Commerzbank Aktie: Zinsgeschäft lohnt sich wieder

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Um die hohe Inflation zu bekämpfen, dreht die Europäische Zentralbank seit nunmehr gut einem Jahr an der Zinsschraube. Die Inflation sinkt nur langsam, der Leitzins dagegen steigt schnell: Innerhalb eines Jahres von Null auf zuletzt 4,25 Prozent, weitere Anhebungen nicht ausgeschlossen.

Zinsgeschäfte lohnen sich wieder

Bei den Sparern, von denen es gerade in Deutschland traditionell viele gibt, kommt davon bislang kaum etwas an. Geldinstitute zeigen sich nach wie vor relativ geizig, wenn es um das Auszahlen von Zinsen auf Sparguthaben der Kunden geht. Auf der anderen Seite aber scheuen sie nicht davor zurück, die Zinsen für Kreditnehmer kräftig hochzuschrauben. Dadurch entwickelt sich das Zinsgeschäft nach gut 10 Jahren Flaute für Deutschlands Banken derzeit wieder zum Gewinnbringer.

Zu beobachten war das am Freitag auch bei der Commerzbank. Deutschlands zweitgrößte Privatbank hat ihre jüngste Quartalsbilanz vorgestellt – und die kann sich sehen lassen, nicht zuletzt dank sprudelnder Einnahmen aus Zinsüberschüssen. Diese summierten sich auf 2,1 Milliarden Euro, was einer Steigerung um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.

Operativ besser als erwartet

Damit lag die Commerzbank über den Erwartungen der Analysten, die im Schnitt mit einem Plus beim Zinsüberschuss von 39 Prozent gerechnet hatten. Die Erträge kletterten insgesamt um 8,7 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro.

Der operative Gewinn stieg um rund 20 Prozent auf 888 Millionen Euro und übertraf ebenfalls die Markterwartungen. Unterm Strich blieb mit 565 Millionen Euro jedoch etwas weniger stehen als Analysten vorhergesagt hatten: Die Prognosen hatten im Schnitt bei 568 Millionen Euro gelegen.

Vorstand sieht Commerzbank auf Kurs

Vorstandschef Manfred Knof zeigte sich dennoch zufrieden mit der Frühjahrsbilanz. Für das Gesamtjahr bestätigte er die bisherige Prognose, wonach der Konzerngewinn den Vorjahreswert von 1,4 Milliarden Euro „deutlich“ übertreffen soll. Das sollte zu schaffen sein: Allein in den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres lag das Ergebnis bereits bei gut 1,1 Milliarden Euro. Insgesamt sieht das Management die Bank auf einem guten Weg, die selbstgesteckten Ziele für 2023 und 2024 zu erreichen.

Nicht zuletzt das umfassende Sparprogramm hat die Commerzbank zurück auf die Gewinnschiene gesetzt. Rund 10.000 Stellen wurden im Zuge dessen abgebaut, die Zahl der Filialen in Deutschland mehr als halbiert von etwa 1.000 auf nur noch rund 400. Was Privatkunden verärgert, weil sie längere Anfahrtswege zur nächstgelegenen Filiale in Kauf nehmen müssen, freut die Anleger umso mehr – denn auf diese Weise lassen sich Jahr für Jahr hohe Einsparungen erzielen.

Bonbons für die Anleger

Darüber hinaus hatte die Bilanzpräsentation weitere erfreuliche Schmankerl für die Anleger zu bieten: So plant die Commerzbank ein weiteres Aktienrückkaufprogramm. Darüber hinaus wurde die Prognose für die Nettozinserträge kräftig angehoben von bislang mindestens 7 auf nun mindestens 7,8 Milliarden Euro. Analysten hatten zwar mit höheren Zinserträgen gerechnet, waren im Schnitt allerdings von lediglich 7,5 Milliarden Euro ausgegangen.

Dennoch rutschte die Commerzbank Aktie am Freitag um zeitweise mehr als 5 Prozent ins Minus. Denn neben Licht gab es auch Schatten in der Bilanz. So lagen die Kosten mit 6,4 Milliarden Euro etwa 100 Millionen höher als gedacht. Außerdem wappnet sich die Commerzbank für Kreditausfälle und legte dafür im 2. Quartal insgesamt 208 Millionen Euro zurück – fast doppelt so viel wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Hohe Rückstelllungen belasten Bilanz

Belastend wirken sich auch die erneuten hohen Rückstellungen aus, die die Commerzbank für die fragwürdigen Franken-Kredite ihrer polnischen Tochtergesellschaft beiseitelegen musste. Diese erhöhten sich im zurückliegenden Quartal noch einmal um 347 Millionen auf nun insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro.

Als notwendig erachtet wurden die höheren Rückstellungen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser hatte im Juni entschieden, dass polnischen Bankkunden möglicherweise Entschädigungszahlungen zustehen. Die Commerzbank bemüht sich um außergerichtliche Einigungen und konnte bislang in mehr als 8.000 Fällen Vergleiche erzielen.

Stärker als die Deutsche Bank?

Hintergrund sind umstrittene Immobilienkredite, die von der polnischen Tochter an dortige Kunden vergeben wurden – und zwar zu deutlich günstigeren Zinssätzen, wenn die Kreditvergabe nicht in der polnischen Landeswährung Zloty, sondern in Schweizer Franken erfolgte. Weil der Kurs der Schweizer Währung in der Folgezeit jedoch anstieg, gerieten viele Kreditnehmer in Zahlungsschwierigkeiten bei der Rückzahlung der Darlehen.

Gerade vor dem Hintergrund dieser Geschäfte, die in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen gesorgt haben, ist die jüngste Quartalsbilanz umso positiver zu werten. Gerade den Direktvergleich mit der benachbarten Deutschen Bank braucht das einstige Sorgenkind der deutschen Finanzwirtschaft inzwischen nicht mehr zu scheuen: Die Commerzbank wirtschaftet im Vergleich erfolgreicher, auch die Commerzbank Aktie ist seit Jahresbeginn um rund ein Fünftel gestiegen, während sich die Deutsche Bank Aktie in der Verlustzone bewegt.