Erdöl: Warum der Ölpreis wieder steigt

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Haben Sie sich auch gewundert, dass die Tankfüllung plötzlich wieder ein ganzes Stück teurer ausfiel, als man es monatelang gewohnt war?

Das lag, ganz banal gesprochen, am Ölpreis: Denn der ist zuletzt durch die Decke geschossen und hat den höchsten Stand seit Sommer 2015 erreicht. Mehr als 60 Dollar je Barrel werden für die Sorte Brent plötzlich wieder fällig, die US-Sorte WTI befindet sich mit rund 57 Dollar in ganz ähnlichen Sphären.

Doch was steckt dahinter? Bei der Entwicklung des Ölpreises kommt man nach wie vor nicht umhin, einen Blick auf die Golfregion zu werfen. Und dort hat es zuletzt kräftig rumort.

Politisches Beben im Libanon

Das erste Novemberwochenende war besonders ereignisreich. Für besonderes Aufsehen sorgte die überraschende Rücktrittserklärung des libanesischen Ministerpräsidenten Hariri, die dieser im saudi-arabischen Fernsehen verlas. Im Libanon zeigt man sich höchst irritiert über dieses Vorgehen, der Präsident forderte Hariri auf, zurückzukehren und ihm den Rücktritt persönlich zu erklären.

Hochbrisant wird die Angelegenheit vor allem dadurch, dass der saudische Kronprinz kurz darauf etliche hochrangige Politiker und auch Mitglieder der Königsfamilie verhaften ließ, um seine eigene Machtposition zu festigen. Hariri, der neben der libanesischen auch die saudi-arabische Staatsbürgerschaft besitzt, könnte sich Spekulationen zufolge ebenfalls unter den Inhaftierten befinden. Eine offizielle Bestätigung dieser Theorie gibt es bislang nicht, ein Dementi allerdings ebenso wenig. Im Libanon wiederum kämpfen Saudi Arabien und der Iran um Macht und politischen Einfluss.

Angriff auf Riad?

Mit der Verhaftungsaktion hat der saudische Kronprinz einen Großteil seiner Kritiker aus dem Weg geräumt. Zwar gilt er selbst als Befürworter des Opec-Deals, mit dem der Zusammenschluss der Öl exportierenden Staaten, Russland und weitere Länder im vergangenen Jahr beschlossen haben, ihre Ölproduktion zu drosseln, um dadurch die Preise zu stabilisieren.

Doch es schwingen auch Risiken und Unwägbarkeiten mit. Immerhin sind unter den Inhaftierten auch einflussreiche Geschäftsleute und Investoren – und der Kronprinz verfolgt auf mittelfristige Sicht die Agenda, die Wirtschaft seines Landes unabhängiger von den Ölexporten zu machen.

Im gleichen Zeitfenster hat es Berichten zufolge einen Raketenangriff auf Saudi Arabiens Hauptstadt Riad gegeben, der jedoch abgewehrt werden konnte. Als Urheber werden Rebellen im Jemen vermutet, der Vorfall bietet reichlich Zündstoff für  die ohnehin angespannte Lage in der Region.

Explosive Gemengelage

Diese politisch hochexplosive Gemengelage hat wesentlich dazu beigetragen, den Ölpreis in die Höhe zu treiben. Zudem steigt die Nervosität mit Blick auf Ende November: Dann kommen die Opec-Staaten zu ihrem nächsten turnusmäßigen Treffen zusammen. Es wird erwartet, dass sich die Organisation dann zu ihrer Beschlusslage hinsichtlich der gedrosselten Ölproduktion äußert, die bislang lediglich bis März 2018 Gültigkeit hat.

Ob man sich angesichts der jüngsten Verwerfungen weiterhin auf eine koordinierte gemeinsame Vorgehensweise wird verständigen können, steht aktuell in den Sternen. Sollte der Opec-Deal auseinanderfallen, könnte es für den Ölpreis wieder abwärts gehen – oder auch nicht, denn die Nachfrage ist hoch, die US-Lagerbestände sinken allmählich und sollte das Pulverfass in der Golfregion hochgehen, dürfte das den Ölpreis zusätzlich befeuern.