Volkswagen: Gute Gerichtsurteile, schlechte Zahlen

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Seit gestern gibt es neue Urteile zu Volkswagen und der Causa Dieselmanipulation – und die dürften dem Konzern gerade sehr gelegen kommen.

So entschieden die Juristen, dass Kunden, die ein manipuliertes Dieselfahrzeug von Volkswagen besitzen, unter bestimmten Voraussetzungen keinen Anspruch auf Schadensersatzzahlungen durch die Wolfsburger haben.

Wann der Schadensersatzanspruch entfällt

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Skandals im September 2015 erworben wurde. Da das Thema seinerzeit eine breite öffentliche Diskussion hervorrief und auch in den Medien prominent aufgegriffen wurde, gehen die Richter davon aus, dass später nicht mehr von arglistiger Täuschung ausgegangen werden kann. Die Kunden hätten also um die Risiken wissen müssen.

Ebenfalls reduziert sich der Anspruch auf finanzielle Entschädigung auf bis zu null, je mehr Kilometer das betreffende Fahrzeug zurückgelegt hat. Im konkreten Fall hatte ein Vielfahrer rund 250.000 gefahrene Kilometer auf dem Tacho – und damit die durchschnittlich zu erwartende Lebensdauer seines Fahrzeugs bereits erreicht, sodass auch in diesem Fall kein Schadensersatz fällig wird, so die Richter. Ein Rückschlag ist das vor allem für Besitzer älterer Fahrzeuge, denn ihre Schadensersatzansprüche reduzieren sich mit jedem gefahrenen Kilometer.

Aufatmen in Wolfsburg

In Wolfsburg dürfte man aufatmen angesichts der aktuellen Urteilssprüche, denn wie die gesamte Branche hat auch der Volkswagen Konzern massiv zu kämpfen mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.

Im ersten Halbjahr 2020 fuhr der Konzern einen Verlust vor Steuern von 1,4 Milliarden Euro ein – im Vorjahreszeitraum hatte Volkswagen noch fast 10 Milliarden Euro Gewinn verbuchen können. Dennoch gibt sich das Management zuversichtlich, dass für das Gesamtjahr ein Gewinn erzielt werden kann, wenn auch auf bedeutend geringerem Niveau als im Vorjahr.

Zaghafte Erholung

Hintergrund sind die massiven Beschränkungen im Frühjahr, die nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit spürbare Auswirkungen hatten: Produktionsstätten standen wochenlang still, Autohäuser blieben geschlossen, Exporte lagen brach. Allein im April verzeichnete Volkswagen einen Absatzeinbruch um 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Danach setzte mit den Lockerungen der Beschränkungen jedoch auch eine zaghafte Erholung ein. So lagen die Auslieferungen im Juni noch 18 Prozent unter Vorjahreswert, für den Juli erwartet VW eine Differenz zum Vorjahr um weniger als 10 Prozent.

Der Umsatzrückgang summiert sich für das erste Halbjahr auf 23 Prozent, hier erzielte der Konzern 96 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen konnte die Erwartungen der Experten immerhin leicht übertreffen, hier verzeichnete Volkswagen ein Minus von 0,8 Milliarden Euro.

Dividende gekürzt – Aktie im Sinkflug

Die wirtschaftlichen Verwerfungen und auch weiterhin bestehenden Unsicherheiten des laufenden Jahres bekommen indes auch die Anleger zu spüren. Die ursprünglich vorgesehene Dividendenzahlung von 6,56 Euro je Vorzugsaktie für das Jahr 2019 soll nach den Plänen der Konzernführung um 1,70 Euro reduziert werden auf 4,86 Euro.

Bei den Anlegern kam das nicht gut an, die Aktie rutschte im Wochenverlauf deutlich ins Minus und beschleunigte ihren Abwärtskurs am Donnerstag, sodass sie bis Freitagmittag knapp 12 Prozentpunkte tiefer notierte als noch zu Beginn der Woche.