position von Spotify, dennoch ist das letzte Wort in der Angelegenheit wohl noch nicht gesprochen.

Apple verbrennt 70 Millionen Dollar Börsenwert an einem einzigen Tag

Überraschend war eher, wie sehr die Meldung den Aktienkurs von Apple am Montag in die Tiefe gedrückt hat: Ein Tagesverlust von letztlich gut 2,5 Prozent entspricht angesichts der Marktkapitalisierung von aktuell gut 2,7 Billionen US-Dollar einer Kapitalvernichtung von rund 70 Millionen Dollar innerhalb eines einzigen Handelstages. So viel bringen selbst einige Dax-Konzerne insgesamt nicht auf die Waagschale. Doch in der US-Tech-Industrie rechnet man längst in anderen Dimensionen, auch und gerade im Hinblick auf das Börsengeschehen und die Aktienkursentwicklung.

Tatsächlich ist es weniger die Strafzahlung von 1,8 Milliarden Euro – sofern diese am Ende überhaupt Bestand hat – die Apple-Anleger aufhorchen lässt. Die Summe zahlt Apple locker aus der Portokasse. Deutlich problematischer sind die langfristigen Signale, die das Urteil der EU-Kommission aussendet. Denn mit jedem kartellrechtlichen Urteil, das die EU gegen Konzerne – und hier insbesondere gegen die US-Tech-Giganten – verhängt, wird deutlicher, dass man auf dem alten Kontinent zunehmend auf Regulierung setzt. Die Zeiten, in denen Schwergewichte wie Apple, Google oder Amazon in Europa weitgehend freihändig gewähren konnten, sind vorbei – noch nicht komplett, aber ihre Marktmacht wird mit jedem einzelnen Urteil ein kleines Stückchen mehr beschnitten.

Anleger alarmiert: Es braut sich was zusammen

Das wiederum könnte sich langfristig negativ auswirken auf die Geschäftsentwicklung etwa im Service-Bereich, der für Apple seit Jahren wichtiger wird und stetig wächst. An Bedeutung gewinnt die Service-Sparte vor allem dann, wenn bei den Absatzzahlen Flaute herrscht, wie nun offenbar am chinesischen Markt.

Kein Wunder also, dass Anleger aufgeschreckt reagieren: Es braut sich etwas zusammen am sonst so sonnenverwöhnten Horizont von Apple. Analysten sind zwiegespalten und deuten den aktuellen Tiefenrausch – inklusive neuem Jahrestiefstwert – als Suche nach Bodenbildung. Andererseits verweisen sie auf mögliche Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz, die ab dem Sommer von Apple erwartet werden.

Doch kein Apple Car: Ambitionierte Pläne nach jahrelanger Forschung eingestellt

Tatsächlich scheint sich die Priorisierung im Portfolio des Konzerns zu verschieben. Darauf deutet auch eine Ankündigung hin, die der Konzern überraschend in der vergangenen Woche publik machte. Demnach wird das jahrelang verfolgte Projekt, ein eigenes Auto auf die Straße zu bringen, eingestampft. Ein Teil der Belegschaft, die an der Entwicklung des Apple Car, das in der Form nun wohl nie kommen wird, mitgewirkt hat, wird im Bereich KI übernommen, andere müssen das Unternehmen offenbar verlassen.

Klassische Autohersteller, die sich seit einigen Jahren zunehmendem Konkurrenzdruck neuer Player vor allem in der Elektrosparte gegenübersehen, reagierten überwiegend erleichtert auf die Entscheidung. Anders als Tesla dürfte von klassischen IT-Konzernen aus dem Silicon Valley bis auf Weiteres kaum Gefahr ausgehen, die den etablierten Automarken Konkurrenz machen würden.