In diesen Tagen laufen in Deutschland gleich mehrere Prozesse gegen Hersteller von Impfstoffen gegen Covid-19 an.
Laufende Verfahren wegen möglicher Impfschäden
Sowohl gegen den Mainzer Hersteller Biontech, der mit seinem US-Partner Pfizer ein Vakzin auf Basis der neuen mRNA-Technologie vertreibt, als auch gegen den britisch-schwedischen Pharmakonzern Astra Zeneca sind Klagen wegen möglicher Impfschäden anhängig. Insgesamt beschäftigt sich die deutsche Justiz mit rund 200 Verfahren, in denen die Kläger Schmerzensgeld oder Schadenersatz für mutmaßlich erlittene Impfschäden fordern. In zwei Prozessen wurde am Montag verhandelt.
Dabei ging es zum einen um einen 58-jährigen Mann, der einen erheblichen Sehkraftverlust auf die Impfung mit dem Biontech-Präparat zurückführt. Das Mainzer Unternehmen hält die Vorwürfe für unbegründet. Das Verfahren vor dem Landgericht in Rottweil dauert an. In einem anderen Fall geht es vor dem Oberlandesgericht in Bamberg um ein Berufungsverfahren gegen Astra Zeneca. Die erste Instanz hatte die Klage der betroffenen Frau abgewiesen, die daraufhin Berufung einlegte, über die nun verhandelt wird.
Impfstoffhersteller haben vorgesorgt: Bei Verurteilung zahlt die EU
Zahlreiche weitere Verfahren stehen in den Startlöchern, einige Prozesse laufen bereits. Die Impfstoffhersteller haben dabei kaum etwas zu befürchten: Sie haben sich mit entsprechenden EU-Verträgen abgesichert. Sollte es zu erfolgreichen Schmerzensgeld- oder Schadenersatzklagen durch Impfschäden kommen, tragen die jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten die dadurch entstehenden Kosten.
Die schnelle und umfassende Versorgung mit wirksamen Impfstoffen war seinerzeit von so hohem Interesse, dass die Zulassungsverfahren deutlich beschleunigt wurden. Dies ging jedoch nicht zulasten der Sicherheit, wie immer wieder betont wurde – im Gegenteil: Die Covid-19-Vakzine wurden umfangreicher getestet als die meisten anderen Impfstoffe, die auf dem Markt zugelassen sind.
Schutzwirkung überwiegt Risiken
Dass es in seltenen Fällen zu unerwünschten Nebenwirkungen oder Folgeschäden kommen kann, ist normal und gilt für alle Medikamente. Die Schutzwirkung überwiegt dabei regelmäßig in der Interessenabwägung. Bislang gibt es noch kein rechtskräftiges Urteil mit Blick auf mögliche Impfschäden durch Covid-19-Vakzine.
Für Biontech war der mRNA-Impfstoff der Durchbruch: Hatte das Unternehmen zuvor jahrelang Verluste eingefahren, schossen die Einnahmen dank des Vakzins in zweistellige Milliardenhöhe. Für Astra Zeneca, einen ebenso etablierten wie großen Pharmakonzern, war der Impfstoff ohnehin nur eines von vielen Nischengeschäften.
Astra Zeneca Aktie runtergestuft: Durchwachsene Studienergebnisse bei Krebsmedikament
Beide Unternehmen forschen insbesondere im Bereich Onkologie. Biontech will die mRNA-Technologie zur Behandlung bestimmter Krebsarten einsetzen. Auch bei Astra Zeneca forscht man an neuen Krebstherapien. Hier gab es zuletzt jedoch einen Rückschlag: Ein Lungenkrebs-Medikament konnte in der klinischen Phase-III-Studie nur teilweise überzeugen.
Die Deutsche Bank sieht dadurch das erwartete Umsatzpotenzial des Medikaments gefährdet und stuft die Astra Zeneca Aktie von „kaufen“ auf „halten“ herunter. Zugleich senken die Analysten das Kursziel von 13.000 auf 11.000 Pence. Die Aktie war nach Bekanntwerden der durchwachsenen Studienergebnisse am Montag stark unter Druck geraten und um zeitweise mehr als 7 Prozent abgestürzt, konnte sich aber am Dienstag wieder fangen und notierte zur Mittagszeit knapp 3 Prozent fester.
Auch Biontech Aktionäre ließen sich von den laufenden Prozessen nicht verunsichern: Auf Wochensicht liegt das Papier knapp 4 Prozent im Plus.