Großbritannien: Zweistellige Inflationsrate – Rezession erwartet

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Brexit, Pandemie, Wirtschaftskrise – es sind vielfältige Faktoren, die die britische Wirtschaft derzeit belasten. Das bekommen auch die Verbraucher im Vereinigten Königreich zunehmend zu spüren in Form von steigenden Preisen.

Inflationsrate erstmals zweistellig

Zuletzt lag die Teuerungsrate in Großbritannien bei 10,1 Prozent und damit deutlich höher als von Beobachtern erwartet worden war. Tatsächlich stiegen die Verbraucherpreise im Juli so stark wie zuletzt vor rund 40 Jahren.

Neben hohen Energiekosten, die einen großen Anteil an der galoppierenden Inflation haben, waren es zuletzt vor allem steigende Lebensmittelpreise, die die Verbraucher zusätzlich belasteten. Im Vergleich zum Vorjahresmonat verteuerten sich die Lebensmittel in Großbritannien im Schnitt um rund 13 Prozent.

Rekordinflation auch im Euroraum

Damit steigt die Inflation in Großbritannien noch dramatischer als auf dem europäischen Kontinent. Im Euroraum lag die Teuerungsrate zuletzt zwar ebenfalls auf einem Rekordhoch, fiel mit 8,9 Prozent aber immerhin noch nicht zweistellig aus.

Wegen der anhaltend hohen Inflation stehen die Notenbanken zunehmend unter Zugzwang. Bereits im Frühjahr hatte neben der US-Notenbank Federal Reserve auch die Bank of England eine Zinswende eingeleitet. Zuletzt beschlossen die britischen Währungshüter die höchste Anhebung der Leitzinsen seit 27 Jahren. Dabei stieg der Leitzins um 0,5 Prozent auf nunmehr 1,75 Prozent.

Rezession immer unausweichlicher

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hatte kürzlich einen ersten Zinsschritt beschlossen und weitere Anhebungen im Jahresverlauf in Aussicht gestellt. Die Notenbanker stehen vor der Herausforderung, die Inflation zu bekämpfen, ohne die wirtschaftliche Entwicklung dabei zu sehr abzuwürgen – ein Drahtseilakt.

Inzwischen aber sind sich viele Ökonomen einig, dass eine Rezession in Kauf genommen werden sollte, um der Inflationsdynamik entgegenzuwirken. Tatsächlich scheint sich eine Rezession mittelfristig kaum noch vermeiden zu lassen: Materialmangel, Lieferkettenprobleme, Produktionsausfälle und geopolitische Spannungen belasten die Unternehmen, während zugleich vor allem die Kosten für Energie und Transport unaufhörlich steigen.

Bank of England rechnet mit Inflationsrate bis 13 Prozent

Die Bank of England rechnet nach der zuletzt zweistelligen Inflationsrate mit weiteren Preissteigerungen. Demnach müssen sich die Verbraucher bis weit ins kommende Jahr hinein auf weitere Belastungen einstellen. Erst 2024 rechnen die Währungshüter im Vereinigten Königreich wieder mit einer Annäherung an das Inflationsziel von 2 Prozent, das auch bei Fed und EZB als Mantra für Preisstabilität gilt.

Bis dahin aber kommen wohl harte Zeiten auf Großbritannien zu: Die Währungshüter rechnen nicht nur mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate auf bis zu 13 Prozent, sondern prognostizieren zudem einen Rückgang der Wirtschaftsleistung ab Ende 2022 und für das gesamte Jahr 2023.

Britischer Discounter bietet zinsfreie Darlehen für Lebensmittelkäufe an

Unterdessen reagieren einige Unternehmen kreativ auf die Not ihrer Kunden. So bietet die britische Supermarktkette Iceland Foods ihren Kunden neuerdings an, Lebensmittel auf Kredit zu kaufen. Dazu werden Karten mit einem Verfügungsrahmen zwischen 25 und 100 Pfund ausgegeben, die Darlehen sind zinsfrei und wöchentlich zurückzahlbar.

Das Programm erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich – und könnte doch erst der Anfang sein, nicht nur in Großbritannien.