El Nino und die Dürre: Robusta-Kaffee bleibt teuer

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Täglich werden weltweit mehr als 2 Milliarden Tassen Kaffee konsumiert. Kaffee ist eines der beliebtesten Agrargüter überhaupt. Und die Preise steigen wieder. Seit Beginn des Jahres ist der Preis pro Tonne Robusta Kaffee um über 55 % gestiegen. Das ist ein Bullenmarkt, der sich durchaus sehen lassen darf:

Robusta-Kaffee seit Jahresbeginn 2023: Ein Allzeithoch

Quelle: barchart.com

El Nino ist zurück

Aber abgesehen davon, dass sich die Menschen trotz (oder auch gerade wegen) Inflations-Sorgen ihre Tasse Kaffee am Morgen nicht nehmen lassen, ist es aktuell auch wieder das Wetterphänomen El Nino, welches Angebots-Sorgen in der Kaffeeindustrie aufkeimen lässt.

Am 8. Juni gab die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) bekannt, dass El Nino zurückgekehrt ist und in den kommenden Monaten mit einer Verstärkung zu rechnen sei. El Nino entsteht typischerweise, wenn an der Oberfläche des Pazifischen Ozeans überdurchschnittlich hohe Temperaturen beobachtet werden.

Die Auswirkungen von El Nino können je nach Region unterschiedlich ausfallen, doch aus der Sicht der Kaffeeindustrie führt dies häufig entweder zu einem erhöhten Dürrerisiko oder einem erhöhten Risiko zerstörerischer Stürme – beides kann die Kaffeeernte empfindlich beeinträchtigen.

Daher wird erwartet, dass Brasilien später im Jahr 2023 mit einer schweren Dürre zu kämpfen hat und die Gesamternte nun voraussichtlich schlechter ausfallen wird als zuvor prognostiziert. Erwartungsgemäß dürften auch die Kaffeeanbaugebiete in Südostasien von Dürreproblemen betroffen werden.

Im Worst Case Szenario könnten die Kaffeeernten in vier der größten Kaffeeexportländer – Brasilien, Kolumbien, Indonesien und Vietnam – sowohl in 2023, als auch in 2024 erhebliche Schäden durch El Nino verzeichnen.

Dürre in Vietman würde Kaffeeernte bedrohen

Brasilien, Vietnam, Kolumbien, Indonesien und Äthiopien sind die größten Kaffeeproduzenten. Auf sie entfallen 75 % der weltweiten Kaffeeproduktion.

Laut eines aktuellen Berichts von Fitch dürfte der Übergang in das El Nino-Wetterphänomen im 3. Quartal 2023 zu rückläufigen Niederschlägen in Vietnam führen. Diese könnten in der zweiten Jahreshälfte 2023 und Anfang 2024 um 25–50 % zurückgehen. Tritt dieses Szenario ein, wird das zwangsläufig massiv negative Auswirkungen auf die Kaffeeernte haben. Im Jahr 2022 exportierte Vietnam rund 1,7 Millionen Tonnen Kaffee, was einem Exportumsatz von fast 4 Milliarden US-Dollar entspricht.

Ähnliches gilt im Übrigen auch für Indonesien. Beide Länder sind große Robusta-Produzenten.

Fazit: Robusta bleibt teuer

Robusta-Bohnen werden weltweit am häufigsten angebaut und sind für ihren hohen Koffeingehalt bekannt. Arabica hingegen ist bekanntermaßen aromatischer, enthält weniger Koffein und ist in der Menge begrenzter. Aus diesen Gründen werden Arabica-Bohnen traditionell mit einem erheblichen Aufschlag gegenüber Robusta-Bohnen gehandelt. Da Arabica jedoch tendenziell immer teurer wird, mischen immer mehr Kaffeeröster ihrem Kaffeesatz einen höheren Anteil an Robustabohnen bei, um die Kosten zu minimieren.

Deshalb ist die Nachfrage nach Robusta zuletzt schneller gestiegen als nach Arabica.

Hinzu kommt, dass auch in den vorherigen Jahren die Ernten aufgrund von Dürren nicht immer optimal ausgefallen sind. Bis Anfang 2022 waren die weltweiten Kaffeereserven auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken.

Es bleibt die Frage: Jagt bei Robusta nun ein Allzeithoch das nächste?

Nun, angesichts geringer Lagerbestände und wetterbedingter schwacher Prognosen für die Ernten 2023 und 2024 würde ich davon ausgehen, dass Kaffee erst einmal weiterhin teuer bleibt. Aber angesichts der aktuell rasanten Aufwärtsbewegung ist auch mit Rückschlägen zu rechnen, sobald wir an einen Zeitpunkt kommen, an dem sich die Prognosen bestätigen müssten oder eben nicht.

Sollten die Dürren nicht ganz so stark ausfallen, wie aktuell angenommen, besteht deutliches Korrekturpotenzial, das aber, angesichts der Tatsache, dass El Nino auch Auswirkungen im kommenden Jahr hat, eine Einstiegsgelegenheit bieten könnte. Im umgekehrten Fall – und unter massiv verschlechterten Bedingungen für die Ernte – sind natürlich auch weitere Preissprünge denkbar.