Ölkonzern beugt sich der Politik: Das müssen Sie wissen!

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Wollen Sie in den Ölsektor investieren, dann ist Petrobras (Petróleo Brasileiro S.A.) sicherlich eine der interessantesten Aktien, zumindest auf den ersten Blick. Denn: Der brasilianische Big Player ist an der Börse relativ günstig bewertet und schüttet nach wie vor eine solide Dividende aus. Umso gespannter blickte die Börse in den letzten Tagen auf die Meldungen aus Rio de Janeiro.

Petrobras: Wie Präsident Lula den Ölkonzern unter Druck setzt

Das Management von Petrobras hat nämlich endlich einen Investitionsplan für die Jahre 2024 bis 2028 veröffentlicht. Ganz unproblematisch war das Ganze aber nicht. Denn wieder einmal hat sich gezeigt, wie enorm der politische Einfluss auf das Unternehmen ist. Der brasilianische Staat hält eine knappe Mehrheitsbeteiligung an dem Ölkonzern und ist damit der eigentliche Taktgeber des Managements.

Petrobras-Chef Jean Paul Prates hatte Brasiliens linksgerichtetem Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva (Lula) bereits vor einigen Wochen einen Entwurf zu den geplanten Investitionen vorgelegt. Doch der mächtige Politiker zeigte sich daraufhin laut Medienberichten verärgert und forderte von Prates eine Neujustierung der Strategie.

Heißt: Petrobras solle nach Meinung von Lula mehr investieren als im ursprünglichen Plan dargelegt war. Dadurch soll mehr Geld in die heimische Wirtschaft fließen, was letztlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen soll.

Zudem rief Lula den Petrobras-Boss dazu auf, die Fertigstellung einer Düngemittelfabrik zu beschleunigen, mehr Geld in den Schiffsbau zu investieren, weniger Assets zu verkaufen und nicht zuletzt heimische Unternehmen als Zulieferer zu bevorzugen. Das Kalkül: Der Politiker will den Wählern rechtzeitig zur Präsidentschaftswahl 2026 öffentlichkeitswirksame Erfolge vorweisen und nutzt Petrobras hierfür offenbar als Erfüllungsgehilfen.

Mehr Investitionen: Petrobras beugt sich

Der Druck auf Jean Paul Prates, dessen mögliche Entlassung zeitweise gar kolportiert wurde, hat jedenfalls Wirkung gezeigt. Der neue, am Donnerstag veröffentlichte Investitionsplan dürfte mehr dem Geschmack von Lula entsprechen. Demnach will Petrobras zwischen 2024 und 2028 insgesamt umgerechnet 102 Milliarden US-Dollar investieren.

Das ist ein Plus von 31 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Investitionsplan für die Jahre 2023 bis 2027.

Konkret will Petrobras mehr Geld unter anderem in die Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas investieren. Etwa 72 Prozent der Ausgaben sollen auf diesen Bereich entfallen. Dadurch soll die Produktion von 2,8 Millionen Barrel pro Tag (boed) im Jahr 2024 auf 3,2 Millionen im Jahr 2028 ansteigen.

Für den Konzern besonders interessant ist ein vielversprechendes Öl- und Gasfeld am Äquatorrand in der Nähe des Amazonas. Allein in diese Exploration sollen 3,1 Milliarden US-Dollar fließen.

Interessant ist auch, dass Petrobras der Forderung Lulas bezüglich der Düngemittel-Assets entsprochen hat. Demnach soll eine stillgelegte Anlage reaktiviert und eine zweite neu gebaut werden. Dadurch sollen jede Menge Arbeitsplätze geschaffen werden.

Hinsichtlich der grünen Transformation zeigte sich der Ölkonzern indes ebenfalls ausgabenbereit. So sollen in kohlenstoffarme Initiativen nun 11,5 Milliarden Dollar investiert werden. Zuvor hatte Petrobras für solche Projekte nur die Hälfte veranschlagt. Präsident Lula hatte bereits im Wahlkampf gefordert, dass sich Petrobras mehr für die Nachhaltigkeit einsetzen müsse.

Zu den nun anvisierten Projekten zählen beispielsweise die Bioraffination, die CO2-Abscheidung, der Aufbau von Wind- und Solarkapazitäten und nicht zuletzt der grüne Wasserstoff. Bis 2028 sollen die grünen Investitionen etwa 16 Prozent der jährlichen Gesamtausgaben des Ölkonzerns ausmachen.

Das wäre zwar weniger als zum Beispiel europäische Konkurrenten wie BP forcieren, für Petrobras aber allemal ein großer Schritt.

Und was heißt das alles jetzt für Sie als Anleger?

Dass Petrobras mehr in Zukunftswachstum investiert, ist auf den ersten Blick sicherlich erfreulich. Doch das Ganze hat auch seine Schattenseiten. Erstens: Der Ölkonzern nimmt dadurch das Risiko in Kauf, seinen Schuldenberg zu vergrößern.

Zweitens: Die höheren Ausgaben und Schulden könnten die Dividendenfähigkeit des Unternehmens belasten, vor allem wenn der Öl- und Gaspreis schwächeln sollte. 2023 hatte Petrobras bereits – ebenfalls auf Ansinnen des brasilianischen Präsidenten – eine Kürzung der Ausschüttungen durchgeführt.

Demnach müssen die Quartalsdividenden seither „nur noch“ bei mindestens 45 Prozent des Free Cashflow liegen. Zuvor waren es mindestens 60 Prozent gewesen. Das Management jedenfalls hat die neue Untergrenze zuletzt schon ausgenutzt.

Klar: Selbst nach dieser Änderung bleiben die Dividenden im Vergleich zu anderen Ölkonzernen hoch. Doch die Börse befürchtet nun, dass auch jenes reduzierte Niveau angesichts des Investitionsturbos nicht mehr gehalten werden könnte.

Drittens: Der Kapitalmarkt ist traditionell nicht begeistert, wenn der Staat sich in das Management von Konzernen einmischt. Das gilt für Petrobras umso mehr. Denn hier kollidieren zwei Interessensgruppe besonders stark – die Verbraucher und die (privaten) Aktionäre.

Unter anderem die hohen Margen etwa bei Autokraftstoffen ließen die Gewinne von Petrobras im letzten Jahr durch die Decke schießen, wie Sie in der Grafik sehen können:

Ein Bild, das Screenshot, Text enthält.Automatisch generierte Beschreibung

Quelle: www.aktienscreener.com

Und auch in den ersten neun Monaten 2023 ging die Geschäftsentwicklung stark weiter – wenngleich nicht ganz auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Kritiker in Brasilien sehen den Konzern daher als übermäßigen Profiteur und fordern eine staatlich durchgesetzte Reduzierung der Kraftstoffpreise, damit die Lebenshaltungskosten der Bevölkerung wieder sinken können.

Zuletzt hatte gar der brasilianische Energieminister eine solche Forderung geäußert. Den Verbrauchern würde das sicherlich zugutekommen, den Aktionären, die auf eine Maximierung der Gewinnmargen aus sind, freilich nicht.

Mein Fazit für Sie

Als Anleger sollten Sie bei der Petrobras-Aktie also sehr vorsichtig sein. Auf den ersten Blick mag der Titel interessant und lukrativ erscheinen. Doch der Einfluss der Politik schwebt meiner Meinung nach wie ein Damoklesschwert über der Aktie, was jederzeit zu Kursverlusten führen kann.