Tag der US-Entscheidung – So geht es jetzt an den Börsen weiter

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Nachdem das FBI in Sachen “E-Mail-Affäre“ am Wochenende Entwarnung gegeben hat, atmeten die Aktienmärkte weltweit zu Wochenbeginn erst einmal auf. Die Chancen für Hillary Clinton werden nun wieder höher geschätzt, als erste Frau in das Präsidenten-Amt der USA gewählt zu werden.

Gestern hatte der deutsche Leitindex DAX wegen der Hoffnung auf einen Wahlsieg der demokratischen Bewerberin um 1,9% auf 10.457 Punkte zugelegt.

Heute wird der 45. Präsident der USA gewählt

Die Wahlen in Übersee drängen seit Wochen schon alle anderen Themen in den Hintergrund. Heute geht es – endlich(!) – ans Eingemachte. An diesem Dienstag wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Im Vorfeld entschied Demokratin Hillary Clinton die drei TV-Duelle gegen Donald Trump für sich.

Wird Sie auch aus der finalen Phase als Siegerin hervorgehen? Oder werden wir ähnlich wie im Sommer beim Brexit-Entscheid eine Überraschung erleben? Denn spätestens seit dem Brexit-Votum wissen wir, dass man Umfrageergebnissen nicht bedingungslos vertrauen darf.

Was passiert, wenn Clinton das Rennen macht, was, wenn “Investorenschreck“ Donald Trump als neuer Präsident in das Weiße Hause einzieht? Kurz vor der Entscheidung habe ich für Sie noch einmal die wichtigsten Informationen dazu zusammengefasst.

Hintergrundinfo: So läuft die US-Wahl ab

Wussten Sie, dass sich die USA über sechs Zeitzonen erstrecken und deshalb die Wahllokale in den östlichen Bundesstaaten viele Stunden früher öffnen und schließen als an der Westküste? Einige Wahllokale haben bereits seit 06.00 Uhr (MEZ) geöffnet. Das winzige Dorf Dixville Notch im Nordosten der USA hat traditionell den heutigen Wahltag in den USA eingeläutet. Kurz nach Mitternacht Ortszeit (also Dienstag 06.00 Uhr MEZ) fand in dem Ort im Neuenglandstaat New Hampshire die Präsidentenwahl statt.

In dem kleinen Örtchen gibt es nur acht Wahlberechtigte, so konnten die Stimmen gleich nach Abgabe ausgezählt werden. Das Ergebnis: Clinton hat in Dixville Notch mit 4:2 Stimmen gegen Trump gewonnen. Die übrigen Stimmen verteilten sich auf Gary Johnson, Kandidat der libertären Partei, sowie auf Mitt Romney, republikanischer Herausforderer von 2012, der diesmal gar nicht kandidiert hatte.

Heute nach Mitternacht unserer Zeit dürften so langsam die ersten Prognosen über den Ausgang der Wahl in einzelnen Staaten über die Fernsehsender laufen. Gegen 2:00 Uhr (MEZ) können die Wähler in der Hauptstadt Washington ihr Kreuz machen.

Gegen 3.00 Uhr (MEZ) schließen die Wahllokale in New York, Heimatstadt und -staat von Hillary Clinton und Donald Trump. Wir erinnern uns: In der Wahlnacht 2012 erklärten die US-Fernsehsender etwa gegen 5:15 Uhr (MEZ) Barack Obama zum sicheren Sieger. Vor uns liegt also eine lange Nacht…

Ein Restrisiko bleibt

Auch wenn die Mehrheit davon ausgeht, dass Clinton das Rennen machen wird, bleibt ein kleines Restrisiko, dass die USA Donald Trump zu ihrem neuen Präsidenten wählen werden. Das wird am Ende möglicherweise einfach auch davon abhängen, ob mehr Frauen als Männer wählen werden oder ob sich mehr Weiße motiviert sehen zu wählen als Farbige.

