VW Aktie: Umbruch für eine bessere Zukunft?
Herbert Diess hat große Pläne. Der ehemalige VW-Markenchef, der seit dem Frühjahr das Ruder als Vorstandsvorsitzender des VW-Konzerns übernommen hat, will tiefgreifende Änderungen umsetzen.
Das zeichnete sich bereits unmittelbar nach seinem Antritt ab: Praktisch zeitgleich mit dem Führungswechsel verkündete VW eine Neustrukturierung der Unternehmensbereiche. Demnach soll sich der Konzern künftig in vier Segmente gliedern: Volumen (VW, Seat, Skoda), Premium (Audi), Super-Premium (Porsche, Bentley, Bugatti, Lamborghini) und Nutzfahrzeuge (MAN, Scania).
Doch nicht nur die Markenstruktur wird neu geordnet, auch die Vertriebswege stehen inzwischen auf dem Prüfstand. So soll der Vertrieb in den kommenden zwei Jahren umfassend digitalisiert werden, in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Händlern, die für die Umrüstung finanzielle Unterstützung durch den VW-Konzern erfahren sollen.
Neuer Abgastest – neue Herausforderungen
Nachholbedarf sieht Diess zudem auch beim technischen Stand der Fahrzeugflotte: Ab September müssen Neufahrzeuge einen neuen WLPT-Abgastest bestehen und danach zertifiziert werden. Dies ist bislang nur bei wenigen Modellen aus dem Hause Volkswagen der Fall, die Konkurrenz von Daimler oder
BMW ist da schon wesentlich weiter.
Diess begründet den Rückstand mit den Zusatzbelastungen der internen Entwicklungsabteilungen durch die Auswirkungen des Dieselskandals: So mussten in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Softwareoptionen Zulassungsverfahren durchlaufen, anderes blieb dabei offenbar auf der Strecke.
Und so kommt es, dass Volkswagen nun auf bis zu 250.000 Neufahrzeugen sitzt, deren Zulassung sich wegen der neuen Abgastests verzögern dürfte. Um all diese Fahrzeuge zwischenzuparken, hat Volkswagen nun einen Deal mit dem Pannenflughafen BER geschlossen, wie vor wenigen Tagen bekannt wurde. Demnach haben die Wolfsburger größere Flächen auf dem Gelände des BER angemietet, um dort die Fahrzeuge zwischenzeitlich auszulagern – eine Win-Win-Situation für beide Beteiligten, denn der BER kann nach der eigenen, nach wie vor andauernden Pannenserie Einnahmen bekanntlich gut gebrauchen.
VW Aktie nach Schlagzeilen weiter unter Druck
Diess jedenfalls arbeitet mit Hochdruck daran, Volkswagen für die Zukunft zu rüsten und den Dieselskandal hinter sich zu lassen. Vor allem Letzteres ist jedoch gar nicht so einfach, denn auch gegen Diess selbst wird noch ermittelt, ebenso wie gegen etwa 50 weitere Beschuldigte.
Die Untersuchungen gegen den aktuellen VW-Chef beziehen sich auf den Verdacht einer möglichen Marktmanipulation. Demnach sollen Diess, sein Vorvorgänger Martin Winterkorn sowie Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch Anleger zu spät über den Dieselskandal und mögliche Auswirkungen dessen auf den Aktienkurs informiert haben.
Diess betonte jedoch zuletzt erneut, dass er zumindest für sich selbst keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchte und sich nichts vorzuwerfen habe. Ebenso äußerte er sich bestürzt über die Verhaftung von Audi-Markenchef Rupert Stadler vor wenigen Wochen. Über dessen Zukunft im VW-Konzern ist jedoch noch nicht final entschieden.
Anleger schienen die Zuversicht in letzter Zeit wieder eher zu verlieren: Der Kurs der VW Aktie ist auf Monatssicht um rund 15 Prozent abgesackt, Anfang der Woche kostet das Papier etwa 142 Euro.