Gescheiterte Pkw-Maut hat teures Nachspiel für den Steuerzahler

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Es war einer der größten Aufreger in der Regierungsarbeit der vergangenen Jahre. Im dramatischen Weltgeschehen ist das Thema zwar weitgehend in den Hintergrund gerückt, doch für den Steuerzahler wird es richtig teuer – das hat jetzt ein Gericht bestätigt.

Worum geht es? Im Jahr 2015 stand die Flüchtlingsthematik weit oben auf der politischen Agenda, im Jahr 2017 stand die Bundestagswahl an. In der Zwischenzeit erdachte sich die CSU ein Wunschprojekt: die Ausländer-Maut.

CSU-Prestigeprojekt: eine Pkw-Maut nur für Ausländer

Geplant war sie als Abgabe für Autofahrer auf deutschen Autobahnen – aber nur für ausländische. Den deutschen Autofahrer als wichtigen Wähler wollte man natürlich auch in Bayern nicht vor den Kopf stoßen.

Schnell war klar, eine Maut nur für Ausländer, das funktioniert nicht, weder rechtlich noch in der Umsetzung. Angela Merkel wiederum erteilte einer generellen Pkw-Maut im Wahlkampf eine klare Absage – im Koalitionsvertrag tauchte sie dann aber doch auf.

Scheuer unterzeichnete Verträge trotz rechtlicher Unsicherheit

Der Clou: Die Maut sollte für alle fällig werden, deutsche Autofahrer aber über die Kfz-Steuer in gleicher Höhe entlastet werden. Eine Ausländermaut durch die Hintertür gewissermaßen. Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU war so begeistert von seinem Projekt, dass er flugs Verträge abschloss mit Firmen, die beauftragt wurden, eben jene Maut umzusetzen.

Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung war allerdings bekannt, dass bereits ein juristisches Verfahren auf EU-Ebene lief, um zu prüfen, ob eine solche Maut mit EU-Recht vereinbar sei. Die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kamen im Juni 2019 zu dem Ergebnis: Nein, ist sie nicht. Die Maut in ihrer geplanten Form verstößt gegen EU-Recht und ist damit nicht zulässig. Das Projekt wurde eingestampft, die Verträge von Seiten der Bundesregierung gekündigt.

Schiedsgericht bestätigt: Betreiberfirmen haben Anspruch auf Schadenersatz

Doch die beteiligten Firmen pochen auf die Verträge – und fordern Schadenersatz vom Bund. Scheuer hatte abgewunken, doch nun gibt es auch hierzu ein Gerichtsurteil, und das ist eindeutig: Sehr wohl haben die verhinderten Betreiberfirmen CTS Eventim – den meisten besser bekannt als Onlinehändler für Konzert- und Veranstaltungstickets – sowie Kapsch TrafficCom einen Anspruch auf Schadenersatz.

In einer zweiten Phase des laufenden Schiedsverfahrens wird nun noch die Höhe dieses Anspruchs festgelegt. Die Firmen, die für das Maut-Projekt eigens das Gemeinschaftsunternehmen autoTicket GmbH gegründet hatten, hatten seinerzeit eine Forderung von 560 Millionen Euro Schadenersatz in den Raum gestellt. Ob ihnen diese Summe tatsächlich zugesprochen wird, bleibt abzuwarten.

Scheuer wird teuer für den Steuerzahler

Doch allein die Bestätigung eines bestehenden Anspruchs auf Schadenersatz macht deutlich, wie wenig umsichtig das Verkehrsministerium in der vergangenen Legislaturperiode im Hinblick auf die Maut agiert hat. Sogar ein Untersuchungsausschuss hatte sich damals mit dem Fall befasst, Scheuer war schwer in die Kritik geraten, aber nicht zurückgetreten. Nun sind die Unionsparteien an der aktuellen Bundesregierung nicht mehr beteiligt, das Bundesverkehrsministerium wird inzwischen von FDP-Politiker Volker Wissing geführt.