Linde-Aktie: Abschied vom DAX steht bevor

Linde-Aktie: Abschied vom DAX steht bevor
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Der weltweit führende Industriegase-Produzent Linde plc. geht nach der Fusion mit dem ehemaligen Konkurrenten Praxair und dem 2018 vollzogenen Umzug nach Irland nun einen vorerst letzten Schritt in der Restrukturierung des Konzerns.

So kündigte das Unternehmen am 24.10.2022 eine umfangreiche Neuorganisation an, die mit einem Rückzug der Notierung der Aktien an der Frankfurter Börse (und damit verbunden einem Ausscheiden aus dem Deutschen Aktienindex DAX) verbunden ist. Gleichzeitig soll eine Dachgesellschaft als Holding unter dem Namen Linde gegründet werden, deren Aktien an die Stelle der bisherigen Linde Aktien treten.

Für die Umsetzung ist nur noch eine kleine Hürde zu nehmen.

Außerordentlichen Hauptversammlung muss entscheiden

Für den 18.01.2023 hat die Gesellschaft in 10 Riverview Drive, Danbury, Connecticut 06810, Vereinigte Staaten, für 10 Uhr östlicher amerikanischer Zeit zu einer gerichtlich angeordneten außerordentlichen Hauptversammlung (ein lediglich formaler Akt) und direkt anschließend zu der eigentlichen außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen.

An der Wahl des Ortes der Versammlung ist für jeden Interessierten bereits zu erkennen, wohin die Reise des Unternehmens in dieser Frage gehen wird.

Ziel der Versammlungen ist es, die Zustimmung der Aktionäre zu einer von der Unternehmensführung vorgeschlagenen Umstrukturierungstransaktion einzuholen. Diese sieht folgendes vor:

Es soll ein Aktientausch vollzogen werden, indem die bisherigen Aktien der Linde plc 1:1 in neue Linde Aktien umgetauscht werden. Zusätzlich soll anschließenden eine konzerninternen Umstrukturierung vollzogen werden, die unter anderem dazu führen würde, dass die Stammaktien von Linde plc nicht mehr an der Frankfurter Börse sondern nur noch an der New Yorker Börse notiert würden.

Gründe für den Schritt

Linde nennt in einem Schreiben an die Aktionäre 4 Hauptgründe für die Reorganisation:

  • Abschaffung der auf der Marktkapitalisierung basierenden Limite. Bisher ist der DAX stets schwächer als die Linde Aktie gelaufen, daher musste die Gewichtung immer wieder auf unter 10 % angepasst werden (die höchste zulässige Gewichtung einer einzelnen Aktie im DAX). Das führte zu Kursverlusten, weil Indexfonds die Aktie daraufhin verkaufen mussten.
  • Verringerung der regulatorischen Komplexität. Weil in den USA und in Europa unterschiedliche Anforderungen an den Börsen existieren, kann die doppelte Notiz für Unternehmen höhere Kosten erfordern.
  • Betonung der globalen Präsenz. Die USA sind für Linde der größte Absatzmarkt, die New York Stock Exchange ist der mit Abstand wichtigste und bedeutendste Aktienmarkt der Welt
  • Kontinuität des Geschäftsbetriebs und Gouvernante. Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden keine Wechsel im Management, in der Geschäftsausrichtung und Geschäftsaktivitäten vorgenommen.

Abschied des Aktienhandels aus Frankfurt

Mit der Entscheidung, die Aktie nicht mehr in Frankfurt zu notieren, wird Linde aus dem DAX ausscheiden müssen. Damit wird der DAX sein wertvollstes Unternehmen verlieren, welches in den letzten Jahren mit einem Indexgewicht von rund 10 % stets an der Spitze stand. Im Vergleich der Kursverläufe von DAX und Linde seit 2018 können Sie sehen, dass der Abstand von Linde zum DAX im Zeitablauf immer größer geworden ist.

Stand: 31.12.2022

Diese Kursverläufe stützen die Argumentation von Linde. So wird Linde Chef Sanjiv Lamba mit den Worten zitiert: „Die Struktur der doppelten Börsennotierung hat uns zwar von Anfang an gute Dienste geleistet, aber sie hat unsere Aktienbewertung durch die europäischen Beschränkungen und die zunehmende Komplexität eingeschränkt“.

Damit kann man sagen, Linde war in der Kursentwicklung zu gut für den DAX. Gleichzeitig geht der Vorstand von Linde davon aus, dass die Notiz im DAX die Kursentwicklung von Linde gebremst hat. Dieser Mechanismus würde zukünftig wegfallen. Man erhofft sich somit eine (noch) bessere Kursentwicklung von Linde.

