Derivate: Hebelprodukte erklärt

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Derivate und Hebelprodukte polarisieren. Über kaum ein anderes Finanzinstrument herrscht heutzutage derart viel Verwirrung wie über Derivate bzw. Hebelprodukte (und oft werden diese Begriffe auch noch falsch verwendet…).

Auf der einen Seite wird der Begriff „Derivate“ immer wieder verteufelnd mit der Finanzkrise 2008/2009 in Verbindung gebracht. Andererseits werben jedoch zahlreiche Angehörige der Finanzindustrie (vor allem Online-Broker) mit dem gewaltigen Profitpotential von Hebelprodukten.

Aber was stimmt nun? Sind Derivate generell Teufelszeug? Oder gilt das nur für einen kleinen Teil? Wo ist der Unterschied zwischen Derivaten und Hebelprodukten? Und wo sind denn überhaupt Hebelprodukte erklärt – ohne Schönfärberei oder Alarmismus?

Hebelprodukte als Sorte von Derivaten – was genau sind Derivate?

Der Begriff Hebelprodukte ist einfach erklärt: Bei Hebelprodukten handelt es sich um eine Sorte von Derivaten. Als Derivate wiederum werden alle Papiere bezeichnet, deren Kursentwicklung von der Preisentwicklung eines anderen Papiers, beispielsweise einer Aktie abhängig ist. Dabei muss nicht jedes Derivat ein Hebelprodukt sein, oft ist dies jedoch in der Praxis der Fall.

Die meisten Derivate werden von institutionellen Vollprofis gehandelt. Für Sie als Privatanleger bleiben in der Regel spezielle Gruppen von Hebelprodukten. Bekannte Vertreter sind hierbei CFDs, Optionsscheine und Zertifikate. Generell gilt: Derivate sind Werkzeuge. Es hängt vom Nutzer ab, ob damit Schaden oder Gewinn verursacht wird!

Wie der Name Hebelprodukte fast schon selbst erklärt, haben alle oben genannten Produkte für Privatanleger einen Hebel. Dies bedeutet, dass Sie mit einem derartigen Produkt weitaus mehr Kapital an den Märkten bewegen können, als Sie selbst an Geld für den Kauf des Hebelprodukts eingesetzt haben (Aber Vorsicht: der Hebel wirkt natürlich in beide Richtungen. Doch dazu später mehr).

Was hier vielleicht theoretisch klingt, ist an einem bildhaften Beispiel für Hebelprodukte einfach erklärt:

Hebelprodukte erklärt: Beispiele aus der Praxis

Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Haus kaufen, das aktuell gerade 500.000 Euro kostet. Sie sind sich noch nicht ganz sicher und kaufen daher erst einmal eine Kaufoption für diesen Preis mit einer Laufzeit von 12 Monaten. Für 12 Monate ist Ihnen nun der Kaufpreis von 500.000 Euro garantiert. Als Optionsprämie zahlen Sie hierfür 20.000 Euro.

12 Monate später haben Sie Ihre Entscheidung getroffen und möchten das Haus kaufen. Das Haus ist jedoch aufgrund neuer Ausbau- und Entwicklungsmaßnahmen, und aufgrund eines wirtschaftlichen Booms in der Region im Preis gestiegen und kostet nun 560.000 Euro. Ihnen steht jedoch die Option zur Verfügung, für 500.000 Euro + 20.000 Euro Optionsprämie zu kaufen.

Durch den Einsatz von 20.000 Euro (diese hätten Sie verloren, wenn das Haus im Wert gefallen wäre), konnten Sie also einen Gewinn von 40.000 Euro einstreichen. Ihr persönliches „Hebelprodukt“ entstand in diesem Beispiel dadurch, dass Sie nicht das volle Geld für den Hauspreis einschießen mussten, sondern lediglich eine Sicherungsleistung hinterlegten.

Ähnlich funktioniert die Sache für Hebelprodukte wie CFDs, Zertifikaten, Optionsscheinen, etc.

Betrachten wir einmal einen CFD (engl. „contract for difference“) als Beispiel.

Je nach Basiswert, auf den sich ein CFD bezieht, sind hierfür verschiedene Sicherungsleistungen (engl. „margin“) nötig. Nehmen wir einmal an, wir wollten 100 Differenzkontrakte auf einen DAX-Wert handeln und müssten 5 % Sicherungsleistung hinterlegen.

Würde unsere Aktie also 100 Euro kosten, wäre der Gesamtpreis der Position bei 10.000 Euro. Wir müssen jedoch nur 5 % dieser Summe hinterlegen (also 500 Euro), den Rest leiht uns der Broker.

Steigt nun die Aktie um 5 %, so liegt der Positionswert bei 10.500 Euro und wir haben 500 Euro Gewinn erzielt. Unser Einsatz lag aber selbst nur bei 500 Euro (ganz ähnlich wie beim obigen Beispiel mit dem Haus; auch dort wurde nur ein Teil des Kaufpreises hinterlegt), also beträgt die Rendite 100 %. Hieraus lässt sich erkennen, dass unser CFD mit einem Hebel von 20 ausgestattet ist.

Selbstverständlich wirkt dieser Hebel in beide Richtungen. Und hier kommt die zweite Eigenheit der Hebelprodukte ins Spiel. Bei starken Einbrüchen des Kurses kommt es bei manchen Produkten ggf. zur Nachschusspflicht, wenn man nicht vernünftig mit derartigen Hebelprodukten umgeht und die Reißleine schnell genug zieht.

Das heißt: Sie können mit Hebelprodukten auch mehr Geld verlieren, als Sie überhaupt angelegt haben, wenn Sie sich nicht an die Spielregeln halten. Diese sind jedoch keinesfalls derart komplex, dass man sich als Privatanleger von Hebelprodukten komplett fernhalten muss.

Auch gibt es ja zahlreiche Produkte, bei denen Nachschusspflichten erst gar nicht entstehen können. Entscheidend ist somit viel mehr, dass Sie sich im Vorfeld genau informieren und wissen, was Sie tun.

Übersicht der gängigsten Hebelprodukte

Hebelprodukte mit Nachschusspflicht sind z.B.:

  • CFDs
  • Optionen, die „nackt“ short gehalten werden bzw. ohne sonstige Deckung
  • FOREX-Kontrakte

Hebelprodukte ohne Nachschusspflicht:

  • So gut wie alle Zertifikate für Privatanleger in Deutschland
  • Optionsscheine
  • Optionen, die long gehalten werden

Bei einem Hebelprodukt handelt es sich also um ein Produkt, welches Ihnen ermöglicht, mit kleinen Einsätzen große Summen an den Märkten zu bewegen. Je nach Können des Anwenders, kann dies zu sehr schnellem Wohlstand führen oder eben das eigene Konto negativ treffen, wenn unvernünftig damit umgegangen wird.