AstraZeneca einigt sich außergerichtlich mit EU

Inhaltsverzeichnis

Die Europäische Union und der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca haben ihren laufenden Rechtsstreit außergerichtlich beigelegt.

AstraZeneca liefert 200 Millionen Dosen bis Ende März

Ein erster Gerichtstermin war für Ende September vorgesehen. Nun wurde am Freitag jedoch bekannt, dass man sich geeinigt habe. Demnach verpflichtet sich das Unternehmen zur Lieferung von insgesamt 200 Millionen Impfdosen bis Ende März 2022.

Im laufenden Quartal sollen 60 Millionen Impfdosen an die EU geliefert werden, weitere 75 Millionen Stück bis zum Ende des vierten Quartals 2021 sowie noch einmal 65 Millionen Dosen im Auftaktquartal 2022.

Impfstoffstreit eine Folge des Brexits?

Ausgelöst worden war der Streit zwischen der EU und dem Hersteller, nachdem dieser mehrfach einseitig seine Lieferzusagen drastisch gekürzt hatte. AstraZeneca verwies seinerzeit auf Produktionsschwierigkeiten, die EU reagierte jedoch verärgert, weil etwa Großbritannien oder Israel dennoch mit den vorgesehenen Liefermengen bedacht wurden. Manch einer witterte einen politischen Hintergrund angesichts des Brexits, der Anfang des Jahres vollständig vollzogen worden war.

Nachdem Großbritanniens Premierminister Boris Johnson die Pandemie lange heruntergespielt hatte und im Herbst 2020 schließlich selbst mit einer Covid-19-Erkrankung für einige Tage hospitalisiert werden musste, schritt die Impfkampagne im britischen Königreich deutlich schneller voran als in der EU. In den ersten Monaten des Jahres verliefen die Impfungen auf dem Kontinent nur schleppend, es fehlte an Impfdosen – und dieser Mangel wurde durch die Lieferausfälle bei AstraZeneca noch einmal verschärft.

70 Prozent der erwachsenen EU-Bürger geimpft

Unterdessen geriet das Vakzin trotz seiner nachgewiesenen Wirksamkeit wegen seltener, aber potenziell gefährlicher Nebenwirkungen in die Schlagzeilen – und wurde in Europa schnell zum Ladenhüter. Zudem wurden die Empfehlungen in vielen Ländern dahingehend geändert, dass nur noch ältere Personen mit vektorbasierten Vakzinen wie dem von AstraZeneca immunisiert werden sollten, während jüngere Altersgruppen mit Impfstoffen auf Grundlage der neuartigen mRNA-Technologie geschützt werden sollten.

Dennoch betonte die EU-Kommission die Bedeutung auch des AstraZeneca-Impfstoffs für die europäische wie auch die weltweite Impfkampagne. Mehr als 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Europa ist inzwischen vollständig geimpft, allerdings bestehen nach wie vor große Unterschiede in der Impfquote zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten. Deutschland etwa hat die 70 Prozent bislang noch nicht erreicht.

Neue Impfstoffe – ganz ohne Spritze?

Derweil forschen die Pharma- und Biotechnologieunternehmen mit Hochdruck an der nächsten Generation der Covid-19-Impfstoffe. Sie sollen die Immunantwort auf die aggressivere Delta-Variante verbessern, Impfdurchbrüche mindern und im Idealfall eine Ansteckung Geimpfter vollständig verhindern. Bislang können sich auch Geimpfte mit dem Virus infizieren und es weitertragen, allerdings müssen sie mit deutlich geringeren gesundheitlichen Auswirkungen rechnen. Schwere Verläufe sind selbst bei erkrankten Geimpften die absolute Ausnahme.

Neben aktualisierten Vakzinen setzen die Forscher in den Laboren außerdem auf eine neue Darreichungsform: Möglicherweise wird künftig anstelle der Spritze in den Oberarm ein Vakzin zur Inhalation, ähnlich einem Nasenspray, verfügbar sein. Dies würde das Virus dort angreifen, wo es den Körper befällt: in den Atemwegen.

AstraZeneca forscht an Inhalations-Impfstoff

Experten sehen diesbezüglich besonders gute Erfolgschancen ausgerechnet bei den Vektorimpfstoffen, also Präparaten wie jenen von AstraZeneca oder Johnson & Johnson, die gegenüber den mRNA-Vakzinen in der bisherigen Impfkampagne in der öffentlichen Wahrnehmung eher das Nachsehen hatten.

AstraZeneca selbst forscht zurzeit ebenfalls an einem solchen inhalierbaren Impfstoff gegen Covid-19. Bis zur Marktreife dürfte es allerdings noch eine ganze Weile dauern, zumal man sich angesichts der vorhandenen, gut wirksamen Impfstoffe diesmal mehr Zeit lassen kann für die Entwicklung, während die weltweite Impfkampagne weiterhin auf Hochtouren läuft.

AstraZeneca Aktie legt zu – mRNA-Konkurrenz deutlich stärker

AstraZeneca hat eigenen Angaben zufolge mittlerweile mehr als 1 Milliarde Impfdosen ausgeliefert. Zwei Drittel davon gingen demnach an ärmere Länder, die über die weltweite Covax-Initiative mit Vakzinen versorgt werden.

Am Parkett sorgte die außergerichtliche Einigung mit der EU zunächst nur für wenig Bewegung. Die Aktie bewegt sich seit etwa einem Monat rund um die Marke von 100 Euro. Immerhin: Seit Anfang des Jahres konnte der Kurs um gut 20 Prozentpunkte zulegen.

Zum Vergleich: Seit Anfang des Jahres liegt die Aktie von Johnson & Johnson um gut 16 Prozent im Plus. Die Papiere von Moderna und Biontech – den Herstellern der mRNA-basierten Impfstoffe gegen Covid-19 – verteuerten sich im gleichen Zeitraum um jeweils fast 300 Prozent.