Handel mit US-Derivaten in Europa wird eingeschränkt

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Als Anleger müssen Sie sich ab sofort darauf einstellen, dass der Handel mit derivativen Finanzinstrumenten auf US-Basiswerte nur noch eingeschränkt möglich sein wird.

Ursache dafür ist eine Erweiterung der bestehenden Regelungen zur US-Quellensteuer durch das US-Finanzministerium (Verordnungen zu Section 871(m) des US-amerikanischen Steuergesetzbuches). Danach gilt die US-Quellensteuerpflicht nun auch für sogenannte Dividendenersatzzahlungen („dividend equivalent payments“) von US-Papieren.

Alle US-Derivate mit Dividendenzahlungen betroffen

Betroffen sind auch sämtliche derivativen Finanzinstrumente, deren Wertentwicklung sich an einem US-Basiswert orientiert. Also unter anderem CFDs, Swaps, Optionen, Futures und strukturierte Finanzprodukte wie z.B. Zertifikate, Optionsscheine, Aktienanleihen und ähnliche Produkte.

Also eigentlich alles, sofern während der Laufzeit des Derivats eine Dividende gezahlt wird und diese Dividendenzahlung den Preis des Derivats beeinflusst.

Ab 1. Januar 2017 wird die Quellensteuer lediglich auf Produkte angewandt, die ein Delta (Hebel) von mindestens 1 aufweisen.  Ab 1. Januar 2018 gilt die Regelung dann für alle Derivate mit US-Aktien mit einem Delta von mindestens 0,8.

Zwischenfrage: Bei Hebelprodukten schwankt das Delta immer. Fällen dann bestimmte Papiere mal unter die Regelung und dann wieder raus?

Regelung seit Neujahr in Kraft, Umsetzung völlig unklar

Ganz im Stil der grandios gescheiterten „Obamacare“ ist auch hier wieder Dilettantismus der Maßstab: Es gibt keine Umsetzungs-Regelungen, die Bestimmungen sind sehr komplex/ bürokratisch, viele Fragen sind völlig ungeklärt.

Dennoch ist die neue Quellensteuerpflicht seit dem 1. Januar 2017 in Kraft (Bestände, die vor dem 1. Januar 2017 aufgebaut wurden, sind von der neuen Regelung nicht betroffen).

Hintergrund der Neuregelung ist offenbar die Befürchtung der US-Regierung, dass Nicht-US-Personen derivative Finanzinstrumente auf US-Aktien dazu einsetzen, US-Quellensteuern auf dort anfallende Dividenden zu vermeiden.

Derivate auf US-Einzelaktien sind bereits Mangelware

Aufgrund der kurzen Fristen und der ungeklärten Umsetzung sowie der umfangreichen Berichtspflichten der Emittenten und Depotbanken gegenüber dem US-Finanzministerium ist der Handel mit diesen Wertpapieren zu Jahresbeginn bereits deutlich eingeschränkt worden.

Wenn Sie beispielsweise ein Hebel-Papier auf Coca-Cola kaufen wollen, dann haben Sie ein Problem. Die meisten Emittenten stellen keine Brief-Kurse mehr (verkaufen diese Papiere also nicht mehr). Andere Emittenten bieten die Papiere zwar noch an, aber nur zu völlig überhöhten Spreads.

Bei Indexpapieren funktioniert der Handel hingegen noch. Ein Index-Hebelpapier auf den S&P 500 bekommen Sie immer noch günstig und bei nahezu allen Emittenten. Es ist davon auszugehen, dass der Handel mit den betroffenen Produkten wieder in vollem Umfang möglich sein wird, sobald es klare Umsetzungsregelungen gibt.

Wann dies der Fall sein wird, ist allerdings offen. Vor der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Trump am 20. Januar auf keinen Fall.

Das können Sie als Anleger tun

Im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA können deutsche Anleger von einer ermäßigten Quellensteuer profitieren. Diese muss (wie bisher bei US-Aktien auch) mit dem entsprechenden Formular beim Broker Ihres Vertrauens beantragt werden. Dann liegt die Quellensteuer statt bei 30% nur noch bei 0% für Zinsen und bei 15% für Dividenden.

Neben diesen steuerlichen Regelungen sollte Sie gerade jetzt verstärkt auf die Spreads von Derivaten auf US-Papiere achten und bei überteuerten Angeboten einfach auf den Trade verzichten. Ob die Neuregelung Auswirkungen auf den US-Aktienmarkt haben wird, ist noch offen.

Es dürfte sich ab heute (erster Handelstag in den USA) recht schnell zeigen. Ein Aktienmarkt, der von ausländischen Käufern zumindest auf der Derivateseite plötzlich links liegen gelassen wird, könnte Probleme bekommen.

In diesem Fall dürfte es jedoch zu einem raschen Einlenken der US-Behörden kommen. Immerhin hängen US-Wirtschaft und -Konsum stark am Tropf der US-Börsen.