Risiko: Warum Volkswagen in China auf sehr dünnem Eis fährt!

Risiko: Warum Volkswagen in China auf sehr dünnem Eis fährt!
Tobias Arhelger / stock.adobe.com
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Seit Jahren schon haben Kritiker Volkswagen und dessen Präsenz in China im Visier. Im Mittelpunkt, Sie werden es schon ahnen, steht die Autofabrik in der Provinz Xinjiang, die VW über ein Joint-Venture mit dem chinesischen Branchenprimus SAIC betreibt.Uiguren in Xinjiang: Heftige Vorwürfe gegen China

Das Problem: Laut verifizierten Berichten unterdrückt das chinesische Regime in dieser Provinz die muslimische Volksgruppe der Uiguren. Im letzten Jahr hatten Bilder zu den Umerziehungslagern das Ausmaß dieser menschenrechtswidrigen Politik erahnen lassen. Demnach versucht Peking die muslimische Minderheit mit Gewalt und Freiheitsentzug ihrer kulturellen Identität zu berauben.

Laut dem UN-Sonderberichterstatter Tomoya Obokata geht die Assimilationspolitik gar so weit, dass die Uiguren zu Zwangsarbeit in der Landwirtschaft und in Fabriken gedrängt werden. Das Vorgehen könne möglicherweise als Sklaverei und somit als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden, so der UN-Menschenrechtsexperte.

Sklavenarbeit? VW-Manager dementiert

Entsprechend befürchten Kritiker, dass auch im Umfeld der VW-Fabrik Zwangsarbeiter eingesetzt werden, also nicht unbedingt in dem Werk selbst, sondern bei lokalen Zulieferern. Die chinesische Regierung jedenfalls weist seit Jahren sämtliche Vorwürfe energisch zurück. Aber auch VW selbst will davon nichts wissen.

Vor wenigen Wochen hatte VW-China-Chef Ralf Brandstätter das Werk in Ürümqi (Xinjiang) als erster Top-Manager des Konzerns seit mehreren Jahren besucht. Und Brandstätter fand vor Ort keine Anzeichen für Menschenrechtsverletzungen. Die Arbeiter seien mit ihrer Situation zufrieden, so der Manager. Zu den lokalen Zulieferern konnte Brandstätter indes keine Angaben machen.

Fabrik wirtschaftlich offenbar kaum relevant

Ohnehin versuchte Brandstätter die Bedeutung der Fabrik für den VW-Konzern möglichst klein zu halten. Es habe eine Änderung des Geschäftsmodells gegeben. So finde an dem Standort statt der Fahrzeugmontage mittlerweile nur noch der letzte Inbetriebnahme-Prozess statt.

Das heißt: Die Autos kommen im Prinzip fertig aus anderen Fabriken in Ürümqi an und werden dort nur noch für den Handel vorbereitet. Entsprechend haben VW und SAIC die Mitarbeiterzahl vor Ort deutlich reduziert – von 700 auf 240. Laut Brandstätter sollen in Ürümqi im laufenden Jahr nur noch 10.000 Wagen ausgeliefert werden. Ursprünglich sei die Fabrik auf 50.000 Fahrzeuge ausgelegt gewesen.

Wirtschaftlich bedeutend ist der Standort für Volkswagen also offenbar nicht. Und auch die konkreten Vorwürfe im Zusammenhang mit der Fabrik lassen sich kaum verifizieren, da China unabhängige Untersuchungen unterbindet. Trotzdem birgt das Engagement in der Uiguren-Region für die Wolfsburger ein großes Problem – vielleicht sogar das größte seit dem Dieselskandal.

MSCI vergibt Red Flag an Volkswagen

Schauen Sie: Die mächtige US-Ratingagentur MSCI hatte im Herbst sämtliche VW-Aktien aus ihren nachhaltigen Produkten gestrichen. Die Begründung: Im Rahmen eines Reports habe man festgestellt, dass es „Anschuldigungen wegen Zwangsarbeit in der Geschäftstätigkeit“ von Volkswagen gebe (via WirtschaftsWoche, WiWo).

Daher bekam VW von MSCI in der Kategorie „Soziales“ die höchste Abwertung, eine sogenannte Red Flag. Nun hat die Einschätzung der Ratingagentur erste größere Konsequenzen auch in Deutschland.

Deka streicht VW-Aktie aus Nachhaltigkeitsfonds

Bildquelle: Startseite (deka.de)

Wie die WiWo berichtet, hat die Investmentbank Deka als Reaktion auf den MSCI-Bericht kürzlich entschieden, dass die Fondsmanager der Deka-eigenen Nachhaltigkeitsfonds nicht länger in Volkswagen investieren. Deka-Manager Ingo Speich sagte zur Wirtschaftszeitung, dass VW aus Deka-Sicht nicht mehr inverstierbar sei, wenn es um nachhaltige Finanzprodukte gehe.

Speich sprach von möglichen Verstößen gegen den Global Compact der Vereinten Nationen, mit dem sich Unternehmen unter anderem zur Einhaltung und Förderung von Menschenrechten verpflichten.

Klar: Die Maßnahme bezieht sich nur auf die Nachhaltigkeitsfonds. Trotzdem dürfte Deka als einflussreiches Wertpapierhaus der Sparkassen-Gruppe damit ein Signal an andere Investment-Akteure senden, die die VW-Aktie nun ebenfalls aus ihren nachhaltigen Produkten streichen könnten.

Zumindest was die Aktie angeht, erwartet Deka-Manager Speich durch die Maßnahme jedoch keinen allzu großen Effekt. Denn: Der Konzern ist größtenteils im Besitz von Ankeraktionären. Darunter das Land Niedersachsen und die Familie Porsche-Piëch. Und diese dürften dem Autobauer die Treue halten.

Bei der Refinanzierung hingegen sieht das Ganze laut Speich anders aus. VW sei auf die Geldbeschaffung via Anleihen angewiesen. Das heißt: Das Misstrauen von Investoren könnte nun dazu führen, dass die Unternehmensanleihen häufiger gemieden werden. Und das würde VW finanziell durchaus erheblich belasten.

Mein Fazit für Sie

VW befindet sich in einem Dilemma. Auf der einen Seite ist China längst der wichtigste Einzelmarkt der Wolfsburger und damit für hohe Umsätze und Gewinne verantwortlich. Auf der anderen Seite sorgt die Politik der Kommunistischen Partei für erhebliche Kritik und im Endeffekt zu der Frage: Sollten deutsche Unternehmen das Regime mit ihrer Anwesenheit und Wirtschaftskraft überhaupt unterstützen?

Was man sagen kann: Der (politische) Druck auf Volkswagen dürfte in den nächsten Monaten und Jahren weiter zunehmen. Auf langfristige Sicht ist das meiner Meinung nach der größte Risikofaktor rund um das Auto-Imperium aus Wolfsburg. Als Anleger jedenfalls sollten Sie dieses Thema nicht unterschätzen.