VW-Prozess gegen Millionenzahlung eingestellt
Geld regiert die Welt – auch und gerade vor Gericht. Gegen Zahlung höherer Geldbeträge wurde schon so manches Verfahren vorzeitig eingestellt. Genau das scheint nun auch im Falle der angeklagten VW-Manager zu geschehen: Für 9 Millionen Euro werden die Vorwürfe fallen gelassen, wegen derer sich Herbert Diess und Hans Dieter Pötsch vor dem Landgericht Braunschweig hätten verantworten sollen.
Es ist einer von vielen Prozessen, die zurzeit vor deutschen Gerichten anhängig sind und die sich mit Vorkommnissen rund um den Diesel-Abgasskandal beschäftigen, der den VW-Konzern bei Bekanntwerden im Herbst 2015 in eine tiefe Krise gestürzt hatte.
Frage nach Marktmanipulation bleibt unbeantwortet
Im nun offenbar eingestellten Verfahren hätten sich Diess und Pötsch gegen den Vorwurf der Marktmanipulation wehren müssen. Konkret ging es dabei um die Frage, zu welchem Zeitpunkt die beiden Manager um die Vorgänge wussten und diese verschwiegen, zum Nachteil der Anleger.
Denn dass der Skandal die VW Aktie würde einbrechen lassen, lag auf der Hand. Diess war seinerzeit VW-Markenchef, Pötsch der verantwortliche Finanzvorstand. Diess allerdings war erst im Sommer 2015 zum Volkswagenkonzern gekommen – ob er also tatsächlich innerhalb weniger Wochen bereits in die abtrünnigen Manipulationen eingeweiht war, bleibt zumindest fraglich. Heute lenkt Diess als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des Gesamtkonzerns.
Kompromiss aus Mangel an Beweisen?
Bei Pötsch, dem langjährigen Vorstandsmitglied, hätte man sich eine Verstrickung eher vorstellen können. Doch offenbar gelang es der Staatsanwaltschaft nicht, die Vorwürfe hinreichend eindeutig zu belegen. Ob die Klage am Ende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte oder nicht, dürfte bei der jetzigen Entscheidung des zuständigen Gerichts zu einem recht frühen Zeitpunkt des Verfahrens, das erst im vergangenen Herbst eingeleitet wurde, eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.
Anstatt sich also jahrelang mit einem mühsamen öffentlichen Prozess bloßzustellen – selbst wenn dieser gegebenenfalls in einem Freispruch geendet hätte – kommt VW nun günstig durch die Hintertür davon. Der Konzern legt 9 Millionen Euro auf den Tisch und kann dafür erneut ein größeres Kapitel des Skandals abhaken. Auch im Falle des damaligen Konzernchefs Martin Winterkorn ist eine vorzeitige Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen denkbar. Dem Wolfsburger Dax-Konzern dürften auf diese Weise eine Menge negativer Schlagzeilen in den kommenden Jahren erspart bleiben.
VW kann weiteres Dieselkapitel abhaken
Volkswagen kann damit weiter auf seiner bisherigen Strategie zum Umgang mit dem Dieselskandal beharren. Dabei geht es weniger um vollständige Aufklärung der Vorgänge, Transparenz oder gar Reue, sondern in erster Linie darum, sich möglichst gekonnt aus der Affäre zu ziehen und so wenige Details wie möglich öffentlich werden zu lassen.
Aus Sicht von Anlegern, die damals viel Geld verloren haben, und Kunden, die mit manipulierten Dieselfahrzeugen umherfuhren, dürfte es ein weiterer Schlag ins Gesicht sein, dass die verantwortlichen Manager juristisch glimpflich davonkommen und der Prozess nicht einmal vollständig geführt wird.