Gesamtkapitalrentabilität bei der Fundamentalanalyse

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Im Englischen wird die Gesamtkapitalrentabilität als return on assets (kurz: ROA) bezeichnet. Asset heißt übersetzt Vermögensgegenstand, steht auf der Aktivseite und nicht auf der Kapital- und Passivseite. Dies macht keinen Unterschied, da beide Seiten gleich groß sind. Bei der Berechnung greifen wir auf das Gesamtkapital zurück, welches dem Gesamtvermögen entspricht. Im Nenner der Berechnungsformel steht das Gesamtkapital. Im Zähler steht der Jahresüberschuss.

Zinsen erwirtschaftet und hinzuaddiert

Während der Jahresüberschuss den Eigenkapitalgebern zusteht, wird das Fremdkapital (vereinfacht gesprochen: Kredite) mit Zinsen vergütet. Die sind bei der Ermittlung des Jahresüberschusses zum Abzug gekommen und gezahlt.

Sie wurden mit der Geschäftstätigkeit erwirtschaftet und im Zähler hinzuaddiert. Nicht vollständig, denn die Zinsen mindern als Aufwand den Vorsteuergewinn und die Steuerlast. Deshalb muss man die Zinslast um den Steuerentlastungseffekt bereinigen, in dem man den Zinsaufwand mit dem Ausdruck (1 – Steuersatz) multipliziert.

Es ist genauer auf das durchschnittliche Gesamtkapital abzustellen. Man mittelt die Werte vom Ende des Vorjahres und dem Ende des aktuellen Jahres. An dieser Stelle gibt es einen interessanten analytischen und aus Sicht der Unternehmen strategischen Ansatzpunkt. Zu viel Eigenkapital ist nicht optimal. Zum einen ist es teurer, weil das höhere Risiko mit einer Prämie entgolten werden muss. Es gibt einen zweiten Grund: Es handelt sich um den Leverage-Effekt.

Leverage-Effekt – Erhöhung der Verschuldung kann Eigenkapitalrendite steigern

Leverage heißt Hebel und bedeutet, dass Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen durch die Aufnahme von Fremdkapital die Eigenkapitalrendite verbessern. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Gesamtkapitalrendite größer ist als die Fremdkapitalkosten. Die Fremdkapitalgeber erhalten als Vergütung den Zins, der Rest (der Gewinn) steht den Eigenkaptalgebern zu.

Nehmen wir an, die Voraussetzung für den Leverage-Effekt sind erfüllt, die Gesamtkapitalrendite liegt über dem Zins. Wenn das Unternehmen in diesem Fall mehr Fremdkapital aufnimmt, muss es den Zins entrichten, während die darüber hinaus erwirtschafteten Erträge an die Eigenkapitalgeber fließen. Durch die zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital haben sich die darüber hinaus erwirtschafteten Beträge in absoluten Zahlen gemessen vergrößert. Da das Eigenkapital konstant geblieben ist, erhöht sich die Eigenkapitalrendite.

Man kann den Effekt anders ausdrücken. Wenn die Fremdkapitalgeber die Zinsen erhalten, kann man die Zuwendung für die Eigenkapitalgeber als Differenz zwischen Gesamtkapitalrendite und Zinssatz, multipliziert mit dem Gesamtkapital ermitteln. Da sich dieses mit der unterstellten Aufnahme von zusätzlichen Fremdmitteln erhöht, vergrößert sich das Ergebnis des zuvor dargestellten Ausdrucks.

Die Praxis ist komplexer

Theoretisch ist dieser Effekt unzweifelhaft, basiert auf Annahmen, die in der Realität eingeschränkt gelten. Zum einen wird unterstellt, dass man bei der Ausweitung des Geschäftsvolumens durch die zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital die gleiche Gesamtkapitalrendite erzielt. In der Praxis ist es nicht möglich, eine z. B. 20 % höhere Produktionsmenge auch am Markt abzusetzen. Dieses Problem umgeht man, indem man das Geschäftsvolumen nicht vergrößert, sondern Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzt. Von der ursprünglichen Formel abweichend, verringert man damit das Eigenkapital.

Hier stört eine zweite implizite Annahme: Der Fremdkapitalzins bleibt bei zusätzlicher Kreditaufnahme konstant. Dies gilt eingeschränkt, ab einem gewissen Grad stößt die verringerte Eigenkapitalquote den Kreditgebern negativ auf. Eine zu geringe Quote erhöht deren Risiko, was sie mittels eines höheren Zinses vergütet haben wollen bzw. im Extremfall zu weiteren Krediten nicht mehr bereit sind.

Trotz der Einschränkungen hat der Zusammenhang grundsätzlich seine Gültigkeit. Eine maßvolle Erhöhung des Fremdkapitals ist aus Sicht des Aktionärs zweckdienlich. Sie muss gewährleisten, dass die genannten Effekte nicht zum Tragen kommen. Umgekehrt sollten Investoren hinterfragen, ob es sinnvoll ist, dass das Unternehmen mit einer weit überdurchschnittlichen Eigenkapitalquote arbeitet.