Lufthansa-Chef rechnet mit „langem, kalten Winter“ für die Airline

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Die Lufthansa bleibt weiterhin ein Sorgenkind der Börsianer. Jüngste Äußerungen von Vorstandschef Carsten Spohr bestätigten den Pessimismus.

Spohr rechnet nicht mit lukrativer Langstrecke im laufenden Jahr

Im Zuge der Vorstellung der Halbjahresbilanz hatte Spohr noch gemutmaßt, dass spätestens ab Ende September die Einreise in die USA für geimpfte Passagiere aus Europa wieder möglich sein werde. Diese Einschätzung musste der Airline-Chef inzwischen revidieren. Es sei wohl erst gegen Jahresende mit einer Lockerung der Einreisebestimmungen zu rechnen.

Noch länger dauert es laut Spohr, bis sich auch das Fernost-Geschäft langsam erholt: China werde wohl erst im zweiten Quartal 2022 wieder seinen Markt für die Lufthansa öffnen. Damit entfallen gleich zwei profitable Langstreckenregionen auch für die kommenden Monate.

Mit der Lufthansa auf die Kanaren

Es mutet schon an wie ein Akt der Verzweiflung, dass die Lufthansa neuerdings zahlreiche Urlaubsdestinationen in den Flugplan der Stammmarke aufgenommen hat. Die kanarischen Inseln etwa zählten bislang eigentlich nicht zum Zielgebiet der prestigeträchtigen Business-Airline.

Auf den Tourismusstrecken konkurriert die Lufthansa zudem mit etablierten Billiganbietern, die sich seit Jahren auf diesen Sektor spezialisiert haben – ein Kampf, den die Lufthansa kaum für sich entscheiden kann.

Doch es gibt auch Lichtblicke. Demnach wurden im September wieder mehr typische Businessziele in den Flugplan aufgenommen als noch im August. Die Lufthansa verzeichnete hier zuletzt eine steigende Nachfrage und rechnet mit Erholungseffekten nach der Sommerurlaubssaison. Verfehlt wurde indes das interne Ziel, bereits im September wieder so viele Ziele anzubieten wie vor der Pandemie: Von den einst 300 Destinationen fanden sich zuletzt lediglich 280 im Flugplan wieder.

Passagiere fürchten Quarantäne – und stornieren gebuchte Tickets

Zudem kämpft die Airline wie auch die gesamte Branche mit der Verunsicherung der Passagiere im Hinblick auf pandemiebedingte Reisebeschränkungen. Immer wieder landen beliebte Urlaubsziele wegen steigender Infektionszahlen und Inzidenzwerte auf den Listen der Risikogebiete, Quarantänepflichten selbst für Geimpfte sind immer mal wieder im Gespräch und wurden zwischenzeitlich sogar vereinzelt verhängt.

Die hochansteckende Delta-Variante des Coronavirus, ein mit der Zeit nachlassender Impfschutz sowie Meldungen über Impfdurchbrüche sorgen für zusätzliche Unsicherheiten. Das belastet die Reiseplanung der Passagiere sowie auch die Kapazitätsplanung bei der Lufthansa: Wann immer neue Reisebeschränkungen im Gespräch seien, würden nicht nur die Buchungen abrupt zurückgehen, sondern auch vermehrt Stornierungen eingehen, so ein Airline-Manager. Allein im August seien teilweise drei Viertel der Buchungen storniert worden.

Milliardengewinn bei Frachtsparte erwartet

Besser läuft es indes in der Frachtsparte: Die Frachtschifffahrt steht in diesem Jahr vor zahlreichen Schwierigkeiten – zerstörte oder geschlossene Häfen sowie die mehrtägige Blockade des Suezkanals sind nur einzelne Beispiele –, sodass die Luftfracht wieder an Attraktivität gewinnt. Für den Bereich Cargo rechnet die Lufthansa im laufenden Jahr mit einem operativen Gewinn von einer Milliarde Euro.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Frachtsparte mit einem Rekordgewinn von mehr als 770 Millionen Euro die Gesamtbilanz zumindest ansatzweise stabilisiert. Da Frachtgüter auch in Passagiermaschinen mittransportiert werden können, sorgt das Geschäft zudem dafür, dass auch geringer ausgelastete Linienflüge dennoch keinen Verlust einfliegen.

Erholung nur in kleinen Schritten

Insgesamt aber rechnet Spohr auch in diesem Jahr mit einem „langen, kalten Winter“ für die Lufthansa. Für das Gesamtjahr 2021 rechnet die Airline weiterhin mit 40 Prozent der Kapazitäten aus Vor-Corona-Zeiten.

Mit einer Erholung auf Vorkrisenniveau rechnet der Konzern allerdings erst zur Mitte des Jahrzehnts – ein Trend, der die gesamte Luftfahrtbranche betrifft, wobei Airlines wohl weniger hart getroffen werden, wenn sie Kurz- und Mittelstreckenziele zu touristisch geprägten Regionen im Programm haben. Die Langstrecke dürfte dagegen länger brauchen, um sich zu erholen, was nicht zuletzt auch durch die strikten Einreisebestimmungen der USA und China bedingt ist.

Lufthansa Aktie weiterhin im Sinkflug

Die Lufthansa Aktie, die nach staatlichen Rettungsmilliarden im vergangenen Jahr aus der ersten Börsenliga in den MDax abgestiegen ist, befindet sich weiterhin im Sinkflug. Seit Jahresbeginn ist der Kurs um rund 18 Prozentpunkte eingebrochen. Neben Anlegern senkten zuletzt auch immer mehr Analysten den Daumen, die meisten raten inzwischen zum Verkauf der Lufthansa Aktie. Die wenigsten Experten trauen ihr aktuell einen Kursanstieg auf 10 Euro zu.

Zum Wochenauftakt war das Papier für rund 8,30 Euro zu haben.