SAP – Rückzug aus Russland bremst Wachstum

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Trotz passabler Zahlen gibt der Aktienkurs von SAP nach – allerdings in einem schwachen Marktumfeld. Wie geht’s weiter mit den Papieren?

Besorgniserregender Kursverfall

Der Walldorfer DAX-Konzern SAP, aktuell der größte europäische Softwarekonzern sowie einer der größten weltweit, hat seinen Anlegern lange Zeit viel Freude bereitet. Immerhin stieg der Aktienkurs nach der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2007 scheinbar unaufhaltsam von 25 bis auf beinahe 140 Euro.

Doch nachdem die SAP-Aktie im August 2020 ihren Höchststand erreicht hatte, folgte während der Corona-Pandemie innerhalb von etwas mehr als zwei Monaten ein besorgniserregender Absturz um mehr als ein Drittel bis auf 90 Euro Anfang November 2020. Seitdem kann sich die Aktie nicht nachhaltig für eine Richtung entscheiden, stieg zwischenzeitlich wieder bis auf fast 130 Euro im November 2021, nur um mit Beginn des Ukraines-Kriegs Ende Februar 2022 erneut unter die 100 Euro-Marke zu rutschen.

Q1-Zahlen unterstreichen Unsicherheit

Die Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2022 (Q1) unterstreichen diese Unentschiedenheit, werden doch die Erwartungen der Analysten teilweise übertroffen, teilweise verfehlt. Speziell das hohe Wachstum im Cloud-Bereich weckt berechtigte Hoffnungen darauf, dass sich der Aktienkurs längerfristig nachhaltig nach oben orientieren wird. Gleichzeitig hinterlässt der Rückzug aus dem Russland-Geschäft als Folge des Ukraine-Kriegs erkennbare Bremsspuren in der Bilanz.

Boomendes Cloudgeschäft sorgt für stark steigende Umsätze

Insgesamt konnte SAP den Umsatz in Q1 im Vorjahresvergleich um 11 Prozent auf knapp 7,08 Milliarden Euro steigern und übertraf damit die durchschnittlichen Erwartungen der Analysten. Dafür verantwortlich zeichnen in erster Linie die Clouderlöse mit einem Wachstum um 31 Prozent auf 2,82 Milliarden Euro, wogegen die Softwarelizenz- und Softwaresupporterlöse um 1 Prozent auf 3,24 Milliarden Euro zurückgingen.

Dieser Rückgang wiederum lässt sich damit begründen, dass das Geschäft mit Softwarelizenzen um 34 Prozent auf nur noch 317 Millionen Euro schrumpfte, was das Plus von 4 Prozent beim Softwaresupport auf gut 2,92 Milliarden Euro nicht vollständig kompensieren konnte.

Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis sank um 4 Prozent auf 1,68 Milliarden Euro, der Gewinn verringerte sich um 41 Prozent auf 632 Millionen Euro – hier hatten die Branchenexperten bessere Zahlen erwartet. Erklärt wird der Rückgang mit höheren Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Marketing, aber auch mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.

Unveränderter Ausblick trotz eines unsicheren gesamtwirtschaftlichen Umfelds

Der Rückzug aus dem Russland-Geschäft wird laut Management den Umsatz im Geschäftsjahr 2022 um voraussichtlich 300 Millionen Euro verringern, das bereinigte Betriebsergebnis sogar um 350 Millionen Euro. Dennoch wird die Prognose für 2022 beibehalten – unter der Voraussetzung, dass sich die geopolitische Lage nicht drastisch verschlechtert, was primär im starken Cloudgeschäft begründet liege.

Das Management erwartet für das Geschäftsjahr 2022 eine währungsbereinigte Wachstumsrate von 23 bis 26 Prozent bei den Clouderlösen und ein währungsbereinigtes Betriebsergebnis zwischen 7,8 und 8,25 Milliarden Euro. Damit würde der Vorjahreswert von 8,23 Milliarden Euro beim Betriebsergebnis im Idealfall bestätigt, im schlechtesten Fall um 5 Prozent unterboten.

Nach Bekanntgabe der Quartalszahlen fiel der Kurs der SAP-Aktie in einem recht schwachen Marktumfeld im Vormittagshandel um gut 3 Prozent auf 96 Euro. Das ist weit entfernt von den 135 Euro Kursziel von Warburg und JPMorgan nach den Zahlen. Baader Bank bleibt sogar bei 150 Euro.