Covestro-Aktie: Prognosekürzung – was Sie beachten sollten!

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Der Ukraine-Krieg ist für die Weltwirtschaft eine Belastungsprobe. Doch das ist derzeit beileibe nicht das einzige Problem. Sie werden es schon ahnen: Es geht natürlich um China.

Die Pekinger Zentralregierung fährt seit Beginn der Corona-Pandemie eine strikte No-Covid-Strategie. Wegen der jüngsten Infektionsgeschehen verhängen die dortigen Behörden strenge Lockdowns. So ist beispielsweise die Metropole Shanghai seit Wochen praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.

Für die dortige Bevölkerung ist das ein Desaster – aber auch für die Wirtschaft. Besonders bitter: Auch deutsche Firmen sind von den strengen Corona-Maßnahmen in China betroffen und müssen ihre Produktion einstellen oder zumindest drosseln. Die in den letzten Jahrzehnten aufgebaute Abhängigkeit von der Volksrepublik fällt diesen Unternehmen nun auf die Füße.

Covestro: Shanghai-Standort extrem wichtig

Allen voran: Covestro. Der Leverkusener Kunststoffkonzern ist seit rund 20 Jahren ausgerechnet in der nun abgeriegelten Stadt Shanghai aktiv. Covestro betreibt dort diverse Verwaltungsgebäude, Forschungszentren und nicht zuletzt etliche Produktionsstätten.

Der Konzern beliefert rund um Shanghai die Baubranche, die Autoindustrie und Elektronikfirmen mit High-Tech-Polymerwerkstoffen, die für viele Bereiche des täglichen Lebens ausschlaggebend sind. Shanghai gilt für die Deutschen als weltweit größter Standort – noch vor dem Heimatstandort Leverkusen.

Lange Zeit war das China-Geschäft für Covestro eine Goldgrube. Nun sorgen die Pandemie und die harten staatlichen Maßnahmen für enorme Belastungen, wie der Konzern Anfang der Woche einräumen musste. Demnach hat Covestro unter anderem wegen des anhaltenden Lockdowns in Shanghai seine Jahresziele eingedampft.

Bittere Prognosekürzung

Konkret rechnet die Bayer-Abspaltung für 2022 nun mit einem operativen Ergebnis (EBITDA) zwischen 2,0 und 2,5 Milliarden Euro. Zuvor hatte man den Anlegern noch eine Spanne von 2,5 bis 3,0 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Analysten hatten dem Kunststoffkonzern im Schnitt übrigens 2,7 Milliarden Euro zugetraut.

Zum Vergleich: Im letzten Geschäftsjahr 2021 belief sich das EBITDA auf knapp 3,1 Milliarden Euro. Im schlimmsten Falle müsste Covestro im laufenden Jahr also einen Ergebnisrückgang von 35 Prozent hinnehmen. Das hat natürlich Auswirkungen auf den Geldmittelzufluss. So soll sich der „Free Operating Cash Flow“ nur noch bei 400 bis 900 Millionen Euro einpendeln (zuvor: 1,0 bis 1,5 Mrd.). Covestro muss also deutliche Abstriche bei der Liquidität machen.

Zu Jahresbeginn noch auf Wachstumskurs

Dabei liefen die Geschäfte zumindest im ersten Quartal noch sehr gut. Covestro erzielte in Q1 einen Umsatz von 4,7 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von satten 41,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Umsatz profitierte von der hohen Inflation. So konnte man in den ersten drei Monaten deutlich höhere Verkaufspreise für die Kunststoffprodukte erzielen.

Zwar musste auch Covestro mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten zurechtkommen. Diese konnte man aber zumindest im ersten Quartal noch kompensieren. So stieg das Betriebsergebnis EBITDA trotz Inflation um 8,5 Prozent auf 806 Millionen Euro. Der Nettogewinn verbesserte sich um 5,9 Prozent auf 416 Millionen Euro.

Dennoch warnte der Konzern nun, dass die Preiskompensation im zweiten Quartal und darüber hinaus wohl nicht mehr so gut funktionieren könne. So gebe es wegen des Ukraine-Kriegs enorme Risiken in Sachen Energieversorgung und Lieferketten. Zudem kühle sich die weltweite Konjunktur derzeit deutlich ab. Das könnte die Nachfrage nach den Kunststoffprodukten in Mitleidenschaft ziehen.

Das sagen die Analysten

Sie sehen also: Wie viele andere Firmen ist Covestro derzeit mit einer ganzen Palette an Problemen konfrontiert: Corona-Lockdown in China, Ukraine-Krieg, steigende Rohstoffpreise, hohe Energiekosten, gestörte Lieferketten und eine sich abkühlende Konjunktur.

Das alles drückt natürlich massiv auf den Aktienkurs. Allein am Dienstagvormittag sackte die Covestro-Aktie um 7 Prozent ab (Stand: 03.05.2022, 11:00 Uhr). Dabei war das Papier bereits in den letzten Wochen stark eingebrochen. Seit Mitte Februar ging es für die Aktie um 29 Prozent abwärts.

Bei den Analysten kam die gesenkte Prognose freilich alles andere als gut an. Trotzdem hielten die großen Investmentinstitute JPMorgan (62 Euro), Goldman Sachs (80) und Jefferies (56) auch nach der Zahlenveröffentlichung an ihren Kurszielen fest. Zum Vergleich: Am Dienstagvormittag kursierte das Papier bei rund 38 Euro (11:00 Uhr).

Das Ausmaß des gesenkten Ausblicks unterstreiche die Unsicherheit an den Weltmärkten, betonte etwa Analyst Chris Counihan von der US-Bank Jefferies (via dpa-AFX). Dennoch sei das erste Quartal besser ausgefallen als erwartet.

Mein Fazit für Sie

Meiner Meinung nach hat die Covestro-Aktie die äußeren Unsicherheiten und Probleme inzwischen recht umfänglich eingepreist. Dennoch könnte es angesichts der volatilen Weltlage zu weiteren Abwertungen kommen. Große kurzfristige Kurssprünge erwarten die Analysten übrigens erst einmal nicht – zu immens sind die aktuellen Risiken und zu abhängig ist Covestro von der Konjunktur.

Wollen Sie dennoch die derzeit recht günstigen Einstiegskurse nutzen, sollten Sie definitiv starke Nerven und vor allem einen langfristigen Anlagehorizont mitbringen. Covestro selbst ist jedenfalls solide aufgestellt, verfügt über hohes Innovationspotenzial und ist mit seinen Polymeren eine wichtige Grundsäule für etliche Branchen. Diese grundlegende Stärke kann dem Konzern bei dem (hoffentlich) kommenden Wiederaufschwung zum Vorteil gereichen.