Realwirtschaft ist optimistischer als die Börsen – und nun?
In meinem Beitrag am Montag schrieb ich Ihnen, dass es beim DAX aktuell „um die Wurst“ geht. Entweder schafft der Bursche jetzt die Wende nach oben – oder er geht nochmals richtig den Bach runter.
Hilfreich für eine Wende nach oben wären zweifellos positive Überraschungen von der Konjunkturseite. Gestern wurde der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen, einer der wenigen, wirklich viel beachteten Indikatoren, veröffentlicht. Wie sieht es da aus?
ZEW-Index stürzt unter die Niveaus vom Coronacrash
Mau. Der ZEW-Konjunkturindex ist deutlich schwächer als erwartet ausgefallen. Er notiert im Juli sogar noch unter den niedrigen Werten, die im März 2020 zu Beginn der Coronakrise hingenommen werden mussten. Als die Masse noch dachte, die „Seuche“ würde uns umgehend alle dahinraffen und die gesamte Wirtschaft gleich mit.
Zum ZEW-Index muss ich aber sagen: hier werden nur Finanzexperten befragt. Niemand aus der Realwirtschaft. Finanzexperten unterliegen strak einem Herdentrieb. Zudem hängt deren Stimmung an den Aktienkursen. Der DAX ist zuletzt auf neue Jahrestiefs gefallen (freilich weit oberhalb der Tiefs vom Coronacrash). Da ist die schlechte Stimmung kein Wunder.
Ich würde diesen Indikator also nicht überbewerten. Die Anlage-Profis geben sich aktuell einem tiefen Blues hin. Das erstaunt nicht wirklich. Eine leichte Aufhellung wäre dennoch vielversprechender gewesen.
Realwirtschaft optimistischer als die Börsen
Es gibt aber auch noch Daten, die direkt aus der Realwirtschaft kommen. Also von arbeitenden Menschen. Die schaue ich mir genauer an. Hierzu hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gerade eine Studie veröffentlicht, die unter rund 2.300 Unternehmen durchgeführt wurde.
Ein Viertel von diesen Firmen rechnet in diesem Jahr damit, weniger zu produzieren als im Vorjahr. Zwar sind die Optimisten mit 37 Prozent immer noch in der Mehrheit, jedoch schrumpfte deren Anteil seit dem Spätherbst 2021 um zwölf Prozentpunkte. Vor allem am Bau drohten wegen Materialengpässen, hohen Kostensteigerungen und fehlenden Mitarbeitern eine Rezession. In der Bauwirtschaft habe der Anteil der negativ gestimmten Unternehmen Ende 2021 bereits bei 20 Prozent gelegen, so das IW. „Nachdem ihr Anteil im Frühjahr 2022 schon auf 27 Prozent anstieg, liegt er jetzt bei 33 Prozent. Ihnen stehen nur noch 25 Prozent Optimisten gegenüber“.
Reicht das um den DAX zu retten?
Hier kann ich also zusammenfassen: Die Aussichten der deutschen Unternehmen verdüstern sich. Die Firmen schauen mit Blick auf Produktion, Beschäftigung und Investitionen für 2022 skeptischer nach vorne. Die Optimisten behalten erstaunlicherweise aber immer noch die Oberhand. Vielleicht ist das ein Hoffnungsschimmer, das die Börsen die Lage derzeit etwas zu schwarzsehen. Ob das Reicht, um den DAX vor der Klippe zu retten, bezweifle ich. Da müsste schon mehr kommen.