Rio Tinto, BHP, Vale: Steigt der Eisenerzpreis jetzt wieder?

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Die Aktien von Rio Tinto, BHP und Vale haben seit Jahresanfang unterm Strich deutlich an Wert verloren. Im Chart sehen Sie exemplarisch die Entwicklung der Rio Tinto-Aktie (Stand: 20.03.2024, 11:30 Uhr):

Quelle: www.aktienscreener.com

Der Titel hat demnach seit Jahresanfang -14,3 % eingebüßt. Verantwortlich für den Rückgang dürfte vor allem der wichtigste Rohstoff des Konzerns sein. Sie werden es schon ahnen: Es geht um Eisenerz. Der Stahlrohstoff ist für rund 60 % der Umsätze des Minenunternehmens verantwortlich. Entsprechend reagiert der Aktienkurs sehr empfindlich auf die Bewegungen des Eisenerzpreises.

China-Sorgen belasten: Eisenerzpreis 2024 bislang eher schwach

Dieser fiel im bisherigen Jahresverlauf um rund -24 % und damit noch stärker als der Aktienkurs von Rio Tinto. Dass der Titel nicht noch stärker nachgegeben hat, dürfte damit zusammenhängen, dass zum Beispiel der Kupferpreis 2024 bis dato nach oben lief.

Die Gründe für den Preisverfall beim Eisenerz sind freilich vielfältig. Vor allem die Konjunktursorgen in China haben den Abwärtsdruck in den ersten Monaten des laufenden Jahres verstärkt. Chinas Bausektor leidet seit einiger Zeit unter der Immobilienkrise, die dazu führt, das Wohnungsfirmen ihre Projekte nicht oder nicht ausreichend bezahlen können. Das wirkt sich negativ auf die Bauaktivität aus, was die Nachfrage nach Stahl und letztendlich auch nach Eisenerz unter Druck setzt.

Gegenbewegung möglich? Neue Daten aus China machen Hoffnung

Immerhin: Wie Sie im Chart zu Rio Tinto erkennen können, hat die Aktie seit Mitte März wieder Positivtendenzen gesendet. Analog dazu hat auch der Eisenerzpreis wieder etwas zugelegt. Unterstützung gab es von den chinesischen Eisenerz-Futures, die allein am Dienstag mit einem Zuwachs von mehr als +5 % aus dem Handel gingen.

Tatsächlich hat sich in den letzten Tagen die Hoffnung genährt, dass die Probleme in China gegenüber den ursprünglichen Erwartungen schneller gelöst werden könnten. So übertrafen die kürzlich gemeldeten Zahlen zur Fabrikproduktion und den Einzelhandelsumsätzen für Januar und Februar die Erwartungen. Konkret stieg die Industrieproduktion in den beiden Monaten um +7,0 %. Zum Vergleich: Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt einen Anstieg von nur +5,0 % prognostiziert. Die Einzelhandelsumsätze lagen mit einem Zuwachs von +5,5 % ebenfalls über den Erwartungen – allerdings nur leicht (Marktkonsens: +5,2 %).

Neujahrsfest: Chinesen packte die Reiselust

Vor allem der Reiseverkehr in China florierte. Die Verbraucher gaben im Rahmen der achttägigen Neujahrsferien im Februar viel Geld aus, um per Flugzeug innerhalb des Landes, aber auch ins Ausland zu verreisen. Die Reiseplattform des Techkonzerns Alibaba, Fliggy, meldete inländische Buchungen, die gar über dem Vor-Corona-Niveau lagen. Konkret wurden demnach während der diesjährigen Feiertage +34 % mehr Inlandsreisen unternommen als im Vorjahr und +19 % mehr als 2019. Die Gesamteinnahmen allein aus dem Inlandstourismus stiegen um starke +47,3 % im Vergleich zu 2023 und um +7,7 % im Vergleich zu 2019.

