Konjunkturentwicklung schwach – aber besser als befürchtet

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Mit Konjunkturprognosen war es schon immer so eine Sache. Vieles ließ sich in etwa abschätzen, ein paar unbekannte Variablen kamen hinzu und am Ende waren es meist Nachkommastellen, die korrigiert werden mussten. Seit Corona ist das anders.

So gut wie nichts scheint berechenbar in Zeiten der globalen Pandemie. Die Lockdowns, die verschiedene Länder in verschiedener Intensität und verschiedener Dauer verhängt haben, waren (und sind) unvorhersehbar und dementsprechend auch für Ökonomen unkalkulierbar. Die unbekannten Variablen bestimmen nun die Rechnung, die verlässlichen Zahlen sind weniger geworden.

Dementsprechend überraschend kam vor einigen Tagen die Meldung, dass die deutsche Wirtschaft im Schlussquartal 2020 trotz neuerlicher Lockdown-Verordnungen leicht zulegen konnte. Die meisten Experten hatten lediglich mit einer Stagnation gerechnet.

Deutschlands Konjunktur bricht um 5 Prozent ein

2020 war für die deutsche Konjunktur ein Jahr der Extreme: War das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal abrupt um 9,7 Prozent gefallen, legte es während der Sommermonate um 8,5 Prozent zu, jeweils im Vergleich zu den vorangegangenen Dreimonatszeiträumen. Dass es trotz umfassender Schließungen von Gastronomie und Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft dennoch zu einem Wachstum von 0,1 Prozent kam, überraschte daher viele Beobachter. Immerhin waren die Sommermonate mit vergleichsweise geringen Restriktionen belastet, während im November und Dezember wieder umfassende Maßnahmen an der Tagesordnung waren.

Insgesamt schrumpfte die deutsche Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 um 5,0 Prozent. Damit war der Rückgang – anders als zwischenzeitlich befürchtet – nicht ganz so dramatisch wie zu Zeiten der Finanzkrise. 2009 wurde mit 5,7 Prozent ein schärferer Wirtschaftseinbruch verzeichnet.

Für 2021 rechnen Beobachter mit einem moderaten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um etwa 3 Prozentpunkte, wobei die Erholung jedoch erst im späteren Jahresverlauf einsetzen dürfte. Im laufenden Quartal wird ein erneuter Rückgang um 2 Prozent erwartet vor dem Hintergrund anhaltender und teils verschärfter Lockdown-Maßnahmen. Mit einer Rückkehr zum Vorkrisenniveau rechnen Ökonomen nicht vor 2022, für einige besonders stark betroffene Wirtschaftszweige dürfte es sogar noch länger dauern, bis sie zu alter Stärke zurückfinden.

Spanien verzeichnet Rekordrückgang

Als größte Volkswirtschaft der Eurozone ist Deutschland im europäischen Vergleich bislang recht glimpflich durch die Krise gekommen. Das französische Bruttoinlandsprodukt ging 2020 um 8,3 Prozent zurück, die spanische Konjunktur erlebte mit 11,0 Prozent den schlimmsten Einbruch ihrer Geschichte.

Spanien hatte mit mehreren verheerenden Pandemiewellen zu kämpfen, die Regierung verhängte strikte Lockdown-Maßnahmen, zum Teil mit mehrwöchigen Ausgangssperren. Zudem ist das Land stark abhängig vom Tourismus, der rund 12 Prozent zur Wirtschaftsleistung beiträgt. Gerade die Tourismusbranche war aber stark betroffen von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

Dennoch schaffte auch Spaniens Wirtschaft im vierten Quartal ein überraschendes Plus von 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging das Bruttoinlandsprodukt jedoch im Schlussquartal um 9,1 Prozent zurück.

Laut Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) dürfen Spanien und Frankreich im neuen Jahr mit stärkeren Zuwächsen rechnen als Deutschland: Während Experten des IWF für die Bundesrepublik ein Plus von 3,5 Prozent vorhersagen, liegen die Prognosen für Frankreich und Spanien bei 5,5 und 5,9 Prozent.

Aber wie eingangs bereits erwähnt: Mit Konjunkturprognosen ist es so eine Sache – in unberechenbaren Zeiten wie diesen ganz besonders.