Profitieren von der Krise: Wie Warren Buffett auf die Ölpreis-Rally reagiert

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Für die Ölkonzerne war das vergangene Jahrzehnt nicht leicht: Der Preisverfall am Rohstoffmarkt seit 2014 sorgte für Investitionsstopps, neue Ölfelder wurden nicht mehr erschlossen, man stellte sich auf globale Tendenzen zur Energiewende und einen geringeren Ölbedarf ein. Erst ein beherztes Eingreifen der Opec mitsamt einer konzertierten Drosselung von Förderkapazitäten konnte dem freien Fall des Ölpreises Einhalt gebieten und für eine Stabilisierung auf etwas höherem Niveau sorgen.

Zukunftsprognosen von Realität überholt: Ölpreis über 100 Dollar

Über mehrere Jahre pendelte der Ölpreis seither auf einem Niveau um 45 bis 70 Dollar je Barrel – zurückgeworfen von der Pandemie, beflügelt durch die schnellere Konjunkturerholung im Anschluss und kontrolliert durch regelmäßige Beschlüsse der Opec-Staaten und ihrer Verbündeten. Ein Anstieg auf die 100-Dollar-Marke war vorsichtig prognostiziert worden, für die zweite Jahreshälfte 2022.

Doch Zukunftsprognosen an den Finanzmärkten werden gerne von der Realität überholt und komplett über den Haufen geworfen. So auch der Ölpreis, der die 100-Dollar-Schwelle bereits Ende Februar übersprang – mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine und dem darauffolgenden Kriegsgeschehen, das seither die Welt in Atem hält und für einen starken Anstieg des Ölpreises gesorgt hat.

Ölpreis-Rally sorgt für Bewegung bei Öl-Aktien

Die Gemengelage geht auch an den großen Ölkonzernen und ihren Aktien nicht spurlos vorbei, wobei sich allerdings starke regionale Unterschiede abzeichnen. Anteilsscheine des britischen Ölkonzerns BP gaben auf Monatssicht um rund 10 Prozent nach, auch die Aktie des ebenfalls in Großbritannien ansässigen Ölgiganten Shell rutschte in die Verlustzone, wenn auch deutlich moderater mit nur 2,3 Prozent.

Demgegenüber können sich Anleger bei US-Ölkonzernen derzeit über satte Kursgewinne freuen: ExxonMobil liegt auf Monatssicht um 13 Prozent im Plus, Anteilsscheine von Chevron haben sich in den vergangenen vier Handelswochen nach einer monatelangen Seitwärtsbewegung sogar um rund 30 Prozent verteuert.

Ölkonzerne auf Erfolgskurs

Alle vier genannten Ölkonzerne haben wenige Wochen vor Kriegsbeginn einen Einblick in ihre Geschäftsbücher gewährt. Dabei wurde deutlich, dass sich die Branche insgesamt auf Erholungskurs befindet. Nach dem pandemiebedingten Einbruch im Geschäftsjahr 2020 verbuchen die Konzerne wieder Umsätze und Gewinne auf Vor-Corona-Niveau und schneiden zum Teil mit ihren Kennzahlen sogar noch deutlich besser ab als 2019.

BP meldet für 2021 einen Umsatz in Höhe von rund 164,2 Milliarden US-Dollar und fällt damit noch hinter das pandemiebelastete Vorjahresergebnis zurück (2020: 180,3 Milliarden Dollar). Das operative Ergebnis lag mit 18 Milliarden Dollar jedoch deutlich über den beiden Vorjahreswerten und näherte sich dem Niveau von 2018 an, als hier knapp 19,4 Milliarden Dollar erzielt werden konnten. Gleiches gilt für den Jahresüberschuss, der sich mit gut 7,5 Milliarden Dollar deutlich über den entsprechenden Werten von 2020 und 2019 bewegt, aber noch hinter dem Ergebnis von 2018 zurückbleibt.

BP und Shell punkten 2021

Die Umsatzrendite lag 2021 bei 4,61 Prozent und erreichte damit den höchsten Wert seit 2013. Zum Jahreswechsel lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei 10,64. Die Dividendenrendite von BP für 2021 beläuft sich auf 5,36 Prozent.

Shell meldete für 2021 einen Umsatz in Höhe von 261,5 Milliarden US-Dollar, da war vor der Pandemie mehr drin: 2019 hatte der Umsatz noch bei knapp 345 Milliarden Dollar gelegen. Das operative Ergebnis bewegte sich mit knapp 26,4 Milliarden Dollar jedoch in etwa auf Vorkrisenniveau (2019: 26,5 Milliarden Dollar). Der Jahresüberschuss von 20,1 Milliarden Dollar lag über den beiden Vorjahreswerten. Die Umsatzrendite erreichte mit 7,69 Prozent den höchsten Stand des Jahrzehnts.

Warren Buffett setzt auf Chevron – und einen Underdog

ExxonMobil erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz in Höhe von gut 285,6 Milliarden Dollar bei einem operativen Ergebnis von 32,2 Milliarden Dollar und einem Jahresüberschuss von 23 Milliarden Dollar. Damit übertrifft der US-Gigant die Kennwerte von 2019 und bewegt sich somit auf Erfolgskurs. Dafür sprechen auch eine Umsatzrendite von 8,07 Prozent sowie eine Dividendenrendite von 5,7 Prozent.

Auch Chevron liegt mit einem Jahresumsatz von knapp 162,5 Milliarden Dollar über dem Vergleichswert von 2019 (146,5 Milliarden Dollar). Der Jahresüberschuss von 15,6 Milliarden Dollar ist zudem der höchste seit 2014, als der Preisverfall am Ölmarkt eingesetzt hat.

Für Investments in Ölaktien spricht neben guten Bilanzen und Fundamentaldaten auch das Vertrauen, das US-Starinvestor Warren Buffett seit langem in die Branche legt: Seine Investmentfirma Berkshire Hathaway hat erst kürzlich seine Anteile an Chevron ausgebaut und vor wenigen Tagen bei der weniger bekannten Occidental Petroleum zugeschlagen. Fast 5 Milliarden Dollar pumpte Buffett innerhalb weniger Tage in das texanische Ölunternehmen.