Die chinesischen Verbraucher scheinen also Geld für üppige Ausgaben zur Verfügung zu haben. Gleichzeitig gab es aus dem E-Commerce-Sektor zuletzt erfreuliche Signale. Demnach haben die Logistikaktivitäten rund um den Online-Handel Anfang des Jahres zugenommen – wohl auch beflügelt durch die beachtliche Ausgabenbereitschaft der Chinesen im Rahmen der Neujahresfeiern.

Eisenerzpreis: Kurzes Aufbäumen oder nachhaltiger Aufschwung?

Klar: Die Neujahresferien sind im Jahresverlauf ein einmaliges Event und werden daher auch entsprechend großzügig begangen. Dass der Konsum auch in den kommenden Monaten das Niveau von Januar und Februar erreichen wird, ist daher eher unwahrscheinlich. Zudem bleibt die Immobilienkrise bestehen. Noch immer sind die Investitionen in dem Sektor sehr weit entfernt von alten Höchstständen. Immerhin gab es zuletzt eine schmale Erholung, indem sich der Rückgang der Investitionen im Januar und Februar zumindest verringerte.

Viele Analysten spekulieren deshalb darauf, dass Chinas Wirtschaftslenker weitere Stimuli gewähren, um die Nachfrageseite anzuregen. Profiteure könnten demnach neben der Wohnungsbranche auch die Finanzindustrie, der Konsumsektor und nicht zuletzt die Stahlindustrie und ausländische Eisenerzlieferanten wie Rio Tinto und BHP sein. Die chinesische Regierung will 2024 ein Wirtschaftswachstum von +5,0 % erzielen und wird daher wohl kaum umhinkommen, weitere fiskalpolitische Kapazitäten anzuzapfen.

Eisenerz: Achten Sie unbedingt auch auf Indien

Wichtig für Sie als Anleger: Gerade bezüglich des Eisenerzpreises ist längst nicht nur Chinas Konjunktur interessant. Auch Indien sollten Sie definitiv auf dem Schirm haben. Der nach Einwohnern inzwischen größte Staat der Welt war prozentual zuletzt deutlich stärker gewachsen als China.

Nun gibt es Meldungen aus Indien, wonach große Stahlkonzerne wie JSW und Tata voraussichtlich Milliardensummen in einen Produktionsausbau investieren werden, um der steigenden Inlandsnachfrage gerecht zu werden. Allein Tata Steel will demnach seine Kapazität um +24 % auf 26 Millionen Tonnen pro Jahr ausbauen. Bei JSW Steel sollen es gar +40 % auf 38,5 Millionen Tonnen sein.

Die höheren Stahlkapazitäten sind eine Folge des Baubooms in Indien, der sich wiederum auf den steigenden Wohlstand und die erstarkende Mittelschicht zurückführen lässt. Dadurch steigt die Nachfrage nach größeren und moderneren Immobilien sowie das Bedürfnis, die Bewohneranzahl pro Wohneinheit zu verringern. Allein zwischen April 2023 und Januar 2024 stieg die Stahlnachfrage in Indien um +14,5 %.

Mein Fazit für Sie

Nach der erfreulichen Entwicklung im zweiten Halbjahr 2023 lief der Eisenerzpreis 2024 bislang eher enttäuschend. Meiner Meinung nach war die Abwertung aber einigermaßen übertrieben. Im Optimalfall stellen die Rücksetzer seit Jahresbeginn lediglich eine kurzfristige Korrektur dar, die alsbald in nachhaltige Aufwärtsschübe münzen könnten.

Was dafür spricht sind die beachtliche Entwicklung der Industrieproduktion in China, das trotz aller Widerstände gute Konsumumfeld in der Volksrepublik und nicht zuletzt die vielfach unterschätzte Wirtschaftsstärke Indiens. Der größte Risikofaktor bleibt der chinesische Immobiliensektor. Im Worst Case könnten auch mögliche neue Stimuli nicht ausreichen, um die Branche wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Als Anleger etwa von Rio Tinto sollten Sie diese Chancen und Risiken im Hinterkopf behalten.