Rückläufige Auftragseingänge treffen deutsche Exporteure

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2022 wird ein schwieriges Jahr für Deutschlands Wirtschaft – und vor allem für die exportorientierten Unternehmen, die einen erheblichen Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) haben.

Ausländische Auftragseingänge brechen im Februar ein

Darauf deuten aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts hin, wonach deutsche Unternehmen im Februar einen Rückgang bei den Auftragseingängen hinnehmen mussten. Im Vergleich zum Vormonat sanken die Bestellungen demnach um 2,2 Prozent. Beobachter hatten lediglich mit einem leichten Rückgang um 0,2 Prozent gerechnet.

Das Bundeswirtschaftsministerium verweist in dem Zusammenhang auf die starke Entwicklung der vorangegangenen drei Monate, als das Auftragsvolumen jeweils gesteigert werden konnte. Zudem ist der Krieg in der Ukraine in diesen Daten kaum enthalten: Der russische Einmarsch erfolgte in der Nacht zum 24. Februar, es folgten Wochenende und Monatswechsel. Die Auswirkungen des militärischen Konflikts dürften sich damit erst in den Zahlen für März tatsächlich niederschlagen.

Schwierige Auftragslage in den kommenden Monaten erwartet

Angesichts der gestiegenen Unsicherheiten rechnen die Unternehmen mit einer schwierigeren Auftragslage in den kommenden Monaten. Zahlreiche Ökonomen hatten in den vergangenen Wochen ihre Wachstumsprognosen für das laufende Jahr deutlich nach unten korrigiert, zugleich rechnen Experten mit einem weiteren Anstieg der Inflation.

Besonders alarmierend aus Sicht der deutschen Exporteure: Die Auftragsrückgänge betreffen vorrangig den internationalen Handel. Aus dem Ausland ging das Auftragsvolumen im Vergleich zum Januar im Februar um 3,3 Prozent zurück. Der deutsche Binnenmarkt zeigt sich demgegenüber recht robust: Die Inlandsaufträge gingen um lediglich 0,2 Prozent zurück.

Es fehlt an Rohstoffen, Bauteilen – und Lkw-Fahrern

Doch ein rückläufiges Auftragsvolumen ist nicht das vorrangige Problem, das Manager und Ökonomen dieser Tage umtreibt. Vielmehr können selbst prallgefüllte Auftragsbücher kaum abgearbeitet werden – weil es an Rohstoffen und Bauteilen fehlt. Chipkrise, Inflation und unterbrochene Lieferketten sorgen immer wieder für Produktionsausfälle. Auch die Null-Covid-Politik der chinesischen Führung, die immer wieder ganze Regionen in mehrtägige strikte Lockdowns schickt, belastet und beunruhigt die hiesige Wirtschaft zunehmend.

Der Krieg in der Ukraine kommt nun erschwerend hinzu. Auch dort gefertigte Bauteile fehlen nun, etwa in der Automobilindustrie. Hinzu kommt, dass die internationale Logistik unter Druck gerät – denn viele ukrainische, russische oder auch polnische Fahrer stehen zurzeit nicht zur Verfügung, sie kämpfen an der Front oder bereiten sich in der Heimat auf mögliche militärische Einsätze vor. Die ohnehin knappe Personalausstattung bei den Spediteuren wird damit noch einmal ausgedünnt.

Branchenverband warnt vor Paletten-Engpässen

Auf ein weiteres Problem, das auf Logistikunternehmen und Außenhandel in einigen Wochen zukommen könnte, warnte Anfang April der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten und Exportverpackung (HPE). Das Problem wirkt auf den ersten Blick trivial, könnte sich aber zu einer echten Zerreißprobe ausweiten.

Wegen der Sanktionen gegen Russland darf von dort kein Stahl importiert werden. Spezieller Drahtstahl, der bislang zu 90 Prozent aus Russland bezogen wird, wird jedoch benötigt, um Nägel herzustellen, mit denen dann Paletten gebaut werden. Diese Paletten sind ein wesentliches Element im nationalen und internationalen Gütertransport, egal ob auf der Straße, auf der Schiene, per Containerschiff oder in der Luftfracht – ohne die Holzpaletten geht im Speditionsgeschäft praktisch nichts.

Preis pro Europalette seit 2019 mehr als verdoppelt

Kurzfristig können die russischen Stahllieferungen aktuellen Einschätzungen zufolge nicht ersetzt werden, eine Substitution etwa durch asiatische Lieferungen würde voraussichtlich mehrere Monate, womöglich auch länger als ein halbes Jahr dauern.

Hinzu kommen stark gestiegene Rohstoffpreise, die auch vor dem für die Palettenfertigung benötigten Schnittholz nicht Halt machen. Dadurch ist etwa der Preis für die bekannte Europalette im Vergleich zu 2019 von 10 auf mittlerweile rund 25 Euro gestiegen.

All diese Faktoren tragen dazu bei, dass der internationale Handel teurer und komplizierter wird und Lieferketten verstärkt unter Druck geraten. Rückläufige Auftragseingänge sind demgegenüber ein vergleichsweise geringes Problem und verlieren ohnehin an Aussagekraft, solange bestehende Aufträge aus genannten, diversen Gründen kaum abgearbeitet werden können.