Innogy Aktie am Limit

Inhaltsverzeichnis

Es dürfte eine interessante Veranstaltung werden am heutigen 24. April in der Essener Grugahalle: Dort findet die Hauptversammlung von Innogy statt, der RWE-Tochter, die wohl in Kürze mehrheitlich ausgerechnet an den Erzrivalen Eon verkauft werden soll.

Noch ist völlig unklar, ob das Unternehmen oder zumindest die Marke als solche künftig bestehen bleiben wird, oder ob die Geschäfte wieder ganz in Eon und RWE aufgehen werden. Fest steht jedoch, dass sich die beiden großen Energiekonzerne mit ihrem im März überraschend bekanntgegebenen Mega-Deal neu positionieren werden – vorausgesetzt, er kommt so zustande, wie man sich das in den Konzernzentralen vorgestellt hat, denn neuerdings mischt ein dritter Player mit im Übernahmepoker rund um Innogy.

Ungleiche Bewältigungsstrategien

Doch der Reihe nach: Im Zuge der Energiewende, beschlossen vom schwarz-gelben Bundeskabinett Merkel II, gerieten Eon und RWE bekanntlich massiv unter Druck. Gleich mehrere Atommeiler mussten kurzfristig vom Netz genommen werden, jahrelang wurde prozessiert, die Aktienkurse beider Konzerne stürzten ins Bodenlose.

Schließlich reagierten beide Unternehmen mit tiefgreifenden Umbaumaßnahmen: Eon gliederte seine Geschäftsfelder Kernenergie und fossile Energien aus in die 2016 neu gegründete Tochter Uniper und behielt die erneuerbaren Energien sowie das Netzgeschäft. Anfang 2018 trennte sich Eon von seinen verbliebenen Uniper-Anteilen, die an das finnische Energieunternehmen Fortum gingen. RWE verfolgte seinerseits die umgekehrte Strategie: Ausgegliedert wurden das Netzgeschäft und die erneuerbaren Energien, beides wurde gebündelt in der ebenfalls 2016 gegründeten Tochter Innogy.

Neuordnung des Energiemarktes

Und nun, gerade einmal zwei Jahre später, haben sich die Vorstände von Eon und RWE hinter den Kulissen und für viele überraschend auf eine grundlegende Neuausrichtung verständigt, bei der die Aufteilung der Innogy-Geschäfte im Mittelpunkt steht.

So soll das Geschäft mit den erneuerbaren Energien künftig komplett RWE zufallen – übrigens nicht nur der Geschäftsbereich von Innogy, sondern auch der von Eon. Zugleich wird sich Eon den Plänen zufolge das Netzgeschäft einverleiben. Stromerzeugung auf der einen Seite und Vertrieb beziehungsweise Netzbetrieb auf der anderen Seite werden auf diese Weise vollständig voneinander getrennt – ein gänzlich neues Konzept, immerhin hatten beide Energieriesen zuvor jahrzehntelang jeweils den gesamten Wertschöpfungsprozess aus einer Hand angeboten.

Mega-Deal auf der Kippe?

Gefährdet werden könnte der Deal nun jedoch durch einen dritten Interessenten, der sich vor wenigen Tagen überraschend eingeschaltet hat und offenbar tschechische Strom- und Gasgeschäfte von Innogy übernehmen möchte. Medienberichten zufolge soll es sich dabei um die australische Investmentbank Macquarie handeln.

Ob die Absprache dadurch wirklich platzt, darf durchaus bezweifelt werden, immerhin hält RWE nach wie vor eine bequeme Stimmenmehrheit von über 75 Prozent an der Tochter Innogy. Möglicherweise könnte der Nebenbuhler jedoch etwa von Seiten der Arbeitnehmervertreter dazu genutzt werden, den Verhandlungsdruck zu erhöhen und beispielsweise Zugeständnisse in Sachen Arbeitsplatzgarantie zu erwirken.

Die Neuausrichtung des deutschen Energiemarktes, so sie denn gelingt, bietet gleichermaßen Chancen und Risiken und dürfte in den kommenden Jahren noch für einige Bewegung am hiesigen Energiemarkt sorgen, Konsolidierungseffekte inklusive.

Innogy Aktie am Limit – bei RWE und Eon geht noch was

Bei den Anlegern jedenfalls stieß die Nachricht auf positive Resonanz: Die Aktien von RWE und Eon schossen in die Höhe und kosten derzeit rund 21 beziehungsweise 9 Euro. Innogy Aktien notieren unterdessen in etwa auf dem Niveau der Eon-Offerte, die bei 40 Euro je Aktie liegt, wobei ein Teil in Dividendenform ausgezahlt werden soll.

Analysten raten daher mit Blick auf die Anteilsscheine von Innogy nur noch bestenfalls zum Halten der Aktie, während sie für die Papiere von Eon und RWE nach Bekanntwerden der Umbaupläne mehrheitlich Kaufempfehlungen aussprachen.

Die Kursziele bewegen sich dabei im Fall der Eon Aktie auf 10 Euro (UBS, Kepler Cheuvreux) bis 12,90 Euro (Commerzbank), während optimistisch gestimmte Analysten das Potenzial für die RWE Aktie auf 20,50 Euro (UBS) bis 27,50 Euro (Oddo Seydler Bank) beziffern.