Doch wofür stehen Hillary Clinton und Donald Trump? Während Clinton aus Anlegersicht vor allem für Kontinuität in der Wirtschaftspolitik steht und damit Favorit der Börsianerschaft ist, gilt ihr Konkurrent Donald Trump wegen seiner unklaren politischen und wirtschaftlichen Pläne gemeinhin als “Investorenschreck“. Doch stimmt das wirklich?

Wenn Hillary Clinton Präsidentin wird…

Wenn die Finanzmärkte wählen könnten, würden sie vermutlich folgendes Szenario favorisieren: Einen politischen Split, der einen Sieg Clintons mit zugleich republikanischer Mehrheit vorsieht. Schauen wir uns einmal genauer an, wer im Fall eines Wahlsiegs von Hillary Clinton die Gewinner und Verlierer wären.

Marktexperten gehen davon aus, dass das “Krisen-Investment“ Gold wohl einen Großteil seiner jüngsten Zugewinne wieder abgeben müsste. Da Clinton für Kontinuität und weniger Unsicherheit als Trump steht, könnte die Rolle des Edelmetalls als “sicherer Hafen“ wieder abschwächen.

Kaum Auswirkungen dürfte ein Clinton-Sieg hingegen auf den Dollarkurs haben. Die Demokratin stehe für eine Fortsetzung der jetzigen Politik, so die Begründung der Experten. Sollte es nach einem Wahlsieg von Clinton dennoch kurzfristig zu einem Anstieg beim Dollarkurs kommen, dann allenfalls aus Erleichterung, dass Trump verloren hat, so die Meinung der Fachleute. Diese gehen übrigens auch von keinen großen Verwerfungen an den Anleihemärkten aus.

Allerdings schätzen Experten, dass der Ölpreis sinken könnte. Für den Fall, dass Clinton ins Weiße Haus einzieht, werde der Preis für ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent etwas zurückgehen und zwischen 40 und 45 Dollar je Barrel schwanken, glauben die Analysten der HSH Nordbank.

Umwelttitel als Gewinner

Nun zum wesentlichen Teil… die Börse: Hillary Clinton hat angekündigt, die Wall Street stärker an die Kandare nehmen zu wollen. Ein Wahlsieg könnte möglicherweise Bankenaktien zunächst unter Druck bringen. Insgesamt jedoch favorisieren die Investoren einen Sieg Clintons und hoffen damit auf mehr Kontinuität und Verlässlichkeit als im Fall eines Wahlsiegs von Trump.

Da Clinton plant, Obamacare fortzuführen und weiter auszubauen, dürften deutsche Konzerne wie etwa der Dialyseanbieter FMC mit einem US-Umsatzanteil von 71% sowie der Hersteller von Verpackungen aus Spezialglas und Kunststoffen Gerresheimer (US-Umsatzanteil von 30%) von einem Sieg Clintons profitieren.

Hingegen halten es die Experten von ard.boerse.de für möglich, dass sich unter Clinton die Aussichten von Siemens eintrüben könnten, da der im DAX gelistete Technologie-Riese etwa unter einer dann möglichen Wiedereinführung der Medizingerätesteuer leiden würde. Auch die Pharmawerte könnten bei einem Wahlsieg Clintons weiter unter Druck geraten. In der Vergangenheit hat sie immer wieder die hohen Medikamentenpreise der Firmen beanstandet.

Als große Profiteuere könnten sich die Umwelttitel herausstellen, da Clinton die USA in eine Großmacht für saubere Energie verwandeln will. Klare Gewinner würden daher Solarunternehmen wie SMA Solar mit einem US-Umsatzanteil von 35% sein. Trumps Umweltpolitik ist im Vergleich dazu völlig konträr. Er setzt auf konventionelle Energiequellen.

Wenn Donald Trump Präsident wird…

Nun spielen wir das Ganze noch einmal für den Fall durch, dass Donald Trump den Kampf ums Weiße Haus für sich ausmachen kann. Der umstrittene Republikaner gilt als unberechenbar – eine Eigenschaft, auf welche die Finanzmärkte gut verzichten könnten.

