Volkswagen: Vorbereitung eines neuen Konzernchefs?

Inhaltsverzeichnis

Es rumort in Wolfsburg. Das war in dieser Woche noch einmal deutlich zu spüren.

Besonders deutlich gespürt hat es Herbert Diess: Der Konzernchef musste seinen Posten als VW-Markenchef abgeben, nach wochenlangen internen Querelen und Auseinandersetzungen auch mit Arbeitnehmervertretern.

Tatsächlich hatte VW unter Diess‘ Führung zuletzt kein sonderlich gutes Bild mehr abgegeben. Der Dieselskandal hängt nach wie vor in der Luft, hinzu kommen immer wieder neue Probleme.

Weder Golf noch Elektrosparte laufen rund

Beispiel Golf 8: Das mit Abstand wichtigste Modell des Konzerns erschien 2019 in einer Neuauflage, begleitet von technischen Pannen und Auslieferungsstopps. Daraufhin wurde bislang lediglich ein Bruchteil der ursprünglich angepeilten 100.000 Neufahrzeuge dieses Typs verkauft. Die Ausnahmesituation rund um die Corona-Pandemie macht es nicht gerade besser.

Beispiel Elektromobilität: Diess war auch mit dem Anspruch angetreten, den VW-Konzern zum Weltmarktführer in Sachen E-Autos umzubauen – bislang allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Das neue Modell ID.3 aus dem Hause Volkswagen kann mit der Konkurrenz aus dem Silicon Valley nicht mithalten. Und das Silicon Valley rückt bedrohlich nahe, seit Elon Musk damit begonnen hat, den ersten und wohl zentralen Tesla-Standort in Europa im brandenburgischen Grünheide nahe Berlin zu errichten.

Kommunikationsdesaster Kaufprämie

Beispiel Kaufprämie: Gemeinsam mit den anderen Bossen der deutschen Automobilindustrie hatte auch Diess vehement darauf gedrängt, die Bundesregierung möge eine Neuauflage der Abwrackprämie auf den Weg bringen, die vor rund zehn Jahren während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise Kaufanreize für die Anschaffung von Neuwagen schaffen und damit die Nachfrageflaute überwinden helfen sollte.

Doch im Unterschied zu damals ist die Regierung zurzeit nicht damit beschäftigt, einzelne Konzerne oder Branchen zu unterstützen, sondern praktisch die gesamte Wirtschaft muss am Laufen gehalten werden, wobei es die Gastronomie-, Veranstaltungs- und Tourismusbranche unterm Strich weitaus härter trifft als die Autobauer.

Da sich zudem die Hersteller nicht reinreden lassen wollten bei der Auszahlung von Managergehältern oder Dividenden für ihre Anleger und zudem eine an Umweltauflagen und Elektroantriebe gekoppelte Kaufprämie ablehnten, scheiterte das Ansinnen letztlich komplett. Im aktuellen Konjunkturpaket der Bundesregierung findet sich nichts dergleichen, lediglich die Subventionierung von Elektromodellen wurde tatsächlich noch etwas ausgeweitet.

Solchen Gegenwind ist die deutsche Schlüsselindustrie bislang nicht gewohnt, und so fällt auch die in diesem Zusammenhang unglückliche Außenkommunikation nun Diess auf die Füße.

Diess angezählt – Nachfolger bereit?

Dass ihm das Aufsichtsratspräsidium eine vorzeitige Verlängerung seines formal bis 2023 laufenden Vertrags jüngst verweigerte, unterstreicht noch deutlicher, wie sehr der Konzernchef inzwischen auch intern als angezählt gilt.

Sein Nachfolger als VW-Markenchef, der bisherige Chief Operating Officer Ralf Brandstätter, scheint gute Aussichten zu haben, bei erfolgreicher Tätigkeit in absehbarer Zeit auch das Ruder im Gesamtkonzern von Diess zu übernehmen.