Besitzverhältnisse bei Linde lassen eine Zustimmung vermuten

Aktuell werden die Linde plc Aktien unter folgenden Börsenkürzeln gehandelt:

WKNIE00BZ12WP82
ISINA2DSYC

Eine Zustimmung der Aktionäre zu den Änderungen gilt auf Grund der Besitzverhältnisse, ein Großteil der Investoren ist in den USA ansässig, als relativ sicher. Zudem werden inzwischen nur noch 10 bis 20 Prozent der Umsätze in der Aktie in Deutschland abgewickelt. Wenig Argumente und Stimmen, die für eine Ablehnung des Vorschlags votieren könnten.

Linde hat dabei 552.012.862 Aktien mit einem nominalen Nennwert von 0,001 Euro emittiert. Gemäß Aussagen auf der Linde Homepage (Stand 31.12.2022) sind davon 59.430.987 Aktien im eigenen Besitz. Das entspricht aktuell einem Gegenwert von ca. 18 Mrd. Euro. Damit sind diese eigenen Aktien nicht stimmberechtigt. Allerdings könnten sie wieder in den Markt zurückgebracht werden.

Die wichtigsten Einzelaktionäre von Linde (Stand: 30.12.2022):

Black Rock                                                    ca. 7,4 %

The Capital Group Companies                      ca. 7,2 %

State Street Corporation                                ca. 3,9 %

Die Folgen für den DAX und den deutschen Aktienmarkt

Mit dem Abgang von Linde aus Frankfurt und dem DAX verliert der Börsenplatz Deutschland das wertvollste (heimische) Unternehmen, immerhin liegt der Börsenwert von Linde bei aktuell rund 150 Mrd. Euro. Damit befindet Linde mit einem Börsenwert von umgerechnet 160 Mrd. US Dollar ca. auf Platz 75 aller börsennotierten Unternehmen weltweit (Stand: 30.12.2022).

Damit wird es im Jahr 2023 (Termin noch offen) einen außerplanmäßigen Wechsel im DAX geben. Da der „neue“ nachrückende Kandidat im DAX bei weitem nicht die gleiche Gewichtung im DAX einnehmen kann werden alle anderen DAX Aktien ein etwas höheres Gewicht als bisher im Index erhalten und damit von Indexfonds entsprechen zugekauft werden müssen.

Die Folgen für Sie als Besitzer von Linde Aktien

Als Aktieninhaber von Linde haben Sie Stimmrecht und können Ihre Stimme in die Waagschale legen. Darüber hinaus müssen Sie zunächst nichts tun, die Aktien werden (im Falle einer mehrheitlichen Zustimmung) automatisch in ihrem Depot in gleicher Stückzahl getauscht. Wahrscheinlich erhält die neue Linde Aktie eine neue Wertpapierkennnummer.

Sollten Sie Ihre Linde Aktien in Zukunft verkaufen oder neue Aktien kaufen wollen, können Sie dies (wie auch bisher) direkt in den USA umsetzen. Das würde allerdings Ihre Transaktionskosten (Provisionen für Banken oder Broker) deutlich erhöhen. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch in Deutschland künftig Linde Aktien handelbar bleiben, aber mit geringeren Umsätzen und an weniger Börsenplätzen als bisher. Achten Sie hierbei auch auf Hinweise Ihrer depotführenden Bank.

Linde ist und bleibt eine Investition in US Dollar

Bereits seit einiger Zeit bilanziert Linde in US Dollar, bedenken Sie als Investor immer mögliche Wechselkursverschiebungen zwischen Euro und US Dollar, die Ihre Gewinne beeinflussen können. Mit der Linde Aktie haben Sie übrigens bereits jetzt ein Investment auf Grundlage von US Dollar in Ihrem Depot.

Resumee

Der Rückzug von Linde aus Deutschland ist eine Trennung, die sich bereits länger abzeichnete. Bereits mit dem Umzug der Konzernzentrale nach Dublin im Jahr 2018 nach der Fusion mit Praxair wurden hierfür die Weichen gestellt, die nun geplante Umsetzung ist damit folgerichtig und konsequent. Nach aktuellem Stand der Dinge wird das größte Deutsche Unternehmen tatsächlich aus dem DAX verschwinden, und damit der deutsche Aktienhandel ein Schwergewicht und Traditionsunternehmen verlieren. Störfeuer sind bisher weder von Aktionärsseite noch von öffentlichen Stellen zu erwarten.