Während im Falle eines Wahlsiegs für Clinton die Nachfrage nach Gold zurückgehen dürfte, könnte ein Sieg von Trump die Nachfrage nach dem glänzenden Edelmetall steigern. Gut zu erkennen war dies bereits vor einer Woche, als die Chancen Trumps wegen der neuerlichen E-Mail-Affäre gestiegen sind und den Goldpreis auf ein Monats-Hoch von 1.297,35 Dollar je Feinunze trieben.

Die weitreichendsten Konsequenzen eines Trump-Siegs könnten am Devisenmarkt sichtbar werden. Analysten gehen davon, dass der Dollar kurzfristig unter Druck geraten würde. Als Profiteure sehen sie dagegen sichere Anlagehäfen wie den japanischen Yen oder den Schweizer Franken.

Eine Panik oder gar ein Crash am Anleihemarkt erwartet Fondsmanager Brian Tomlinson von Allianz Global Investors nicht. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen dürften kurzfristig deutlich steigen, die Kurse fallen. Dieser Trend sollte sich auf mittelfristige Sicht jedoch abschwächen.

Experten gehen zudem davon aus, dass der Ölpreis nach einem Wahlsieg für Trump zunächst auf 40 Dollar fallen – langfristig aber auf 100 Dollar zulegen könnte. Sie führen dies vor allem auf Trumps Bemühungen zurück, schnell mehr Öl in Amerika zu fördern, was zunächst den Preis für das schwarze Gold senken und dann zu weniger Investitionen in die Förderung führen dürfte.

Amazon und Apple aufgepasst – HeidelbergCement und Siemens als Profiteure

Zum Schluss auch hier noch der Blick auf das Börsenparkett: Trump hat angekündigt sowohl Ausgaben als auch Steuern zu senken. Sollte er seine Pläne tatsächlich umsetzen können, würde das der amerikanischen Wirtschaft einen ordentlichen Schub verleihen.

Der Republikaner will den Steuersatz für Unternehmen auf 15% senken und auch die mittleren Einkommen entlasten. Gewinner dürfte die Bauindustrie sowie die Finanzbranche sein, da der Milliardär viele Regelungen aus der Zeit der Finanzkrise aufweichen möchte.

Weniger gut dürfte Trump auf Amazon und Apple zu sprechen sein. Amazon-Chef Jeff Bezos, dem auch die renommierte Washington Post gehört, würde Trump bekanntlich lieber auf den Mond befördern als ins Weiße Haus.

Trump im Gegenzug wirft Bezos vor, die Zeitung nur zu dem Zweck erworben zu haben, um für seinen Verlust schreibenden Konzern die Steuern auf niedrigem Niveau zu halten. Auch auf Apple dürfte Trump weniger zu sprechen sein, hat sich doch der Tech-Konzern verweigert dem FBI bei der Entschlüsselung eines iPhones zu helfen.

Zu den deutschen Unternehmen, die laut den Experten der Bank Metzler von einem Wahlsieg des Republikaners profitieren würden, zählt neben dem Baustoffkonzern HeidelbergCement (US-Umsatzanteil 23%) auch Siemens (US-Umsatzanteil 20%). Beiden Konzernen würden die geplanten Infrastrukturausgaben in die Karten spielen.

Am Mittwochmorgen wissen wir endlich Bescheid

Sollte Trump gewinnen, gehen wir davon aus, dass die Märkte erst einmal eine kleine Schockreaktion zeigen werden. 3 bis 5%, vielleicht auch etwas mehr, könnten die wichtigsten Indizes erst einmal abtauchen. Werden wir morgen in den frühen Morgenstunden in den ersten belastbaren Prognosen jedoch hören, dass Hillary Clinton als erste Frau ins Weiße Haus einziehen wird, dürfte der Startschuss für die Jahresend-Rally endgültig fallen…

Wie auch immer die Wahl ausgehen mag, mit unseren Börsenpublikationen sind Sie für jegliche Szenarien bestens gerüstet; ganz gleich um etwaige Kursrückgänge an den Märkte zu kompensieren oder um etwa maximal von einem Befreiungsschlag zu profitieren.