Und wieder wird die Luft dünner
Nach dem schwungvollen Wochenauftakt dürfte der DAX am Dienstag erst einmal etwas die Luft anhalten– eine sanfte Landung, allerdings ohne echtes Momentum.
Die Wall Street gab gemischte Vorgaben:
Während Dow, S&P 500 und Nasdaq den zweiten Erholungstag in Folge hinlegten, fehlte im späten US-Handel die Kraft für ein neues Sturmläuten. Anleger setzten erneut auf eine Zinssenkung der US-Notenbank im Dezember, die inzwischen wie der Running Gag der Makrowelt wirkt – immer wieder angekündigt, aber noch nicht geliefert.
Besonders die Tech-Börsen waren in Feierlaune:
- Nasdaq 100 +2,61 %,
- S&P 500 +1,55 %,
- Dow Jones +0,44 %.
Der Grund: mehrere Fed-Offizielle – darunter Christopher Waller, Mary Daly und zuletzt John Williams – hatten signalisiert, dass eine kurzfristige Zinssenkung angesichts der Arbeitsmarktschwäche weiter möglich sei. Zinshoffnung + KI-Optimismus = Tech-Rallye.
Charttechnik: Der DAX und seine 200-Tage-Linie
Für den DAX bleibt die 200-Tage-Linie bei 23.472 Punkten das derzeit unbezwingbare Hindernis. Charttechniker Martin Utschneider sieht nach unten die wichtige Unterstützung bei 23.051 Punkten – darunter würde der Seitwärtstrend seit dem Frühjahr ernsthaft ins Wanken geraten.
Sein Fazit: „Die Lage bleibt angespannt.“
Unternehmensnachrichten & Einzelaktien
Tech im Mittelpunkt – KI pusht USA und China gleichzeitig
In den USA wie in Asien zündeten die Technologiewerte den Turbo:
- Alphabet (+6,3 %) ging wieder auf Rekordjagd, unterstützt von frischer Euphorie rund um das Gemini-KI-Modell.
- Alibaba (+5,1 % in New York; +3 % in Hongkong) glänzte dank der KI-App „Qwen“, die innerhalb der ersten Woche 10 Mio. Downloads verbuchte. Die Märkte warten gespannt auf die Quartalszahlen.
- Bristol Myers Squibb (+3,3 %) profitierte von positiven Studiendaten aus dem Hause Bayer. Analysten sehen dadurch Rückenwind für Bristols eigenen Wirkstoff Milvexian.
- Merck & Co führte den Dow mit +2,7 % an – dank einer Hochstufung durch Wells Fargo, die dem Unternehmen eine Zukunft über sein Blockbuster-Medikament Keytruda hinaus zutrauen.
Asien ebenfalls im Tech-Fieber – aber mit Bremsspuren
Die asiatischen Börsen zogen in der Nacht nach:
- Hang Seng: +1,2 %
- KOSPI: +0,9 %
- CSI 300: +1,4 %
- Shanghai Composite: +1,2 %
Getrieben durch:
• US-Rallye,
• neue KI-Modelle von Google,
• Erwartungen an eine Dezember-Zinssenkung.
Doch es gab auch Schatten:
Japan trat trotz Tech-Auftrieb auf der Stelle – Nikkei +0,6 %, Topix unverändert.
Grund: Haushaltsdebatten & diplomatische Spannungen mit China.
Besonders Reise- und Entertainmentaktien litten:
- ANA Holdings –0,6 %,
- Japan Airlines –1,8 %,
nachdem Tausende chinesische Touristen ihre Flüge stornierten.
Australien und Singapur: beide leicht im Minus.
Indien: Nifty-Futures signalisieren eine flache Eröffnung.
Politischer Einfluss: Märkte im Spannungsfeld
US-Politik und Zinsen
Der Markt bleibt fixiert auf die Fed. Die jüngsten Aussagen führender Notenbanker lassen eine Zinssenkung im Dezember wieder realistischer erscheinen. Anleger hoffen auf ein „Soft Landing“-Szenario – und auf eine Fortführung des KI-Booms, der inzwischen als heimlicher Konjunkturtreiber gilt.
Ukraine-Friedensgespräche
Parallel dazu rückt der von Präsident Donald Trump gepushte 28-Punkte-Friedensplan erneut in den Fokus. Vertreter beider Länder haben in Genf an einem neuen Entwurf gearbeitet.
Marktauswirkung:
- Rüstungswerte bleiben volatil,
- Marktbeobachter warnen vor zu viel Optimismus.
China–Japan-Konflikt
Der diplomatische Streit schwelt weiter – ohne absehbare Lösung. Die Folgen sind bereits sichtbar:
• Rückgang chinesischer Touristen in Japan,
• Druck auf Airlines,
• erhöhte Vorsicht asiatischer Anleger.
Fiskalrisiken und globale Unsicherheiten
Ob USA, Japan oder Europa – die Haushaltsdebatten werden zunehmend ein Risikofaktor. Anleger reagieren sensibler auf Staatsverschuldung, da Zinssenkungen alles andere als garantiert sind.
Fazit für den Handelstag
Der heutige Dienstag steht unter dem Motto: Stabilisierung mit angezogener Handbremse.
Die Märkte balancieren zwischen Tech-Euphorie, Zinshoffnung und geopolitischer Nervosität.
Der DAX könnte bemüht aussehen, aber kaum große Sprünge machen, solange die 200-Tage-Linie wirkt wie ein „Betreten verboten“-Schild.