Encavis – gute Zahlen, schwächelnde Aktie

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Der Solar- und Windparkbetreiber Encavis hat für die ersten neun Monate gute Zahlen vorgelegt. Doch die Aktie kann nicht profitieren.

Encavis als Krisenprofiteur

Des einen Freud‘, des anderen Leid. Die Energiekrise und Energiepreise auf höchstem Niveau sorgen bei den Anbietern von Erneuerbaren Energien für einen warmen Geldregen – um nicht zu sagen Goldrausch, wenn das Bild nicht so schief wäre.

Zu den Hauptprofiteuren zählen Betreiber von Solar- und Windparks. Encavis gehört hier zu den dominierenden Anbietern. Denn egal wo in Deutschland, ob nun in Nordrhein-Westfalen oder in Mecklenburg Vorpommern, praktisch überall kommt auch Strom aus der Steckdose, der von Encavis-Parks produziert wird.

In elf europäischen Ländern betreibt das Unternehmen mehr als 200 Solarparks und nahezu 100 Windparks mit einer Gesamtleistung von 3,4 Gigawatt. 37 Solarparks und 57 Windparks managed Encavis im Auftrag von Dritten, in der Regel institutionelle und private Investoren.

Sehr gute 9-Monats-Zahlen

In den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres stiegen die Umsatzerlöse um ca. 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 355 Millionen Euro. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) legte im Vergleich überproportional um 45 Prozent auf knapp 167 Millionen Euro zu. Der bereinigte Gewinn wuchs von 57,8 Millionen Euro im Vorjahr auf nunmehr 86,9 Millionen Euro.

Entsprechend optimistisch gestimmt ist der Vorstand für das gesamte Geschäftsjahr. Angestrebt werden Umsatzerlöse von mehr als 420 Millionen Euro im Vergleich zu 333 Millionen Euro im Jahr 2021. Das bereinigte EBIT soll 185 Millionen Euro betragen gegenüber 149 Millionen Euro im Vorjahr.

Angesichts dieser nicht eben schlechten Zahlen stellt sich die Frage: Weshalb kommt die Encavis Aktie (WKN: 609500) nicht so recht vom Fleck? Am besten, wir schauen uns kurz die Chancen und Risiken etwas genauer an.

Chancen und Risiken von Encavis

Die Chancen des Unternehmens resultieren aus dem Fakt, den wir seit einer kleinen Ewigkeit kennen: dem mit der propagierten Energiewende nachhaltigen Umstieg auf Erneuerbare Energien. Unabhängig von der parteipolitischen Couleur der jeweiligen Regierungen hat sich in Europa die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Ausbau der Erneuerbaren vielfältige Vorteile bringt – ökologische, ökonomische und auch politische.

Es ist also damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren weitere Wind- und Solarparks entstehen werden. Mag sein, nicht mit dem gleich hohen Tempo, wie sich das in Deutschland abzeichnet.

Allerdings ist es mehr als ungewiss, und dies zählt zu den erkennbaren Risiken, dass auch künftig so viel Geld in die Kassen von Encavis und den anderen Parkbetreibern gespült wird. Denn die Umsatzzuwächse resultieren auch und nicht zuletzt aus sogenannten Windfall Profits.

Dies bedeutet, dass auch für die Parkbetreiber die hohen Strompreise, die sich an den fossilen Brennstoffen Gas und Kohle orientieren, gelten. Dies trotz vergleichsweise niedriger Produktionskosten. Doch damit soll alsbald Schluss sein.

Bekanntlich gibt es zunehmend angestrengte Diskussionen darüber, den Windfall Profits abzuschöpfen. Auch Encavis rechnet damit, sodass für diesen Fall eine finanzielle Vorsorge in Höhe von 30,3 Millionen Euro getroffen wurde. Auch die vom EU-Rat beschlossene Preisobergrenze, die rückwirkend ab dem 1.9.2022 gelten soll, dürfte das Umsatzwachstum erkennbar bremsen.

Encavis Aktie jetzt ein Kauf?

Zunächst ein Blick zurück: Wie bereits gesagt, zählt Encavis zu den Krisengewinnern. Im laufenden Jahr stieg der Aktienkurs um nahezu 30 Prozent, was angesichts des Börsenumfelds nicht zu verachten ist. Gleichwohl scheint es so, als überwögen für Investoren momentan die eben erläuterten Risiken. Denn seit dem 12-Monats-Hoch Ende August 2022 bei knapp 25 Euro hat sich der Aktienkurs doch spürbar abgeschwächt auf nahezu 20 Euro. Meine Meinung: Bevor Investoren zugreifen, sollten sie besser abwarten, was die Politik in punkto Preisgrenze und Gewinnabschöpfung konkret beschließt. Durchaus möglich, dass der Aktienkurs in der ersten Zeit nochmals spürbar nachgibt.