IWF besorgt um Deutschlands Wachstumschancen

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Die Energiekrise wird mehr und mehr zum dominierenden Problem für die Entwicklung der Volkswirtschaften. Deutschland ist davon stärker betroffen als viele andere westliche Länder: Anders als etwa in Frankreich, Großbritannien oder den USA basiert das hiesige Wirtschaftswachstum maßgeblich auf der Industrie.

Energiekrise: Deutsche Industrie wird zum Schwachpunkt des Standorts

Der Wirtschaftszweig macht mehr als 30 Prozent der Wirtschaftskraft aus – und könnte sich nun von der Stärke zur Schwäche des Standorts Deutschland entwickeln. Denn es ist gerade das verarbeitende Gewerbe, das besonders stark unter den massiv steigenden Energiepreisen zu leiden hat.

Einsparpotenziale sind begrenzt und vielfach bereits ausgeschöpft, dennoch stehen nicht wenige Unternehmen vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen. Doch während sich der Fokus der öffentlichen Diskussion vorrangig auf die bevorstehenden Wintermonate richtet, warnt der Internationale Währungsfonds (IWF) bereits vor den längerfristigen Auswirkungen, die noch weitaus dramatischer ausfallen könnten.

IWF warnt vor dramatischer Lage im kommenden Jahr

Während in diesem Jahr die nationalen Gasspeicher zu 95 Prozent aufgefüllt werden konnten, dürfte das im kommenden Jahr deutlich schwieriger werden: Anders als 2022 steht dann voraussichtlich von Jahresbeginn an kein russisches Gas mehr zur Verfügung, um die Speicher zu füllen.

Der IWF geht davon aus, dass die Energiepreise längerfristig auf hohem Niveau verbleiben werden. Das setzt vor allem die Industrieunternehmen unter Druck, und gerade die sind in Deutschland besonders stark vertreten. Die Folgen von Coronapandemie, Chipkrise, Materialmangel und Lieferengpässen sind noch nicht ausgestanden, da steht mit der Energiekrise bereits die nächste Herausforderung an. Diese könnte vielen, vor allem mittelständischen Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe den finalen Todesstoß versetzen.

Trotz aller Hilfspakete und kurzfristiger Maßnahmen wird der Bund wohl nicht imstande sein, alle Unternehmen zu retten oder die Gaspreisentwicklung hinreichend auszubremsen, dass diese es aus eigener Kraft schaffen würden.

IWF senkt Wachstumsprognose – auch Deutsche Bank schlägt Alarm

Dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Volkswirtschaften von der aktuellen Gemengelage stärker getroffen werden dürfte, zeigte sich zuletzt in den Wachstumsprognosen, die der IWF in der vergangenen Woche in aktualisierter Form vorgelegt hat. War der Währungsfonds für das kommende Jahr noch im Juli von einem deutschen Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent ausgegangen, rechnet man nunmehr mit einem Rückgang um 0,3 Prozent. In anderen großen Volkswirtschaften im Euroraum stehen die Zeichen laut IWF weiterhin auf Wachstum: Hier ist vielfach vor allem der Dienstleistungssektor stärker vertreten als in Deutschland.

Auch die Deutsche Bank warnt in einer aktuellen Studie vor einer drohenden beschleunigten Deindustrialisierung Deutschlands aufgrund der Energiekrise – und rechnet mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in dieser Branche um 2,5 Prozent im laufenden und 5 Prozent im kommenden Jahr. Eine Pleitewelle mittelständischer Industrieunternehmen ist demnach wohl alles andere als ausgeschlossen.