Bizarre Aktiennamen

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Dutzende Broker und Trader eilen mit ernsten und besorgten Mienen übers Parkett und schließen Millionendeals ab. Doch immer wieder schleichen sich Aktiennamen ein, die auch den seriösesten Aktionär zum Schmunzeln bringen.

Eine Bulldoggen-Aktie und ein Bach für verrückte Frauen? Wir stellen die musikalischsten, animalischsten, pessimistischsten, übermütigsten, zukunftsweisendsten, esoterischsten, erotischsten, lustigsten und viele andere Wertpapierbezeichnungen der Welt vor.

DIE PSYCHOLOGIE DER BÖRSE

So unseriös es auch klingen mag: Besonders wohlklingende Aktiennamen haben mehr Erfolg an der Börse. Denn so ernst die Börsenwelt auch ist, Börsianer und Anleger sind immer noch Menschen und schon kleinste Nuancen können bei der menschlichen Entscheidungsfindung eine große Rolle spielen.

Studien belegen darüber hinaus die zentrale Bedeutung des ersten Eindrucks bei der Wahrnehmung von Geschriebenem und die enge Verbindung von Gedächtnis und Emotion.

Besonders gut klingende, vielaussagende, emotionale, interessante, assoziative oder lustige Aktiennamen können also – im Gegensatz zu trockenen Nachnamenkombinationen und unverständlichen Akronymen – einen entscheidenden, intuitiven Vorteil haben. Diese Erkenntnis nehmen sich immer mehr Unternehmen zu Herzen. Das Ergebnis: Allerlei skurrile Börsenkreationen.

DIE LUSTIGEN

Es gibt Aktiennamen, die zwar ernst gemeint, aber einfach nur zum Lachen sind. Die Crazy Woman Creek Bancorp Inc. ist so ein Beispiel. Während sich der Unternehmensalltag um seriöse Bankgeschäfte dreht, verdrehen global Aktionäre beim ersten Kontakt mit dieser Firma wohl eher die Augen. Doch zu unrecht! Der „Crazy Woman Creek“ (zu Deutsch: „Bach der verrückten Frau“) existiert nämlich tatsächlich im US-Bundesstaat Wyoming.

Die Hooker Furniture Corp (zu Deutsch, nett formuliert: Prostituierten Möbel Gesellschaft) bietet der Website zufolge „Möbel für jeden Lifestyle“ , hat allerdings rein gar nichts mit dem Erotikgeschäft zu tun. Hier wollte wohl jemand einfach nur auf sich aufmerksam machen.

Die Moshi Moshi Hotline Aktie sorgt vor allem hierzulande für nach oben schnellende Mundwinkel. Während „Moshi Moshi“ in Japan eine normale, höfliche Telefonbegrüßung ist, hat sich der Begriff hierzulande, vorwiegend auf Grund des ungewöhnlichen Klanges, zu einer Art Trendwort entwickelt.

Auch Rapunzel Naturkost, Bull-Dog Tonkatsu Sauce (zu Deutsch: Bulldoggen Tonkatsu Soße) und Peabodys Coffee (zu Deutsch: Erbsenkörper Kaffee) sind nicht gerade Einleitungen zu seriösen Börsengesprächen.

DIE PESSIMISTISCHEN

Die Schwarz Pharma AG sah wohl schon 1946 bei der Namensgebung ihr eigenes Schicksal voraus. 2006 wurde die Firma weitestgehend von UCB übernommen. Auch bei Exodus Communications war der Name (Exodus steht für Auszug) leider Programm und das Unternehmen verabschiedete sich im Jahr 2001.

Was die Entsorgungsfirma Lösch Umweltschutz AG den Händlern mit dieser seltsamen Wörterkombination wohl mitzuteilen beabsichtigte? Dass sie erst den Umweltschutz, und dann sich selbst zugrunde richten würden? Letzteres taten sie in den 90ern durch betrügerische Manipulation und dem an die Ermittlungen anschließenden Konkurs. Der Endemann-Aktiengesellschaft erging es ohne Börsenskandal leider genauso.

DIE MUSIKALISCHEN

Die Amadeus FiRe AG ist eine Personal-Dienstleister-Firma, die rein gar nichts mit Musik am Hut hat – außer, dass sie der IT-Beratung eine persönliche Note zu geben versucht.

Mittlerweile verabschiedet hat sich die SWING Entert Media AG, die 2001 an die Börse ging und nur zwei Jahre später die Segel streichen musste. Die Firma hatte in ihrer kurzen Existenz von lediglich fünf Jahren PC- und Konsolenspiele hergestellt und kam trotz ihrer locker-musikalischen Namensgebung nie richtig in Schwung.

DIE EROTISCHE

Sex sells! Die Love & Play Aktie ist eine Anlaufstation für einsame Börsianer. Hat es einen beim Aktiengeschäft gerade besonders schwer erwischt, kann man sich mit dem Kauf dieser lustvollen Wertpapiere wieder in Stimmung bringen.

Eines kann man den Namensgebern dieses Erotik-Unternehmens jedenfalls nicht vorwerfen: die Vorspiegelung falscher Tatsachen.

DIE ANIMALISCHEN

Loewe-Aktie wertlos!“ , schrie das ARD-Börsenmagazin Ende März in die Welt hinaus. Der als Wildkatze getarnte TV-Gerätehersteller ging insolvent und Aktionäre bangten um ihr Geld. Doch im April die Entwarnung: Loewe konnte gerettet werden und das wilde Börsenspiel in die nächste Runde gehen. Auch die geheimnisvolle Raubkatze Puma hat derzeit Grund zur Sorge. Greenpeace entdeckte Chemikalien in den WM-Produkten und könnte damit der Aktie nachhaltig schaden.

