Drill, Baby, Drill: Trumps Mega-Boom oder doch Luftnummer?

Wie wichtig dem neuen US-Präsidenten dieses Thema ist, zeigt sich daran, dass er in seiner Antrittsrede gleich eine ganze Passage dafür verwendete. Gemeint ist, Sie werden es schon ahnen, das Erdöl.
Drill, Baby, Drill: Trump ruft neuen Öl-Boom aus
„Wir werden bohren, Baby, bohren! […] Wir werden wieder eine reiche Nation sein. Es ist das flüssige Gold unter unseren Füßen, das uns dabei helfen wird“, sagte Donald Trump und rief sogleich einen nationalen Energie-Katastrophenfall aus.
Heißt im Klartext: Der Politiker will, dass die heimischen Ölkonzerne ihre Exploration und Produktion so schnell wie möglich ausbauen. Hierfür sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt, der Umweltschutz zurückgefahren und die USA aus internationalen Klimaverpflichtungen befreit werden. Die Zeit jedenfalls scheint zu drängen. Dass er einen Notstand im Energiebereich ausgerufen hat, kommt daher nicht von ungefähr.
Der neue Regierungschef will über einen neuen Öl-Boom unter anderem die (für US-Verhältnisse) ausufernden Heiz- und Tankkosten senken – beides Faktoren, die nahezu jeden Amerikaner betreffen und gerade die niedrigeren Einkommensschichten gar in deren finanzieller Existenz bedrohen.
USA: Ist beim Erdöl überhaupt noch Luft nach oben?
Ein Selbstläufer ist diese Inflationsmaßnahme trotzdem nicht. Denn: Die USA sind nach wie vor keine Planwirtschaft. Trump kann somit nicht einfach die großen Ölkonzerne, die schließlich in privater Hand sind, dazu anweisen, ihre Produktion zu steigern.
Hintergrund: Bereits unter Joe Biden hatte Big Oil in den USA seinen Output massiv erweitert. Die Vereinigten Staaten sind inzwischen der größte Ölproduzent der Welt, noch vor Saudi-Arabien und Russland. Im Diagramm, veröffentlicht von der US-Energiestatistikbehörde EIA, sehen Sie die starken Produktionszuwächse beim Rohöl und den Kondensaten seit 2019.

Quelle: EIA (https://www.eia.gov/todayinenergy/detail.php?id=61545)
Wird Big Oil seine eigenen Gewinnmargen kannibalisieren?
Würden die Unternehmen nun noch eine signifikante Schippe obendrauf legen, wie Trump dies wünscht, würde das einen weltweiten Überschuss begünstigen und die Preise unter Druck setzen. Bereits am Dienstagvormittag gab die US-Ölsorte WTI daher prophylaktisch schon mal um satte 2,2 % nach (Stand: 21.01.25, 10:00 Uhr).
Das Problem: Die US-Ölkonzerne können eigentlich nicht daran interessiert sein, Maßnahmen zu forcieren, die die Marktpreise unter Druck setzen und somit auch deren Gewinnmargen gefährden. Auch brauchen die Firmen in der Regel die Aussicht auf höhere Preise, um milliardenschwere Investitionen planen und realisieren zu können. Diesen Grundsatz der Ölbranche scheint Trump aber auszuklammern.
Der Chef des größten US-Ölkonzerns Exxon Mobil etwa hatte bereits im Herbst die Alarmglocken geläutet. So konstatierte Darren Woods, dass der Ölmarkt bereits gut versorgt sei. Deshalb glaube er nicht daran, dass in nächster Zeit wesentliche neue Produktionskapazitäten hinzukommen könnten. Auch Woods sieht die USA also bereits nahezu auf einem Peak-Level in Sachen Produktion angekommen und verweist auf die Marktrealität, der sich auch ein US-Präsident nicht entziehen kann.
Trump muss sich der Marktrealität stellen
Zudem sind zum einen auch die US-Ressourcen begrenzt und zum anderen immer schwieriger zu erreichen. Neue Projekte gehen also nicht nur mit hohen Kosten einher, sondern erfordern auch jede Menge Zeit.
Nicht zuletzt sind die Ölpreise von globalen Mechanismen abhängig – von Angebot und Nachfrage rund um den Globus. Trump kann diese Tatsachen nicht einfach aushebeln. Ohnehin sind die großen US-Ölkonzerne derzeit eher daran interessiert, hohe Aktionärsbelohnungen auszuschütten als teure Investitionen in das Produktionswachstum zu stemmen.
Zoll-Kalkül: Trump pokert hoch
Besonders brisant: Durch seine geplanten Zölle gegen andere Staaten etwa in Europa, Nordamerika oder Asien wird Trump die dortigen Konjunkturen unter Druck setzen, was wiederum die Ölnachfrage und die Marktpreise in Schach halten würde.
Gleichzeitig will Trump die USA laut Antrittsrede als starken Ölexporteur etablieren. Nur, ob die Welt das US-Öl in diesen hohen Mengen dann überhaupt bräuchte, stünde auf einem anderen Blatt und dürfte auch in die Überlegungen von Big Oil einfließen.
Klar, Trump wird versuchen, in seinen Verhandlungen mit der EU oder asiatischen Staaten die Ölabnahme als Druckmittel einzusetzen. Heißt: Wenn der jeweilige Staat mehr Öl aus den USA kaufte, würde Trump keine hohen Zölle gegen den Handelspartner forcieren. Trump setzt also auf eine Strategie des maximalen Drucks. Vor allem aber geht es ihm darum, über solche Deals das enorme Handelsdefizit der USA signifikant zu reduzieren.
Was hier allerdings zu berücksichtigen gilt: Die Handelspartner der USA werden nicht zwingend einknicken und das US-Öl über Bedarf abnehmen. Denn: Viele Länder können die USA mit Gegenzöllen durchaus unter Druck setzen. In der Folge könnten sich weitreichende Handelskonflikte ergeben.
Mein Fazit für Sie
Was fest steht: Die regulatorischen Bedingungen für neue Ölprojekte werden sich in den USA schnell verbessern. Ob Big Oil darauf anspringen wird, ist jedoch keine ausgemachte Sache. Den Konzernen geht es in erster Linie darum, das Maximum an Gewinnen aus der Förderung und Raffination herauszuschlagen, um damit ihre Aktionäre profitabel mit Renditen zu versorgen.
Es bleibt also abzuwarten, ob Big Oil dem Ruf des Präsidenten wirklich folgen wird. Realistischer ist meiner Meinung nach eher, dass der US-Output in den nächsten Jahren leicht ansteigen oder gar auf dem sehr hohen Niveau stagnieren wird. In einem solchen Umfeld könnten die Ölunternehmen und deren Zulieferer weiterhin ausgiebig profitieren.