EZB will künftig auch noch das Klima ändern
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat gestern ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 3,0 Prozent angehoben. Was bedeutet das für Sie als Anleger?
Zunächst: dieser Zinsschritt war allgemein erwartet worden, also bereits vollständig in den Aktienkursen eingepreist. Die Frage ist, wie geht es nun weiter? Wo könnten die Märkte überrascht werden? Denn nur dann besteht Potenzial, die Kurse zu beeinflussen.
EZB: Zinsen zu spät angehoben (mitten im Abschwung)
Für die EZB war dies die fünfte Zinserhöhung in Folge. Dennoch hinkt sie ihren Kollegen aus den USA beim Zinssatz deutlich hinterher, weil sie die Inflationsbekämpfung durch Zinserhöhungen zu lange verpennt hat.
Das Zinsniveau in den USA liegt derzeit knapp unter 5 Prozent und dürfte noch etwas höher steigen. Die EZB wird sich so hohe Zinsen allerdings nicht leisten können, ohne die hoch verschuldeten Rotweinländer in eine ernsthafte neue Krise zu bringen. Hohe Schulden vertragen sich nicht mit hohen Zinsen.
Dennoch hat die Zentralbank für März bereits eine weitere Erhöhung um 50 Basispunkte in Aussicht gestellt. Dann soll eine Neubewertung der Lage erfolgen. Möglicherweise ist dies ein Hinweis darauf, dass der europäische Zinserhöhungszyklus seinem Ende entgegen geht.
Der Bilanzabbau ist ein schlechter Witz
Neben den steigenden Leitzinsen gibt es noch die geldpolitische Straffung durch den geplanten Bilanzabbau. Dieser ist allerdings ein schlechter Witz.
So soll Portfolio des Anleihenkaufprogramms APP von Anfang März bis Ende Juni 2023 monatlich nur um durchschnittlich 15 Milliarden Euro sinken. Bei 4000 Milliarden in der Bilanz ist das eher „symbolisch“. Zudem werden die Tilgungsbeträge zum Teil wieder angelegt.
EZB will künftig auch noch das Klima ändern
Daneben versucht sich die EZB neuerdings entgegen ihrem Mandat der Preisstabilität in der Klimabeeinflussung. Zitat: „Bei den Eurosystem-Ankäufen von Unternehmensanleihen werden die zur Wiederanlage verbleibenden Beträge stärker auf Emittenten mit einer besseren Klimaleistung ausgerichtet.“ Ich bin mal gespannt, wie „Klimaleistung“ konkret gemessen werden soll und wie das konkrete Klimaziel dann aussieht.
Die EZB ist unfähig, die Inflation und die Verschuldung in den Griff zu bekommen. Jetzt will sie auch noch das Klima beeinflussen. Das ist einfach nur noch lächerlich.
Am Ende heißt diese Floskel nur, dass Anleihen bestimmter, der EZB wohl gefälliger Unternehmen bevorzugt werden. Und damit sind wir einem Europäischen Zentralstaat ohne demokratische Legitimation wieder ein Stück näher gerückt.
Für mich sieht es außerdem danach aus, als wollte die Zentralbank von ihrer desaströsen Bilanz bei der in wesentlichen Teilen selbst durch die massive Bilanzausweitung verursachten Inflation ablenken. Sicherlich wäre es stattdessen besser, Frau Lagarde endlich durch einen fähigen Notenbanker zu ersetzen. Etwa aus dem Umfeld der deutschen Bundesbank.
Märkte erleichtert wegen Neubewertung der Zinspolitik
Die Aktienmärkte konnten nach Veröffentlichung des EZB-Statements um 14.15 Uhr ihre Kursgewinne ausbauen. Der Euro tendierte schwächer. Beides vermutlich wegen der anstehenden Neubewertung der Geldpolitik.