Wirtschaftstheorien Teil 6: Auflösung des Wertparadoxons

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Heute wollen wir mit unserer Wirtschaftstheorien-Reihe weiter verfahren – mit Gossen und der Auflösung des Wertparadoxons.

Wir haben uns den Grenznutzen in Abhängigkeit vom Preis der Güter angesehen. Wichtig hierbei: die Grenznutzen, die ich gewählt habe, sind frei gewählt und entsprechen meiner persönlichen “Vorliebe”. Hier die von mir gewählten Grenznutzen und selbige in Abhängigkeit vom Preis:

MengeDiamant-splitter (D) Grenz-nutzen (GD)GD/ Preis (1 Diamant-splitter: 10 Euro)Kuchen (K) Grenz-nutzen (GK)GK/Preis (1 Stück Kuchen: 4 Euro)Wasser (W) Grenz-nutzen (GW)GW/Preis (1 Glas Wasser: 1 Euro)
15052461010
2454,520555
3353,58233
420,20011

Wir haben 20 Euro zur Verfügung und wollen Diamanten, Kuchen und Wasser kaufen (1 Diamantsplitter 10 Euro; 1 Stück Kuchen 4 Euro; 1 Glas Wasser 1 Euro). Wir erreichen unser Haushaltsmaximum (teilen unsere 20 Euro optimal auf), wenn wir 1 Diamantsplitter, 2 Stück Kuchen und 2 Glas Wasser kaufen. Hier ist der Grenznutzen der letzten genutzten Einheit gleich (bei 5).

Die ersten 4 Balken zeigen den Grenznutzen der ersten vier Einheiten Diamantsplitter, gewichtet am Preis, an. Die zweiten 4 Balken zeigen den Grenznutzen der ersten vier Einheiten Kuchen, gewichtet am Preis, an. Die dritten 4 Balken zeigen den Grenznutzen der ersten vier Einheiten Wasser, gewichtet am Preis, an.

Das Ende des Wertparadoxons nach Gossen

In unserem Haushaltsnutzenmaximum (in optimaler Nutzung) hätten wir 1 Diamantsplitter, 2 Stück Kuchen und 2 Glas Wasser gekauft. Hierbei wäre der Grenznutzen der einzelnen Güter, gewichtet am Preis, bei 5 jeweils gleich. Der Grenznutzen der letzten von uns verbrauchten Einheit Diamantsplitter (Menge 1), ist gleich dem Grenznutzen der letzten von uns verbrauchten Einheit Kuchen (Menge 2) und ist gleich dem Grenznutzen der letzten von uns verbrauchten Einheit Wasser (Menge 2).

An diesem Punkt könnte man also sagen, die Güter unterscheiden sich im Grunde nicht. Und an diesem Punkt löst sich das Wertparadoxon auf. Sehen wir uns das genauer an. Was besagt das klassische Wertparadoxon?

“Nichts ist brauchbarer als Wasser, aber man kann kaum etwas dafür erhalten; man kann fast nichts dafür eintauschen. Dagegen hat ein Diamant kaum einen Gebrauchswert, und doch ist oft eine Menge anderer Güter dafür im Tausch zu haben.” (klassisches Wasser-Diamant-Paradoxon)

Der Knackpunkt ist, dass der Wert eines Gutes nicht von seiner Gesamtmenge abhängt, sondern von dem Wert, den wir dem Gut beimessen. Wertbestimmend ist der Nutzen der letzten Einheit. Anders gesagt: Kurz vorm Verdursten in der Wüste ist uns ein Diamant egal, während wir einem Glas Wasser einen ungeheuren Wert beimessen. Wir würden die britischen Kronjuwelen gegen ein Glas Wasser eintauschen. Es kommt nicht mehr darauf an, dass Diamanten generell selten sind, sondern dass 1 Glas Wasser in dieser Situation einen höheren Wert für uns hat und einen höheren Nutzen erfüllt, als 1 Sack voll Diamanten.

Eigentlich beschreibt Gossen gesunden Menschenverstand, löst aber als erster das Wertparadoxon mit Hilfe mathematischer Formeln auf, indem er deutlich macht, dass Tausch- und Gebrauchswert (z.B. Diamanten gegen Wasser) sich nicht unterscheiden. Dabei kommt es nicht auf die Menge an, sondern auf den individuellen Grenznutzen. Der Wert, den wir einem Gut beimessen, hängt von dem bestimmbaren Nutzen der letzten Einheit ab.

Damit hat Gossen, durch die Auflösung des Wertparadoxons, die Theorien revolutioniert.

Allerdings gibt es hierbei ein Problem. Das Problem besteht nicht mehr darin, den Wert eines Gutes zu bestimmen, dieser hängt von den Nutzenvorstellungen eines Individuums ab. Das Problem besteht darin, diese Nutzenvorstellungen objektiv zu messen. Vor allem wenn man das Ganze auf den Markt übertragen will, wo es verschiedene Wahrheiten, Meinungen oder Vorstellungen gibt. Mit dieser Überlegung möchte ich mich in der kommenden Ausgabe beschäftigen.