Ölpreis-Schock: US-Sorte WTI erstmals negativ

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Schock am Ölmarkt: Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist der Preis für ein Barrel Öl die US-Sorte WTI ins Negative abgestürzt. Zum Wochenauftakt rauschte der Ölpreis in ungeahnte Tiefen – auf bis zu minus 40 Dollar.

Zugleich machte sich ein seltener Effekt bemerkbar: Die europäische Ölsorte Brent verlor zwar ebenfalls massiv an Wert, kam im Verhältnis aber wesentlich glimpflicher davon als der US-Referenzwert. Mit einem Minus von rund 9 Prozent landete das Barrel der Sorte Brent am Ende bei gut 25 Dollar.

Normalerweise notiert WTI zwar stets etwas unterhalb des Brent-Preises, die Auf- und Abwärtsbewegungen verlaufen jedoch einigermaßen im Gleichschritt. Davon war an diesem Montag nichts mehr zu spüren. Ursächlich hierfür sind mehrere Effekte.

Warum Brent und WTI auseinanderdriften

Dass die Ölnachfrage im Zuge der weltweiten Corona-Krise massiv eingebrochen ist, liegt auf der Hand. Der Flugverkehr ist weitgehend zum Erliegen gekommen, private Fahrten mit dem Auto sind seltener geworden und auch in weiten Teilen der Industrieproduktion besteht derzeit kaum Bedarf, da vielerorts die Bänder stillstehen. Die USA sehen sich zudem mit der Herausforderung konfrontiert, dass sie ihr Öl nicht so einfach exportieren können wie etwa die arabischen Staaten, allein schon aufgrund der geografischen Lage.

Hinzu kommt, dass der Preis für WTI über den Handel mit sogenannten Futures zustande kommt: Dabei werden Kaufoptionen für die Zukunft gehandelt – und am heutigen Dienstag läuft eine wichtige Frist ab. Wer heute noch Papiere für einen Ölkauf im Mai besitzt, bekommt dieses Öl definitiv geliefert, ob es nun gebraucht wird oder nicht.

Besserung im Juni fraglich

Dementsprechend setzte am Montag eine regelrechte Verkaufsflut solcher Terminkontrakte ein, was maßgeblich zum Absturz des WTI-Preises beigetragen hat. Kaufzertifikate für Juni zeigten sich dagegen stabiler, sie wurden für rund 20 Dollar gehandelt und bewegten sich dabei im Verhältnis zur Sorte Brent auf relativ normalem Niveau.

Ob es dabei bleibt, wird jedoch in erster Linie davon abhängen, inwieweit die weltweiten Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie gelockert werden können oder ob sie noch für längere Zeit bestehen bleiben. Da die USA mit Hilfe ihrer Frackingfirmen weiterhin jede Menge Schieferöl zutage fördern, das derzeit jedoch nicht gebraucht wird, füllen sich die Lagerbestände im Rekordtempo. Bereits Ende Mai sind Prognosen zufolge die Lager komplett aufgefüllt.

US-Frackingfirmen bleiben auf Öl sitzen

Ziel der Förderung der Frackingindustrie war einst, die USA unabhängiger zu machen von Ölimporten aus dem Ausland. Dieses Ziel wurde zwar erreicht, doch die relativ teure Technologie ist auf Dauer wirtschaftlich kaum zu halten bei derart niedrigen Ölpreisen, wie sie in den vergangenen Wochen erzielt wurden.

Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht – weder im Hinblick auf die Pandemie und ihre vielschichtigen Auswirkungen noch hinsichtlich der Ölpreisentwicklung.