Siemens Aktie tiefrot nach turbulenter Hauptversammlung

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Die Ereignisse in Thüringen haben die mediale Aufmerksamkeit am Mittwoch auf sich gezogen, doch auch in München ging es hoch her. In der Olympiahalle hatte Siemens zur jährlichen Hauptversammlung geladen. Und schon im Vorfeld zeichnete sich ab, dass es diesmal turbulent werden dürfte.

Draußen vor der Halle versammelten sich Umweltaktivisten, um gegen die Aktivitäten von Siemens im Zusammenhang mit einem gigantischen Kohlekraftwerk in Australien zu demonstrieren. Der deutsche Industriekonzern liefert Signalanlagen für eine Bahntrasse für das Projekt und erntet dafür reichlich Kritik, da man sich zugleich Umweltbewusstsein und Reduktion von Emissionen auf die Fahnen schreibt.

Proteste vor und in der Halle

Nun sind die Proteste von Aktivisten im Kontext von Hauptversammlungen von Dax-Konzernen nicht neu, dazu kommt es immer wieder. Neu – und aus Sicht von Siemens-Chef Joe Kaeser bedenklicher – ist, dass sich der Widerstand diesmal nicht nur vor, sondern auch in der Halle abspielte. Zahlreiche Aktionäre oder Aktionärsvertreter ergriffen das Wort, auch hier wurde scharfe Kritik geübt an der Beteiligung am australischen Kraftwerksprojekt.

Kaeser hatte sich in diesem Zusammenhang vor wenigen Wochen einen PR-Gau geleistet, nachdem er sich zunächst öffentlichkeitswirksam mit der Fridays for Future-Aktivistin Luisa Neubauer getroffen hatte und kurz darauf das Festhalten am Australienprojekt bekanntgab. Von Erkenntnis oder Läuterung keine Spur, stattdessen verwies der Siemens-Chef – nicht ganz zu Unrecht – auf Vertragstreue und Verlässlichkeit als Eckwerte für die Zusammenarbeit mit (künftigen) Kunden.

Aktionäre äußern Kritik an Siemens-Führung

An diesem Standpunkt hat sich seither nichts geändert. Doch das Thema gewinnt auf der internen Siemens-Agenda einen immer höheren Stellenwert, denn neuerdings sind es nicht mehr nur die Aktivisten draußen vor der Tür, sondern auch die Anteilseigner drinnen bei der Hauptversammlung, die ihren Unmut in dieser Sache kundtun.

Deutlich wurde das unter anderem in den vergleichsweise schwachen Ergebnissen, die die Führungsetage beim Thema Entlastung einfuhr: Fast 6 Prozent verweigerten Kaeser die Zustimmung, die in früheren Jahren regelmäßig bei 98 oder 99 Prozent gelegen hatte. Der Aufsichtsrat fuhr ähnliche Ergebnisse ein.

Umweltschutz rückt stärker in den Fokus – aber aus den falschen Gründen

Damit scheint das Thema Umwelt- und Klimaschutz nun auch für Kaeser allmählich an Bedeutung zu gewinnen, obwohl er es zugleich als „grotesk“ bezeichnete, dass das Unternehmen in den Fokus der Proteste der Umweltaktivisten gerückt sei. Aber wenn die Aktionäre revoltieren, hört der Spaß bekanntlich auf. Die turbulente Hauptversammlung zog sich über neun Stunden hin, die Siemens Aktie geriet arg in Bedrängnis. Sie lag am Donnerstagmorgen nach der Hauptversammlung rund 4 Prozent im Minus.

Siemens kündigte strategische Veränderungen an, hin zu einer stärkeren Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialthemen, da diese auch für die Investoren stärker in den Mittelpunkt rückten. Damit sendet der Konzern ein zwiespältiges Signal aus: Einerseits strebt man sinnvolle Ziele an, scheint dies aber andererseits weniger aus eigenem Antrieb zu tun, sondern eher auf Druck von oder aus Rücksicht auf Anteilseigner.

So richtig verstanden hat Kaeser anscheinend noch nicht, wo das Problem liegt, das ihm derzeit so viel Gegenwind beschert.