Nach BGH-Urteil: Cum-Ex ist offiziell strafbare Steuerhinterziehung

Inhaltsverzeichnis

Wer sich Steuern erstatten lässt, die er zuvor nicht gezahlt hat, begeht Steuerhinterziehung.

Was eigentlich selbstverständlich klingt, hat der Bundesgerichtshof in der vergangenen Woche noch einmal letztinstanzlich festgestellt – und zwar im Zusammenhang mit den Milliardengeschäften, die jahrelang mittels „Cum-Ex“ betrieben wurden.

Dabei handelte es sich um komplexes Hin- und Herschieben von Aktien rund um den Dividendenstichtag. Mit Hilfe dieser undurchsichtigen, für die Steuerbehörden kaum nachprüfbaren Aktiengeschäfte haben Investoren, Banken und Aktienhändler jahrelang den Staat geprellt.

Cum-Ex: Kein legales Schlupfloch sondern illegale Straftat

Die Akteure verklausulierten den Betrug gemeinhin als „Steuerschlupfloch“, das eine Gesetzeslücke ihnen anbiete und das sie eben ausnutzten. Sie argumentierten also, das Vorgehen sei ganz legal. Politik und Öffentlichkeit waren jedoch anderer Auffassung – und die Justiz offenkundig auch. Zwar hat es seit Bekanntwerden des Skandals bis zum höchstrichterlichen BGH-Urteil rund zehn Jahre gedauert, doch der Richterspruch ist eindeutig: Die Cum-Ex-Geschäfte waren und sind illegal und auch strafbar.

Doch auch über diese bloße Feststellung hinaus hat das Urteil weitere Wirkkraft. Die Milliarden, um die der Staat geprellt wurde, müssen nun zurückgezahlt werden. Auch können auf diese Weise erwirtschaftete Gewinne nachträglich eingezogen werden. Zudem verneinten die Bundesrichter eine Verjährung der Taten, die sich im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 abgespielt haben.

Banken müssen Millionen zurückzahlen

Interessenvereinigungen von Steuerzahlern begrüßten das BGH-Urteil, doch Skeptiker befürchten, dass gewiefte Akteure an den Finanzmärkten auch künftig Mittel und Wege finden werden, um krumme Geschäfte abzuwickeln und auf schnelle Weise viel Geld zu machen – auf Kosten der Allgemeinheit.

Auch für die Banken, die an den Deals mitgewirkt haben, könnte das Urteil ein teures Nachspiel haben. So muss allein die Privatbank M. M. Warburg rund 176 Millionen Euro zahlen. Weitere Prozesse und auch Haft- sowie Geldstrafen sind in der Folge zu erwarten. Sowohl Einzelpersonen als auch Institutionen dürften ins Visier der Ermittler rücken.

Wettlauf gegen die Verjährungsfristen

Es handelt sich dabei allerdings um einen Wettlauf gegen die Zeit: Denn obwohl einige der Geschäfte bislang noch nicht verjährt sind, dürfte dies in absehbarer Zeit der Fall sein. Es müssen also Ressourcen aufgestockt werden auf Seiten der Ermittlungsbehörden, um tatsächlich einen beträchtlichen Teil der Milliarden gerichtlich zurückzuholen.

Der BGH bestätigte mit seinem Urteil ein Urteil des Bonner Landgerichts aus dem Jahr 2020, das zwei Londoner Börsenhändler zu Bewährungsstrafen verurteilt hatte. Einer der beiden Verurteilten sollte zudem die Gewinne zurückzahlen, die er mittels Cum-Ex erwirtschaftet hatte – sie beliefen sich auf stolze 14 Millionen Euro. Insgesamt haben die krummen Geschäfte den Fiskus um rund 10 Milliarden Euro gebracht, so die Schätzung von Finanzmarktexperten.

Deutsche Bank: Ranghohe Manager in Cum-Ex verwickelt

Und natürlich kommt kein Skandal ohne Beteiligung der Deutschen Bank aus: Auch Deutschlands größte Privatbank steckt tief drin in den Ermittlungen, bereits Anfang des Jahres fanden sich rund 70 Beschuldigte auf den Listen der Ermittlungsbehörden, darunter auch mehrere prominente Namen. So sollen selbst die früheren Vorstandschefs Josef Ackermann und Anshu Jain in die dubiosen Deals verwickelt gewesen sein – und auch ein noch amtierender Vorstand findet sich Medienberichten zufolge unter den Personen, gegen die nun ermittelt wird.

Auch jenseits des Cum-Ex-Skandals machte die Deutsche Bank zuletzt wieder Schlagzeilen, und die fielen aus Anlegersicht durchwachsen aus. Auf der einen Seite überzeugte das Geldhaus mit einer starken Halbjahresbilanz. Die fiel 2021 so stark aus wie seit 2015 nicht mehr.

Starke Q2-Bilanz – mit glänzenden Aussichten

Der Vorsteuergewinn lag mit 1,2 Milliarden Euro im abgelaufenen zweiten Quartal höher als erwartet, nach Steuern blieben 828 Millionen Euro stehen. Unterm Strich bleibt ein Gewinn von 692 Millionen Euro – nach 77 Millionen Euro Verlust im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Für das erste Halbjahr 2021 verbuchte die Deutsche Bank nun einen Nettogewinn von 1,6 Milliarden Euro.

Auch sonst kann sich die Entwicklung sehen lassen: Die Kreditausfallrisiken im Zuge der Pandemie sind offenbar geringer als zunächst befürchtet, der Umbau schreitet voran, die Kosten sinken und das angestrebte Renditeziel von 8 Prozent soll laut Vorstandschef Christian Sewing im kommenden Jahr erreicht werden.

Stresstest stresst Deutsche Bank erheblich

Für negative Schlagzeilen sorgte indes das schlechte Abschneiden deutscher Geldinstitute – und hier insbesondere der Deutschen Bank – beim aktuellen Banken-Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht sowie der Europäischen Zentralbank. Im EBA-Szenario schrumpfte der Kapitalpuffer der Deutschen Bank auf 7,4 Prozent zusammen – ein unterdurchschnittliches Ergebnis. Europaweit landeten die Banken im Schnitt bei gut 10,2 Prozent.

Anleger reagierten verschnupft: Hatten sie die Quartalsbilanz noch mit einem kräftigen Kursaufschlag belohnt (der jedoch auch schnell wieder in sich zusammenfiel), zeigten sie sich über die Ergebnisse der Stresstests wenig begeistert. Am späten Montagnachmittag notierte die Deutsche Bank Aktie bei rund 10,60 Euro.

Deutsche Bank Aktie: Luft nach oben?

Damit hat sie nach Einschätzung von Analysten allerdings durchaus noch Luft nach oben: Nach der starken Quartalsbilanz, die neben Erfolgen im zurückliegenden Halbjahr auch etliche Lichtblicke für die kommenden Monate bereithielt, hoben Analysten der britischen Barclays Bank ihr Kursziel für die Deutsche Bank Aktie von 11 auf 12 Euro an.

Kaufempfehlungen gibt es für das Papier von Seiten der Experten allerdings nicht: Bei einer Kurszielspanne von 10,20 Euro (Goldman Sachs) bis 13 Euro (JP Morgan) raten die Analysten mehrheitlich bestenfalls zum Halten der Aktie.