Lockdown: Kommt jetzt die Ausgangssperre?

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Die erste Arbeits- und Handelswoche des neuen Jahres ist angebrochen, aber bisher fühlt sich 2021 noch ziemlich nach 2020 an.

Zwar besteht Hoffnung auf Besserung aufgrund der international anlaufenden Impfkampagnen – doch bis sich die Lage tatsächlich entspannt, wird es noch Monate dauern. Schon vor Wochen hat die Bundeskanzlerin die Bevölkerung auf einen harten Winter eingestimmt und darauf vorbereitet, dass strikte Lockdown-Maßnahmen sich wohl bis in den März hinein ziehen könnten, sofern die Inzidenzwerte nicht deutlich sinken.

Angestrebt wird eine 7-Tage-Inzidenz von unter 50, besser noch unter 25, Virologen empfehlen unter 10. Der Wert gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohnern sich in den vergangenen sieben Tagen neu mit dem Coronavirus infiziert haben. Zuletzt lag der Wert im Bundesdurchschnitt bei 140, also wesentlich höher als die Werte, die von Verwaltungsbehörden und Gesundheitssystem noch halbwegs zu verkraften wären.

Sparzwang im Gesundheits- und Bildungswesen rächt sich

In der Pandemie rächt sich schmerzlich, dass weder der Gesundheitssektor noch das Bildungssystem politische Priorität genossen haben, und das seit mindestens anderthalb Jahrzehnten. Statt zu investieren, zu modernisieren, Kapazitäten auszubauen, ging der Trend in die gegenläufige Richtung. Kliniken wurden privatisiert und auf Profit getrimmt, der Staat setzte in beiden Bereichen gerne den Rotstift an und zog sich so weit zurück, dass Schulen mit freiem W-Lan und Tablets im Unterricht nach wie vor die Ausnahme bilden. Der Regelfall sind marode Toiletten, Tafelkreide und Overheadprojektor.

Dass man mit solchen Rahmenbedingungen nur mehr schlecht als recht hybride Unterrichtsmodelle oder Fernunterricht über Wochen und Monate aufbauen und aufrechterhalten kann, ohne dass ein Großteil der Schüler auf der Strecke bleibt, liegt auf der Hand. Am leichtesten haben es diejenigen, die ohnehin gute Bedingungen haben, mit eigenem Zimmer, eigenem Laptop und gutsituiertem Elternhaus. Alle anderen fallen noch mehr durchs Raster als ohnehin schon. Das deutsche Bildungssystem gilt bekanntlich nicht als sonderlich durchlässig.

Auch im Gesundheitswesen liegen die Fehlentwicklungen auf der Hand. Seit Jahren lautete hier die Devise, große Versorgungszentren in städtischen Ballungsräumen aufzubauen. Die Versorgung in der Fläche blieb auf der Strecke. Niedergelassenen Ärzten winken inzwischen hohe Prämien, wenn sie sich darauf einlassen, eine Praxis auf dem Land zu eröffnen.

Bund und Länder verhandeln über weiteren Fahrplan

Etliche Wirtschaftszweige ächzen unter der Pandemie: Die Veranstaltungsbranche steht seit fast zehn Monaten faktisch ohne Einnahmen da, Gastronomen und Einzelhändler hangeln sich von Lockdown-Konferenz zu Lockdown-Konferenz, Planungssicherheit sieht anders aus.

Apropos, am heutigen Dienstag ist es mal wieder soweit: Die Bundeskanzlerin schaltet sich mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer zusammen, um über die weiteren Maßnahmen zu beraten.

Der Umgang mit den Schulen steht weit oben auf der Liste, doch offenbar wird nicht nur über eine Verlängerung, sondern auch eine drastische Verschärfung des Lockdowns diskutiert. Medienberichten zufolge schlägt das Bundeskanzleramt bei einem Inzidenzwert über 100 eine Ausgangsbeschränkung vor. In Sachsen gilt bereits ein Radius von 15 Kilometern rund um den eigenen Wohnort, in Thüringen ist Entsprechendes geplant. Auch die Bevölkerungen Spaniens und Frankreichs haben Erfahrungen mit ähnlichen Maßnahmen gesammelt.

Unter den Länderchefs sorgt der Vorstoß für Trubel, der Beginn der Gespräche wurde bereits um 2 Stunden nach hinten verschoben. Dementsprechend droht hier wohl einiges an Widerstand, wie bereits in der Vergangenheit zu beobachten war, wenn sich die Ministerpräsidenten von einem Vorschlag aus dem Kanzleramt überrumpelt fühlten.

Zudem lehrt die föderale Erfahrung, dass es wohl kaum bundeseinheitliche Regelungen geben wird, sondern nach einmütiger Pressekonferenz die ersten Länder ausscheren, um ihr eigenes Süppchen zu kochen.

So wird es denn wohl 2021 vorerst bleiben, wie es Ende 2020 war: unbequem und unübersichtlich.