Volkswagen-Aktie: Analysten sind sich nicht einig

Volkswagen-Aktie: Analysten sind sich nicht einig
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Mit seinen vorläufigen Zahlen zum Schlussquartal 2023 hat der Volkswagen Konzern im Wesentlichen den Erwartungen von Anlegern und Analysten entsprochen. Vor wenigen Tagen legten die Wolfsburger frische Ergebnisse auf den Tisch, die detaillierte Bilanzvorlage wird in dieser Woche erwartet.

Vorläufige Zahlen im Rahmen der Markterwartungen

Nach den vorläufigen Schätzungen soll sich der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 10 bis 15 Prozent gesteigert haben. Nach knapp 280 Milliarden Euro in 2022 wären das Umsätze zwischen 307 und 321 Milliarden Euro. Analysten hatten im Schnitt mit einem Umsatzanstieg um 13 Prozent auf knapp 316 Milliarden Euro gerechnet. Beim operativen Ergebnis geht man in Wolfsburg von rund 22,5 Milliarden Euro aus, was etwas oberhalb der Konsensschätzungen von 21,8 Milliarden Euro liegen würde.

Während Volkswagen somit im vergangenen Jahr die Erwartungen wohl weitgehend erfüllen konnte, fällt der Ausblick für 2024 deutlich eingetrübt aus. Die operative Umsatzrendite wird wohl nur geringfügig über den 7,0 Prozent des Vorjahres liegen, wenn überhaupt – denn Volkswagen sieht Investitionsbedarf.

Konkurrent BYD holt auf

Für Entwicklung, Produkte und Anlagen will der Autobauer um die 14 Prozent seines Umsatzes investieren. Ausbauen will Volkswagen unter anderem sein Engagement im Reich der Mitte. Gemeinsam mit dem chinesischen Startup XPeng sollen Elektrofahrzeuge entwickelt und ab 2026 auf den Markt gebracht werden.

Gerade der chinesische Absatzmarkt ist hart umkämpft. Hier gibt es eine aufstrebende Mittelschicht mit zunehmender Kaufkraft – zugleich sprießen aber auch etliche neue Konkurrenten aus dem Boden. XPeng ist einer davon, gerade einmal zehn Jahre alt und wichtiger Partner für Volkswagen, um Marktanteile in Fernost zurückzugewinnen. Dort hat kürzlich der chinesische Hersteller BYD die Pole Position übernommen – und will nun auch Europa erobern.

VW wegen Xinjiang zunehmend unter Druck

Doch China ist noch aus einem anderen Grund ein heißes Eisen für Volkswagen. Seit Jahren steht der Konzern in der Kritik wegen seines Werks in Xinjiang, der Vorwurf von Zwangsarbeit und Menschenrechtsverletzungen steht im Raum. Unter anderem gibt es Medienberichten zufolge Hinweise auf den Einsatz von Zwangsarbeitern beim Bau einer Teststrecke, die VW gemeinsam mit dem regionalen Partner SAIC betreibt. Mitte Februar wurde bekannt, dass die Wolfsburger Gespräche führen über die künftigen Aktivitäten in Xinjiang. Zuvor hatte sich der Chemiekonzern BASF aus der Region zurückgezogen. So weit will man bei Volkswagen bislang nicht gehen.

Doch die Warnzeichen häufen sich: Als „nicht investierbar“ wurde die VW Aktie zuletzt von mehreren Fondsgesellschaften gebrandmarkt. Die Urteile bezogen sich auf Nachhaltigkeitsfonds, die sich unter anderem an den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen orientieren und neben Umwelt- auch soziale und Menschenrechtsaspekte umfassen.

VW Aktie fliegt aus Nachhaltigkeitsfonds

Welche Kriterien genau Unternehmen erfüllen müssen, um in entsprechenden Fonds als investierbar zu gelten, ist unterschiedlich. Die Gewichtung verschiedener Kriterien nehmen die Fondsgesellschaften selbst vor. Zuletzt hat sich nach der Deka Bank auch Union Investment so positioniert, dass die VW Aktie in Nachhaltigkeitsfonds nicht mehr vorhanden sein wird.

Allianz Global Investors sowie auch die Deutsche-Bank-Tochter DWS halten dagegen an der VW Aktie fest beziehungsweise schließen ihre Aufnahme in nachhaltige Portfolios nicht aus. Ob es dabei bleibt, ist eine andere Frage, denn der Druck auf den Konzern mit Blick auf das Werk in Xinjiang nimmt seit Monaten zu.

Nachhaltigkeitsfonds bilden bislang nur ein Nischenprodukt am Kapitalmarkt, gewinnen aber zunehmend an Bedeutung. Einerseits steigt weltweit das Bewusstsein für die Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten wie Umweltschutz und sozialen Standards, andererseits rücken mehr jüngere Anleger nach, die neue Perspektiven und Prioritäten mit sich bringen und unter dem Eindruck des Klimawandels aufgewachsen sind. Gerade der jüngeren Zielgruppe dürften nachhaltige Investments wichtiger werden. Wenn die VW Aktie hier dauerhaft fehlt, könnte das auf lange Sicht zum Problem werden.

Analysten uneins über weitere Bewertung der VW Aktie

Zuletzt entwickelte sich die im Dax gelistete VW Vorzugsaktie mäßig. Seit Beginn des Jahres steht ein geringfügiges Plus unterm Strich, der Kurs lag zum Wochenauftakt bei gut 116 Euro. Sehr viel mehr wird’s auch nicht werden, schätzt zumindest das US-Analysehaus Bernstein Research, das die VW Aktie mit „market-perform“ einstuft und das Kursziel ebenfalls unverändert bei 124 Euro belässt.

Optimistischer zeigten sich zuletzt dagegen Experten der britischen Barclays Bank und des Analysehauses Jefferies: Beide bekräftigten ihre Kaufempfehlungen mit Kurszielen von 135 beziehungsweise 150 Euro.

Bei der Deutschen Bank geht man noch einen Schritt weiter: Hier bestätigten Analysten die Kaufempfehlung mit Kursziel 180 Euro und sieht nach den jüngsten Rückschlägen und gedämpften Erwartungen die Chance auf positive Überraschungen.