Sanktionen gegen Russland: Achten Sie jetzt auf Palladium
Haben Sie letzte Woche die Entwicklung des Palladiumpreises mitverfolgt? Tatsächlich gab es am Donnerstag einen plötzlichen Kursauftrieb. Innerhalb kurzer Zeit stieg der Preis des Metalls um +9 % auf 1.170 USD pro Unze und erreichte damit den höchsten Stand seit Ende 2023. Im Chart sehen Sie die Preisentwicklung seit Anfang 2023 (Stand: 28.10.2024, 10:00 Uhr):
Quelle: www.aktienscreener.com
Palladium und Titan: USA bringen auf G7-Treffen Sanktionen gegen Russland ins Spiel
Der grüne Pfeil ganz rechts markiert den jüngsten Kursanstieg, der sich auch am Freitag und Montag zunächst fortsetzte. Aber was war passiert? Grund für die Aufwertung ist ein Treffen der stellvertretenden Finanzminister im Rahmen der G7 in Washington. Dort haben Beamte der US-Regierung laut Medienberichten mögliche Sanktionen gegen Russland ins Spiel gebracht und dabei die beiden Metalle Palladium und Titan explizit erwähnt.
Hintergrund: Die westlichen Staaten, angeführt von den USA, versuchen seit Jahren mehr oder weniger erfolgreich die russische Wirtschaft und vor allem die Kriegsmaschinerie des Kremls abzuwürgen. Das Staaten-Netzwerk G7, zu dem die sieben bedeutendsten Wirtschaftsnationen der Welt gehören, erscheint hierfür als ein sinnvolles Forum.
Denn: Bereits 2014 war Russland wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim aus dem mächtigen Gremium ausgeschlossen worden. Die Treffen der G7 boten in den letzten zweieinhalb Jahren daher immer wieder Möglichkeiten, neue Sanktionen gegen Moskau konzertiert zu forcieren.
Palladium: (rückläufige) Abhängigkeit von Russland
Nun haben die USA also die beiden Metalle Palladium und Titan als möglichen Bestrafungshebel im Visier. Russland ist mit Abstand der größte Exporteur von Palladium. Allein der Konzern Norilsk Nickel ist für etwa 40 % der weltweiten Produktion verantwortlich. Abhängig von russischen Importen sind unter anderem die USA und Deutschland, wobei zumindest die Bundesrepublik den Russland-Anteil an den Palladium-Einfuhren seit Beginn des Ukraine-Kriegs reduzieren konnte.
Palladium selbst ist indes – ähnlich wie das Schwestermetall Platin – ein wichtiger Rohstoff vor allem für die Autobranche. Das Metall dient als Katalysator, um schädliche Emissionen von Verbrennungsfahrzeugen zu minimieren. Darüber hinaus wird Palladium in der Elektronik, Schmuckindustrie sowie in der Zahnmedizin eingesetzt. Entscheidend für die Preisbildung ist aber die Autoindustrie mit einem Nachfrageanteil von rund 80 %.
Wie Sie im Chart sehen können, ist der Palladiumpreis u.a. 2023 deutlich gefallen. Hintergrund sind zum Beispiel die restriktivere Geldpolitik, die Konjunkturprobleme in vielen Volkswirtschaften, die rückläufigen Autoabsätze sowie die Angst vor einem Durchbruch der Elektroautos und somit einem Ende der Verbrenner. Hinzu kommt die Tatsache, dass Palladium lange Zeit deutlich teurer war als das Schwestermetall Platin, weshalb dieses in den Katalysatoren häufiger zum Einsatz kam, was die Palladium-Nachfrage unter Druck setzte.
Titan: Wichtig für die nationale Sicherheit
Kommen wir nun zum Titan: Auch bei diesem weiß-glänzenden Metall spielt Russland eine gewisse Rolle. Das Land ist der drittgrößte Produzent von Titanschwamm, einem Zwischenprodukt zur Herstellung von Titanmetall. Dieses bietet dank seiner hohen Festigkeit sowie Korrosions- und Temperaturbeständigkeit hervorragende Eigenschaften etwa für die Luft- und Raumfahrt.
So ist Titan ein unverzichtbarer Werkstoff für Flugzeuge – auch für Kampfflugzeuge. Wegen seiner militärischen Bedeutung ist das Metall freilich auch für staatliche Akteure überaus essenziell. Da Russlands Einfluss auf dem Titan-Markt deutlich geringer ist als beim Palladium, gab es nach der Meldung aus Washington jedoch kaum Auswirkungen auf den Marktpreis.
Palladium-Preis: Wie könnte es weitergehen?
Entsprechend steht jetzt insbesondere Palladium im Mittelpunkt. Inwieweit die Sanktionsandrohungen den Preis nachhaltig unterstützen können, ist derzeit jedoch noch unklar, auch weil entsprechende Strafmaßnahmen längst noch nicht in trockenen Tüchern sind. Zumindest kurzfristig wären die Auswirkungen auf den Markt wahrscheinlich enorm und könnten gerade für westliche Abnehmer deutliche Kostensteigerungen bedeuten.
Abzuwarten bliebe, ob die Autoindustrie im Bereich der Katalysatoren dann noch stärker als ohnehin schon auf Platin statt auf Palladium setzen würde. Dieser Substitutionseffekt könnte den Profit-Bonus der Minenkonzerne eingrenzen, wobei die großen nicht-russischen Akteure wie Sibanye Stillwater und Anglo American Platinum neben Palladium auch Platin fördern und somit von einer steigenden Platin-Nachfrage ebenfalls profitieren würden. Beide Aktien legten derweil nach der Meldung aus Washington deutlich zu. Sibanye Stillwater stieg seit Donnerstag um 13,8 %, Anglo American Platinum um 15,9 % (Stand: 28.10.2024, 10:00 Uhr).
Mein Fazit für Sie
Zunächst: Rohstoffe werden mehr und mehr zu einem entscheidenden Politikum. Die Meldung rund um Palladium und Titan unterstreicht diese Erkenntnis erneut. In der Folge steigt die Bedeutung und der strategische Wert der Rohstoffe tendenziell, wodurch sich für viele Minenkonzerne und deren Aktien satte Gewinnchancen ergeben.
Im Falle von Palladium gilt es jedoch zu konstatieren, dass das Metall vor allem eine Wette auf Verbrennungsfahrzeuge darstellt. Kurz- bis mittelfristig könnte der Preis meiner Meinung nach neben den Sanktionseffekten somit auch durch die derzeit eher schwächelnde Nachfrage nach Elektroautos unterstützt werden. Doch dieser Effekt könnte lediglich temporär sein.
Langfristig aber dürfte sich die Elektromobilität mehr und mehr durchsetzen, was die Frage aufwirft, ob sich Palladium dann überhaupt noch behaupten könnte. Kalkulieren Sie dieses Risiko unbedingt ein, wenn Sie mit einem längeren Horizont auf das Metall und entsprechende Aktien setzen wollen.