Die Bezeichnungen des Golfschlägerhersteller Snake Eyes Golf Clubs Inc, des Unterwassertechnik-Herstellers Coda Octopus Group und des Systemhauses Haitec decken sich zumindest ein wenig mit ihrem Aufgabengebiet. Nach einem zehn Jahre langen Rechtsstreit mit der Nürnberger Heitec AG musste sich die Münchner Haitec AG übrigens umbenennen und als KPS AG ihr Börsendasein weiterführen – hoffentlich ohne an Biss zu verlieren. Crazy Horse Resources schließlich hat nichts mit irren Pferden zu tun, sondern mit Gold- und Kupferbergbau – wie soll es auch sonst sein?

DIE ALTEN LATEINER

Die lateinischen Börsenvertreter wollen oder wollten uns zumindest verbal keinen Bären aufbinden. Die Maternus-Kliniken AG bietet mütterliche (= lat. „maternus“) Pflege in Kliniken und Seniorenheimen an.

Die inzwischen insolvente Refugium Holding AG bot Rentnern im Alter einen „Zufluchtsort“ (= lat. „refugium“) in Altersheimen und die Plenum AG (= lat. „vollzählige Versammlung“) versucht mit einer Loyalitäts-Maxime als Beratungsfirma team- und partnerschaftsorientiert aktiv zu werden.

DIE KÜNSTLER

Das kanadische Unternehmen POET Technologies (ehemals OPEL Technologies) sieht sich laut Firmenprofil selbst als Zukunft der Halbleiterchips aus Galliumarsenid und wollte wohl einfach nur „cooler“ heißen.

Auch die The Mosaic Co Aktien stehen nicht für Kunst, sondern sind in der Lebensmittelindustrie verankert. Die Artnet AG wird ihrem Namen hingegen deutlich mehr gerecht, denn sie betreibt eine internationale Handelsplattform für den Kunstmarkt, inklusive Auktionen.

DIE SAISONALE

Die November Aktien haben ihren Erschaffern zufolge überhaupt nichts mit den düsteren, regnerischen Wetterverhältnissen dieses Monats zu tun. Die Schweizer Beratungsfirma bietet vielmehr Projektleitung an – zu allen Jahreszeiten.

DIE ITALIENISCHEN PIZZERIAS

Ricardo- und Celanese Aktien machen Lust auf italienisches Essen! Der Appetit vergeht einem allerdings schnell bei näherer Recherche: Celanese ist ein US-Chemieunternehmen und die Ricardo-Gruppe betreibt E-Commerce.

DIE ZUKUNFTSWEISER

Wörter und Wortteile der Zukunftsbranchen (Inter-, Data-, Tec-, Cyber-, Bio- etc.) zeigen Wandel und Innovation – und diese sind oft eng mit Erfolg verknüpft. Denn ganz ohne Hintergrundinformation wird intuitiv aus den Wortteilen klar, was hier angeboten wird: die Technologie der Zukunft.

So punkten und punkteten die Firmen Evotec, Secunet, Biodata, Computec, freenet, MorphoSys, Visionix, und Tomorrow Focus auf Anhieb, stießen allerdings auf eine immer größer werdende Konkurrenz. Schließlich dürfte es unter Börsianern kein Geheimnis mehr sein, dass gelungene Aktien- und Firmennamen in manchen Fällen schon die halbe Miete sind.

DIE ÜBERMÜTIGEN

Manche Firmen neigen auch gerne zu geringer bis grandioser Selbstüberschätzung und geben sich unbesiegbar anmutende Namen. Beispiele gefällig? Gigabell und Gold-Zack nahmen sich viel vor und scheiterten kläglich. The Fantastic Company, Cenit, Highlight, Brilliant und Edel hingegen fielen ihrem Übermut noch nicht zum Opfer.

DIE VERKÜRZTEN

Was bitte können wir uns unter Airbus Group Aandelen op naam EO 1 vorstellen? Diese für Deutsche unverständliche Aktienendung steht für eine Namensaktie, die einen Nennwert von einem Euro besitzt („aandelen“ ist holländisch für „Aktien“).

Die Endung Aandelen aan tonder – oder im französischen Raum Actions au porteur – hingegen bedeutet Inhaberaktie, das heißt, der Besitzer wird namentlich in kein Register aufgenommen.

Wer in der Börsenwelt auf Cert.v.aandelen bzw. Certificaat van aandelen stößt, weiß ab jetzt, dass es sich um eine Vorzugsaktie handelt, bei der die Besitzer kein Stimmrecht haben. Der ING-Bankkonzern bietet beispielsweise diese Art Aktien an.

DIE ESOTERISCHE

Die Wünsche AG versprach Aktionären endlich alles, wonach sie sich sehnten. Doch die Textilfirma musste Insolvenz beantragen und verschwand 2002 vom Börsenparkett. Unerfüllte Wünsche sollen bekanntlich die schönsten sein.

EIN BISSCHEN SPAß MUSS SEIN – AUCH AN DER BÖRSE

„Beim Denken ans Vermögen, leidet oft das Denkvermögen“, würde Kabarettist Karl Farkas wohl zu diesen teils bizarren Namenskreationen sagen. Doch wer weiß, vielleicht liegt in unserer heutigen Spaßgesellschaft der Gewinn tatsächlich im amüsanten Unsinn. Zumindest ringen solche Bezeichnungen den ernsten Männern und Frauen in Anzügen ab und an ein kleines Lächeln ab – und bringen Schwung in das trockene Handeln mit Wertpapieren.