Maut-Debakel: Regierung verzichtet auf Klage gegen Ex-Minister Scheuer

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Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk gab es in dieser Woche für den ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: Der Bund folgt der Einschätzung eines Rechtsgutachtens und verzichtet darauf, mögliche Regressansprüche gerichtlich durchzusetzen. Dennoch trage der bayerische Ex-Minister zumindest politisch die volle Verantwortung für das Maut-Debakel, das in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hat.

Maut gegen jede Vernunft

Rückblick: Im Bundestagswahlkampf 2017 hatte sich die CSU für eine „Ausländer-Maut“ starkgemacht. Und obwohl Angela Merkel sich zu dem Statement hinreißen ließ, mit ihr werde es keine Maut geben, kam es anders – zumindest ein bisschen.

Denn wie so oft gelang es der CSU, ein Projekt in den Koalitionsvertrag hineinzuverhandeln, von dem außer den bayerischen Konservativen in Berlin niemand so recht überzeugt war. In diesem Fall lautete das Prestigeprojekt: Ausländer-Maut. Weil es aber offensichtlich rechtlich nicht möglich ist, nur eine bestimmte Gruppe von Personen zur Kasse zu bitten, während deutsche Staatsangehörige gänzlich unbehelligt die eigenen Straßen weiterhin frei nutzen, und es insbesondere in den Grenzregionen mit regem Pendelverkehr zu spürbarem Unmut kam, wurde das Vorhaben abgeändert.

Ausländer-Maut durchs Hintertürchen

Nun sollte die Pkw-Maut von allen gezahlt werden – deutsche Autobesitzer sollten jedoch über eine Entlastung bei der Kfz-Steuer unterm Strich auf Null kommen. Scheuer war sich seiner Sache sicher – und unterzeichnete entsprechende Verträge mit Eventim, einer eigentlich für Konzertticketverkäufe bekannten Internetplattform, die nun mit der Umsetzung des Pkw-Maut-Vorhabens betraut wurde.

Dies geschah zu einem Zeitpunkt, da eine juristische Überprüfung auf europäischer Ebene bereits anhängig, aber noch nicht abgeschlossen war. Obwohl selbst die Firma den Minister offenbar darauf hinwies, dass man mit der Vertragsunterzeichnung noch bis zur Urteilsfindung abwarten könne, hatte Scheuer es eilig – und unterschrieb die Papiere.

Vertrag unterschrieben und dann geplatzt – keine Konsequenzen für Ex-Minister Scheuer

Es kam, wie viele es hatten kommen sehen: Der Europäische Gerichtshof kassierte auch die überarbeiteten Maut-Pläne, das Projekt wurde eingestampft und die Regierung musste den mit der Durchführung beauftragten Unternehmen den vertraglich vereinbarten Schadensersatz zahlen: Fast eine Viertelmilliarde Euro flossen vom Steuerzahler zum Unternehmen, ohne dass auch nur irgendetwas von den CSU-Plänen umgesetzt worden wäre. Hinzu kamen (bislang) rund 30 Millionen Euro an Verfahrenskosten für die juristische Aufarbeitung.

Der politisch verantwortliche Minister blieb zum Ende der Legislaturperiode im Amt und wird sich nun auch vor Gericht nicht verantworten müssen für das Millionendebakel. Sein Amtsnachfolger, der aktuelle Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP, hatte im Sommer dieses Jahres ein Gutachten in Auftrag gegeben, das nun zu dem Ergebnis kam, dass eine juristische Durchsetzung von Regressansprüchen gegen den Ex-Minister mit weiteren Risiken verbunden wäre und nicht notwendigerweise zum erhofften Ergebnis führen werde.

Dem folgte nun die Bundesregierung und verzichtete auf eine Klage – um weiteren Schaden vom Steuerzahler abzuwenden, wie es heißt.